Auf Seite 468 unseres Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,“ gibt uns Mrs. Eddy folgende, für den menschlichen Sinn beinahe überwältigende Erklärung: „Alles ist unendliches Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung, denn Gott ist Alles-in-allem.“ Wenn Eltern auch nur ein geringes Verständnis von der Bedeutung dieses Satzes besitzen und es bei der Erziehung ihrer Kinder in die Tat umsetzen würden, so würde das der Menschheit zu großem Segen gereichen. Es ist schon viel über die Erziehung der Kinder geschrieben worden; aber es bleibt Tatsache, daß wahre Elternschaft nur dann zum Ausdruck kommen kann, wenn die Eltern ein falsches Verantwortlichkeitsgefühl ablegen und Liebe, Geduld und Intelligenz wiederspiegeln. Und gesegnet sind die Kinder, die unter solchem, dem göttlichen Gemüt entstammenden Einfluß erzogen werden. Wie die beschützte Knospe zur vollblühenden Blume wird, so sollten auch die Kinder sich gesund und harmonisch entwickeln.
Jesus sprach viel vom Dienen und von Dienern, und bei näherer Prüfung stellt es sich heraus, daß wir eigentlich alle und zu jeder Zeit dienen. Eltern sind also in Wirklichkeit auch Diener; denn es kann nicht bestritten werden, daß das Heim, wo ja die Erziehung des Kindes größtenteils stattfindet, zu den wichtigsten irdischen Einrichtungen gehört, wo selbstsüchtige Wünsche zum Wohle anderer bereitwillig auf den Altar gelegt werden sollten.
Es gibt Familien, wo die Eltern keinen anderen Gedanken haben, als ihre Kinder mit Kleidung zu versorgen, damit sie besser gekleidet seien als die Nachbarskinder. Bei anderen ist das Essen die Hauptsache, d.h. die körperliche Entwicklung des Kindes. Und manche gehen darauf aus, ihre Kinder beliebt zu machen, indem sie ihnen nichtssagende Gesänge und geschickte Redensarten beibringen. Aber all das ist eitler Tand, dessen Wertlosigkeit uns die göttliche Wissenschaft vor Augen führt. Diese Wissenschaft offenbart ein Dasein, so hoch erhaben über diese vergänglichen Freuden, daß dieselben, im Vergleich zu den wahren Freuden der Geistigkeit, ohne weiteres als „Narrengold“ erkannt werden. Geistige Freuden können wir jedoch erst dann genießen, wenn die materiellen Freuden ihre Macht über uns verloren haben. Wohl mag es manchmal scheinen, nachdem der eitle Tand, die Falschheiten, von uns abgefallen sind, als säßen wir hilflos am Fuße eines hohen Berges, zu dessen Gipfel wir sehnsuchtsvoll emporblicken. Und hilflos wären wir in der Tat ohne die von Jesus gelehrte und gelebte und durch die Christliche Wissenschaft geoffenbarte Wahrheit.
Es gibt Eltern, die ihren Kindern gegenüber die Verantwortlichkeit auf sich nehmen, die eigentlich Gott zusteht. Sie ordnen alles an, was die Kinder tun sollen. Sie erlauben ihnen nie, sie selbst zu sein, sondern unterdrücken auf die verschiedenste Art den natürlichen Sinn für das Gute, der dem wahren Kind als dem Ausdruck des göttlichen Gemüts eigen ist. Die Pflege dieses dem göttlichen Gemüt entstammenden Sinnes in der Weise, wie man seine Pflanzen im Garten pflegt, würde den Charakter des Kindes festigen. Samenkörner des Irrtums würden dann keinen Nährboden in seinem Bewußtsein finden, und dies würde sein „wie ein gewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, welcher es nimmer an Wasser fehlt.“ Es gibt viele herrliche Kinder, deren liebevolles, freudiges Wesen auf wahre Eltern schließen läßt, die bei der Erziehung nicht nur die materielle Seite berücksichtigt, sondern ihren Kindern auch liebevolle Aufmerksamkeit und liebevolles Verständnis entgegengebracht haben, das auf ihr geistiges Wachstum wie Sonnenschein und Regen gewirkt hat.
