Inspiration im höchsten Sinne bedeutet die heiligen Offenbarungen und Eingebungen, die den Menschen von Gott kommen. Sie ist das Ausströmen des Guten auf Seine Schöpfung,— die Wiederspiegelung des göttlichen Gemüts, die in einem jeden richtigen Gedanken ihren Ausdruck findet. Es gibt nichts, das köstlicher und erstrebenswerter wäre, als die Verwirklichung dieses Ausströmens und Empfangens der göttlichen Wahrheit und Liebe. Der Christliche Wissenschafter betet kein Gebet ernstlicher als dasjenige um beständige und bewußte Empfänglichkeit für die Gedanken des göttlichen Gemüts. Er erinnert sich stets mit Freuden an die segensreichen Worte unserer Führerin in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 5): „Gott läßt den Reichtum Seiner Liebe in das Verständnis und in die Neigungen hineinströmen und gibt uns Stärke für einen jeglichen Tag.“ Er weiß, daß er nur dadurch, daß er einen jeden richtigen Gedanken, dessen er sich bewußt ist, als das Wirken Gottes in seinem eigenen Bewußtsein erkennt, erwarten kann, die Macht Gottes in der Überwindung alles Gott-Unähnlichen zu demonstrieren.
Der erste Schritt um verstehen zu lernen, was Inspiration bedeutet, ist das Verlangen Gott zu erkennen. Der zweite Schritt dazu ist die Bereitwilligkeit, von Ihm zu lernen in der Weise, die Er bestimmt. Es ist wohl anzunehmen, daß alle Christen den ersten Schritt, wenigstens in gewissem Grade, getan haben. Die Demut jedoch, die der zweite Schritt erheischt, wird nicht von allen so willig dargebracht. Der Christliche Wissenschafter weiß jedoch, daß der uns von Gott gewiesene Weg in der Erforschung Seines Wortes besteht sowie in dem Gehorsam gegen dasselbe. In den Lehrbüchern der Christlichen Wissenschaft — der Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mrs. Eddy sowie ihren anderen Werken,— hat Gott den Weg geoffenbart, auf dem man das Verständnis des göttlichen Gemüts finden kann, daß alle ausnahmslos befähigt, mit völliger Klarheit zwischen den Eingebungen Gottes an Seine Kinder und den sterblichen Annahmen, als etwas scheinbar von Ihm getrennt Bestehenden, zu unterscheiden.
Jesus las zweifellos sehr viel in der Schrift und ermutigte andere dies zu tun, denn er sagte: „Suchet in der Schrift; denn ihr meinet, ihr habet das ewige Leben darin; und sie ist's, die von mir zeuget.“ Er wußten, daß er durch das Verständnis von Gottes Wort, wie es den Menschen bereits geoffenbart war, besser imstande sein würde, das unmittelbare Wort Gottes an ihn selbst zu verstehen. Es war diese Demut, die ihn für göttliche Eingebung so empfänglich machte. Unsere geliebte Führerin hielt sich so nahe an das geoffenbarte Wort Gottes, wie es in der Bibel steht, daß sie befähigt war, die Inspiration der Wissenschaft des Lebens zu empfangen.
Auch das geringste Verständnis des geistig Guten muß das direkte Wirken des göttlichen Gemüts sein, das sich im Menschen als das tatsächlich bestehende Gute kundgibt. Dies ist die engste, heiligste Beziehung, die möglich ist. Sie müssen wir suchen, erwarten, uns an sie festklammern, bis wir finden, daß wir einzig und allein von Gott abhängig sind für jeden Gedanken, und bis wir bewiesen haben, daß wir ein Teil der vollständigen und vollkommenen Offenbarwerdung des göttlichen Gemüts sind. Auf Seite 28 von „Retrospection and Introspection“ schreibt Mrs. Eddy: „Er muß tatsächlich in uns sein, jeden unserer Gedanken und jede unserer Handlungen leiten, sonst können wir die Allgegenwart des Guten nicht genügend verstehen, um die Wissenschaft des vollkommenen Gemüts und des göttlichen Heilens auch nur teilweise zu demonstrieren.“
In unserem Bemühen, die Regeln der Christlichen Wissenschaft zu demonstrieren, fühlen wir zuweilen, als wären wir von unserer Verankerung losgerissen und trieben der See zu, fast ohne Steuer und Ruder. Wenn dann die Winde falscher Argumente sich erheben und unser Schifflein auf den scheinbar hochgehenden Wogen umhergetrieben wird, dann schauen wir nach Hilfe aus. Wir sehen nicht immer, daß eben diese scheinbare Schwierigkeit eine Gelegenheit ist, uns unmittelbar an Gott zu wenden und zu beweisen, daß die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft uns befähigt, unsere Einheit mit dem göttlichen Gemüt zu demonstrieren. Auch erkennen wir möglicherweise nicht, daß jeder wahre Gedanke Gottes Kundwerdung ist, und fürchten daher ein etwaiges Versagen, oder daß etwas Schreckliches sich ereignen könnte, ehe der Beweis der Wahrheit erbracht ist, und schauen so auf Materie, um zu sehen was dort vor sich geht. Weiter mögen wir auf Argumente hören, die uns einflüstern wollen, daß wir nicht wissen, wie die Arbeit zu tun sei, oder daß wir sie nicht richtig tun und anderes mehr. Aber dies sind nur Versuchungen, uns abzubringen von dem beharrlichen Festhalten an der Allgegenwart der Inspiration, daß sie uns leite und schütze.
Es ist unser immerwährendes Recht zu erwarten, daß das allgegenwärtige Gemüt uns gerade die Gedanken geben wird, die wir brauchen um jede auch noch so geringfügige Aufgabe zu lösen. Wenn wir auf das stille, sanfte Sausen hören, werden wir finden, daß Gedanken der Wahrheit zu uns kommen. Klammern wir uns dann beharrlich an sie und erkennen sie als unmittelbare Eingebungen des Vaters, dann werden wir in ihnen gerade die Erleuchtung finden, die wir für den besonderen Umstand brauchen und die zur Überwindung jeder Schwierigkeit führt, denn, wie wir auf Seite 454 von „Wissenschaft und Gesundheit“ lesen: „Liebe inspiriert, erleuchtet, bestimmt und führt den Weg.“
Vor Jahrtausenden schon ermahnte Gott Sein Volk: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und keiner mehr.“ Unsere Führerin hat, um ihre Schüler sicher zu leiten, immer und immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, daß jeder einzelne lernen muß, Gott unmittelbar zu vertrauen. Jedes richtige Bestreben eines Christlichen Wissenschafters, einem anderen zu helfen, muß stets zugleich dahin wirken, von diesem hochwichtigen Vorrecht Gebrauch zu machen. So mag jeder Christliche Wissenschafter sich unaufhörlich dieses wunderbaren Vorrechts erfreuen und den Beweis erbringen, daß nichts die unmittelbare Eingebung des göttlichen Gemüts von ihm fernhalten kann. Damit wird die Zeit näher kommen, wo die Menschen die Erfüllung der göttlichen Verheißung verstehen: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben; und sie sollen mein Volk sein, so will ich ihr Gott sein.“
