Vor zwanzig Jahren tat ich eines Morgens auf meinem Weg ins Geschäft einen Fall, verspürte aber mit Ausnahme eines verstauchten Gelenks, das nach wenigen Tagen wieder in Ordnung war, keine nachteiligen Wirkungen. Vier oder fünf Monate später wurde mir jedoch das Gehen auf einmal sehr schwer, und während des folgenden Jahres zog ich viele Ärzte und Spezialisten zu Rate und ließ mich öfters mit Röntgenstrahlen durchleuchten, ohne daß der Sitz des Übels ausfindig gemacht werden konnte. Der Fuß wurde allmählich so unförmlich, daß ich auf dem Knöchelgelenk auftrat. Schließlich zog ich einen Johns Hopkins Chirurgen zu Rate, der sich für eine Operation entschied, und da zeigte es sich, daß ich mit einem mehrfachen Knochenbruch umhergegangen war, und daß die Knochensplitter über den Fuß zerstreut waren. Der Chirurg sagte, daß die Operation nur ein Experiment sei, denn sie sei bis jetzt die einzige ihrer Art, und daß es sich erst in sechs Monaten erweisen würde, ob sie von Erfolg gewesen oder nicht. Nach anderthalb Jahren wurde der Zustand wieder schlimmer, und als letzte Zuflucht wurde ich nach dem Westen geschickt.
Einige Monate später saß ich eines Abends allein,— die verkörperte Mut- und Hoffnungslosigkeit. Ich fühlte, daß ich das Leiden, das mich nun drei Jahre lang Tag und Nacht nicht verlassen, nicht länger mehr ertragen könnte. Mein Onkel, der mich in sein Heim in Nebraska aufgenommen hatte, hatte einige Tage vorher Tränen vergossen über meinen Zustand, weil er sah, daß ich von Tag zu Tag schwächer wurde. Auf einmal hörte ich ihn im anstoßenden Raum einem auswärtigen Gast gegenüber von der wunderbaren Heilung eines Freundes durch die Christliche Wissenschaft erzählen. Augenblicklich kam mir der Gedanke, daß ich nicht entmutigt zu sein brauchte, weil die Ärzte nichts mehr für mich tun konnten, da doch bei Gott kein Ding unmöglich sei. Ich ging zu meinem Onkel und sagte ihm, daß die Christliche Wissenschaft gerade das sei, was ich mir wünschte, und er erwiderte: „Du sollst sie haben.“ Er schrieb an den Freund, der geheilt worden war, und als dieser aus einer nahen Stadt kam und mir einiges über den Christus, die Wahrheit, sagte, wußte ich, daß es das war, was ich mehr als alles andere in der Welt begehrte. Ich fing an, eifrig das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mrs. Eddy, zu studieren und kehrte nach einigen Wochen in mein Heim hier in Washington zurück, wo ich eine Vertreterin der Christlichen Wissenschaft um Hilfe bat. In der folgenden Nacht war ich zum erstenmal in drei Jahren frei von Schmerzen und fand ungestörte Ruhe.
Ich ging wieder in mein Geschäft, und während der Monate, in denen ich Behandlung hatte, erwartete die Vertreterin mich mehrmals in der Woche nachmittags bei meiner Rückkehr nach Hause. Geduldig und liebevoll half sie mir „den rauhen Pfad“ entlang (Gedichte, S. 14), und wir wurden nie entmutigt, obgleich von einer Heilung nicht viel zu sehen war. Ich wußte, daß ich die „köstliche Perle“ gefunden hatte, und gewann mit jedem Tage ein klareres Verständnis von der Allmacht und Allgegenwart Gottes. Mein Heim war vom Geschäft aus leicht zu Fuß erreichbar. Wie oft erklärte ich, wenn meine Schritte schmerzhaft und beschwerlich schienen und ich versucht war zu glauben, daß die Christliche Wissenschaft nichts für mich tue, daß ich lebe und webe und mein Sein in Gott habe, und ein süßes Gefühl von Frieden und Geborgenheit verdrängte das Zeugnis der materiellen Sinne. Eines Tages wollte ich mir ein paar Schuhe anpassen lassen bei dem Schuhmacher, der sie mir seit Anfang des Leidens gemacht hatte. Nachdem der Mann den einen Schuh entfernt hatte, erklärte er: „Ich habe den falschen Schuh ausgezogen, aber ich war doch ganz sicher, daß der linke Fuß verunstaltet ist.“ Er besah sich dann den anderen Fuß, verglich die beiden miteinander und sagte: „Nun, der eine ist ja genau so gerade wie der andere. Ich hätte doch nie gedacht, daß diese krummen Knochen je wieder zurecht gerückt werden könnten.“ Das war das erstemal, daß ich mir der stattgefundenen Heilung wirklich bewußt wurde.
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