Jedes Kind muß sich schließlich als den Ausdruck Gottes erkennen lernen, der nicht von dem Willen der Eltern, noch von seinem persönlichen Eigenwillen, sondern von Gott bestimmt wird. Einzig in dem Maße, wie die Eltern die Stelle eines Freundes oder Lehrers oder, im höchsten Sinn des Wortes, eines Dieners einnehmen und das Kind lehren, wie und wem es zu gehorchen hat, und ihm die Wahrheit über alle Dinge erklären, werden sie das Kind frei machen und in ihrer Erziehungsarbeit erfolgreich sein.
Mrs. Eddy schreibt auf Seite 237 von „Wissenschaft und Gesundheit“: „Die hartnäckigeren Annahmen und Theorien der Eltern ersticken oft den guten Samen in ihren eignen Gemütern, wie in denen ihrer Nachkommen.“ Es ist daher sehr notwendig, daß Eltern gewissenhafte, praktische Schüler der Christlichen Wissenschaft sind. Schreiberin dieser Zeilen erinnert sich wohl der wundervollen Gedanken, die ihr im Alter von ungefähr sechzehn Jahren kamen, und die sie der sorgfältigen Erziehungsarbeit ihrer Eltern zuschreibt — Gedanken über Treue zum Rechten auch in kleinen Dingen, Gedanken über Gottes Immergegenwärtigkeit und über Seine Güte —, und des tiefen Verlangens, Ihm zu gehorchen, Wie sie sich noch sehr gut besinnt, schien es ihr, daß uns allen eine besondere Arbeit bestimmt ist. Da es außer Gott und Seiner Offenbarwerdung nichts gibt, so müssen alle Kinder Gottes einmal den Ruf vernehmen, in dem zu sein, das ihres Vaters ist, und in der göttlichen Wissenschaft hat tatsächlich jeder seinen rechtmäßigen Platz und seine rechtmäßige Arbeit. Es mag dem menschlichen Sinn manchmal vorkommen, als ob zwischen dem Ruf zur Arbeit und dem Beginn der Arbeit eine gewisse Zeit verstreiche; es mag sein, daß wir erst verschiedene Entwicklungsstufen durchmachen müssen, ehe wir für unsere Arbeit reif sind; aber Gott weiß alles und regiert alles, denn Er ist göttliches Gemüt. Was für Umwege wir zu machen und was für Schwierigkeiten wir auch zu überwinden haben, wir stehen doch allezeit unter des Vaters leitender Hand und liebevoller Fürsorge. Und schließlich müssen wir alle das Ziel erreichen, wo wie jede Eigenschaft des göttlichen Gemüts wiederspiegeln, denn Gott sagte: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.“
Wer ehrlich und aufrichtig ist, kann sich nie von der göttlichen Liebe und ihrem Gesetz entfernen, welchen Weg er auch einschlägt. Zeitweilig mag es wohl so scheinen, als ob er wie ein Blinder in einem Zimmer umhertappt, ohne die gesuchten Gegenstände finden zu können. Und doch stehen sie die ganze Zeit über zu seinem Gebrauch bereit. Verfasserin dieses Aufsatzes erinnert sich, daß sie eine ziemlich lange Zeit, nachdem sie mit dem Studium des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs begonnen hatte, trotz wiederholten Lesens der in Mary Baker Eddys Werken und in den Bibelverheißungen enthaltenen Wahrheitserklärungen sich erst dann der Gegenwart Gottes bewußt war, wenn der erstrebte Zustand der Harmonie äußerlich tatsächlich geworden. Sobald sich ein neues Problem einstellte, schien es ihr jedesmal, als ob Gott sie wirklich verlassen hätte, und sie wurde von einem solchen Furchtgefühl erfaßt, daß sie eine Vertreterin bitten mußte, für sie zu arbeiten. Und durch die Hilfe einer Vertreterin kam ihr schließlich die Erkenntnis, daß unser Lebensweg sich stets in der Nähe des göttlichen Lebens befinden und unter dem Schutze des Lebens, Gottes, des All-Guten, stehen muß. Aber auch diejenigen, die von ihren Eltern nicht in der Christlichen Wissenschaft erzogen worden sind, können die Bande falscher Erziehung brechen. Sie können die Christliche Wissenschaft annehmen und einsehen lernen, daß sie in Wirklichkeit vollkommene Kinder Gottes sind und die göttliche Intelligenz wiederspiegeln, daß also weder der verhärtete, unnatürliche Gemütszustand wirklich ist noch irgendeine seiner Wirkungen, denn es gibt nur eine Ursache und eine Wirkung —Gott und Seine Schöpfung, die stets geistig und vollkommen ist.