Die Bibel enthält zahlreiche Hinweise auf die Macht der göttlichen Liebe, alle unharmonischen Zustände zu überwinden. Im dreiundzwanzigsten Psalm, der uns allen so lieb ist, und der reich ist an Trost und Verheißungen für die Mühseligen und Beladenen, lesen wir: „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.“ Gerade da, gerade an der Stelle, wo wir scheinbar von Bosheit und Haß umringt sind, da wo die sterbliche Annahme versucht, uns im Banne der Krankheit, der Furcht und der Entmutigung festzuhalten, und wo alle gegen uns zu sein scheinen, mitten in all der Verwirrung und angesichts der sogenannten Feinde — unserer falschen Auffassung vom Menschen — ist der Tisch der göttlichen Liebe für uns bereitet. Wir brauchen uns nur von den Trebern der materiellen Annahmen abzuwenden, um die Hilfe und Erfrischung zu finden, die immer für uns bereit ist.
Unsere Führerin, Mrs. Eddy, gibt uns auf Seite 571 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ einen Satz, der mit dem Gedanken, daß die göttliche Liebe angesichts unserer Feinde einen Tisch für uns bereitet, in engem Zusammenhang steht, und der es uns ermöglicht, zu verstehen, wie unfehlbar der Schutz der göttlichen Liebe ist, selbst dann, wenn der Irrtum drinnen und draußen zu toben scheint. Dieser Satz lautet: „Bist du mit dem Panzer der Liebe angetan, so kann menschlicher Haß dich nicht erreichen.“ Wir denken zuweilen allzuviel über die Schwierigkeiten nach, denen wir gegenüberstehen, sowie über die Unmöglichkeit, in einer gewissen unharmonischen Umgebung arbeiten zu können. Das hat zur Folge, daß wir den von der göttlichen Liebe für uns bereiteten Tisch vergessen, in die Wildnis des Irrtums blicken und die liebevolle Einladung überhören. Wenn wir statt dessen einzusehen vermöchten, daß die Disharmonie nur eine Versuchung ist, an die Macht und Wirklichkeit des Bösen zu glauben, so würden wir von dem Verständnis gespeist werden, daß nichts uns daran hindern kann, Gottes Werk zu tun, worin es auch bestehen mag. Wenn wir unsere Gedanken auf Liebe aufbauen und in Liebe verharren, dann kann uns das Böse nichts anhaben noch uns an irgendeiner rechtmäßigen Arbeit hindern.
Oftmals, wenn die Verfasserin dieses Aufsatzes in Versuchung war, den Weg der Demonstration in der Christlichen Wissenschaft schwer und mühsam zu finden, und wenn es scheinbar unmöglich war, gute Arbeit zu verrichten, dann war ihr der Gedanke an die Szene im Garten Gethsemane und das, was unmittelbar darauf folgte, eine liebevolle Ermahnung sowohl als eine Botschaft der Hilfe und der Ermutigung. Unser Meister schien bei dieser Gelegenheit von den schlimmsten Formen menschlichen Hasses und menschlicher Bosheit umringt; seine Freunde hatten ihn verlassen, als er ihrer Treue und Hilfe am meisten bedurfte. Einer unter ihnen, der zu seinen täglichen Gefährten zählte und an verschiedenen der heiligsten Erfahrungen seines Wirkens teilgenommen, hatte ihn verraten. Seine Feinde wollten ihn töten und seine Arbeit und Lehre zunichte machen; aber des Meisters Erkenntnis der Macht und Gegenwart der unendlichen Liebe war, trotz dieser scheinbar überwältigenden Schwierigkeiten, so klar und vollkommen, daß er das abgeschnittene Ohr des Knechtes des Hohepriesters augenblicklich heilen konnte. Hätte Jesus dem Bösen und dem Haß auch nur einen Augenblick Macht eingeräumt, oder hätte er geglaubt, daß materielle Umstände ihn daran hindern könnten, das ihm von seinem himmlischen Vater aufgetragene Werk zu vollbringen, dann hätte er diese Heilung nicht zustande bringen können. Er machte Gebrauch von dem Verständnis, das auch uns zugänglich ist, dem Verständnis, daß Gott, das Gute, allein Macht hat; und so konnte er das Böse und den Haß als unwirklich erkennen.
