Jesus von Nazareth war der barmherzigste Mensch, der je auf Erden gelebt hat. Gleich einem breiten goldnen Band zieht sich seine Barmherzigkeit durch sein wunderbar reines und segensreiches Leben. Er war gelegentlich gezwungen, die hinterlistigen und boshaften Einflüsse des Irrtums aufzudecken, ja sogar die Wechsler und Taubenkrämer aus dem Tempel hinauszutreiben, oder das Böse mit einem „hebe dich ... von mir!“ zu rügen; aber sein Geist des Erbarmens war stets derselbe. Selbst sein Tadel war von dieser heilenden Kraft durchdrungen, denn ein jedes seiner Worte baute sich auf ein tiefes Verständnis der Allheit der göttlichen Liebe. Das Böse machte seine Ansprüche auf Macht und Gegenwart wohl geltend, und der Meister mochte gezwungen sein, diese Ansprüche mit dem gerechten Zorn zu verdammen, dessen er fähig war; aber er erkannte die Güte und Liebe des Vaters so klar und so wissenschaftlich, daß sein Herz allezeit von Barmherzigkeit erfüllt war.
Bei einer Gelegenheit, nachdem der Meister viele Wunder vollbracht hatte, wie zum Beispiel die Heilung des „Gichtbrüchigen“ und des Weibes, „das zwölf Jahre den Blutgang gehabt;“ nacshdem er die Augen zweier Blinden geöffnet, „einen Menschen, der ... stumm und besessen“ war, wiederhergestellt hatte und die Tochter des Jairus aus tiefem Todesschlaf erweckt, da „jammerte“ ihn des Volks, „denn sie waren verschmachtet und zerstreuet wie die Schafe, die keinen Hirten haben.“ Und so tief war sein Erbarmen für die leidenden Menschenkinder, daß es ihm jene denkwürdigen Worte entrang: „Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Wie gütig war doch der Meister zu jeder Zeit! Wie wunderbar vereinigten sich in ihm das richtige Verständnis von Gerechtigkeit, die Macht der Demut, die liebevolle Barmherzigkeit — ja alle Früchte des Geistes!
Die Christliche Wissenschaft fordert die Menschheit auf, dem Gründer des Christentums rückhaltlos zu folgen; und zwar lehrt sie zugleich, wie dies getan werden kann, indem sie die Wissenschaft des Lebens erklärt, die Jesus kannte. Sein Leben gründete sich auf eine tiefe und genaue Kenntnis Gottes, des göttlichen Prinzips. Es war Betätigung dieser Erkenntnis, die sich kundgab in alle seinen Heilungen, all seinen liebevollen Aussprüchen und Taten,— einem jeden Siege über die Annahme des Bösen, die sein Leben dadurch zu dem größten Leben machten, das je auf Erden gelebt wurde. In ihrer Botschaft an Die Mutter-Kirche vom Jahre 1902 (S. 18), sagt Mrs. Eddy von unserem Meister: „Jesus war erbarmungsvoll, wahrhaftig, treu im Ermahnen und stets zum Vergeben bereit.“ Und einige Zeilen weiter unten fügt sie bedeutungsvoll hinzu: „Kein Gefühl der Entfremdung, kein Streit, kein Betrug dringt in das Herz das liebt, wie Jesus liebte.“ Der Gründer des Christentums gab uns ein Beispiel, an das sich diejenigen stets erinnern sollten, die auch nur in geringem Grade jenes geistige Verständnis erlangt haben, das seine Worte belebte und jeden Schritt seines Lebens bestimmte.
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