Wie herrlich und hilfreich ist diese Lehre für alle, die sich bemühen, in des Meisters Fußtapfen zu wandeln! Die Sterblichen sind so sehr geneigt, Ungerechtigkeiten persönlich aufzufassen und mit falschen menschlichen Waffen dagegen zu kämpfen, anstatt sich vertrauensvoll unter den Schutz der göttlichen Liebe zu stellen. Wir glauben so oft, einen Irrtum in einem Mitmenschen aufdecken und bloßlegen zu müssen und vergessen, daß die Liebe allein dazu fähig ist. Wo Wahrheit ist, brauchen wir nicht zu fürchten, daß sich der Irrtum verstecken kann. Der Irrtum wird sich immer verraten und sich selbst zerstören, wenn ihm mit der Erkenntnis der Allheit der Liebe entgegengetreten wird.
Es will manchmal scheinen, als ob wir uns fürchteten, allzu gütig zu sein,— beinahe als ob wir Angst hätten, unsere Güte könnte als Schwäche ausgelegt werden. Wie töricht ist dies doch, da Mitgefühl, Milde, Geduld und Liebe die Grundlage der wunderbaren irdischen Laufbahn unseres geliebten Meisters war. Nur zu oft begegnen wir denen, die in der Sünde und dem Materialismus versunken scheinen, mit Kälte und Verdammnis, sogar jenen Christlichen Wissenschaftern, die sich bemühen, die großen Wahrheiten dieser Lehre zu demonstrieren, die aber unserer eigenen Auffassung eines guten Menschen nicht entsprechen. Kein Sünder war zu tief gesunken, als daß Jesus ihm nicht geholfen und ihn geheilt hätte; kein Streben war ihm zu unbedeutend, als daß er dessen Schritte nicht geleitet hätte und gestützt. Er wußte, daß das große Festmahl der Liebe für alle bereitet ist; daß die Tafel der unendlichen, grenzenlosen Liebe für alle Hungrigen reich gedeckt ist. Diese Erkenntnis der Gegenwart und erhabenen Macht der göttlichen Liebe ermöglicht es uns, die Furcht zu überwinden,— die Furcht vor der Gegenwart und vor der Zukunft. Sie gibt uns die Kraft, tapfer und freudig voranzugehen, wenn sich auch nach menschlichen Begriffen die Wolken schwarz und drohend über uns zusammenziehen und der Weg lang und einsam scheint; denn es ist uns klar, daß Liebe in der Tat die Dunkelheit verscheucht und die Last von uns hebt, und daß „der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht, das immer heller leuchtet bis auf den vollen Tag.“
Die festliche Tafel ist stets gedeckt und für uns bereit. Wir brauchen uns nur von ganzem Herzen der unendlichen Liebe zuzuwenden, um die schwere Last loszuwerden und die Erfüllung unserer Bedürfnisse zu finden, denn: „Die Hungrigen füllet er mit Gütern.“ Wenn wir die schützende und leitende Macht der göttlichen Liebe erkennen, erwacht in uns auch der Wunsch, unserem Mitmenschen zu helfen und ihn zu dem Festmahl der unendlichen Wahrheit und Liebe hinzuführen. Wir lernen, wenn auch nur schwach, die unendliche Selbstaufopferung und Milde der Liebe verstehen, die die verlorenen Schafe zusammensucht, sie erlöst und beschützt und sie mit Dank und Freude in die Sicherheit und Geborgenheit der Herde zurückbringt.
Das Festmahl ist bereit. Wir wollen dankbar und demütig die Einladung, unser rechtmäßiges Erbe, annehmen, und in das Reich Gottes, das Reich des Friedens, der Liebe und der Harmonie eintreten; denn, wie geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, [hat] Gott bereitet ... denen, die ihn lieben.“
