Paulus hatte erkannt, daß das wahre Gesetz nicht menschlichen Ursprungs ist, denn er sagte: „Wir wissen, daß das Gesetz geistlich ist.“ Es ist klar, daß er sich damit nicht auf die Regeln und Vorschriften bezog, die von der Gesetzgebung erlassen werden, denn diese Regeln oder Gesetze sind einem beständigen Wandel unterworfen und fallen der Vergessenheit anheim, sobald die Verhältnisse sich ändern. Im richtigen Lichte betrachtet, ist jedes menschliche Gesetz nur die Wahl eines geringeren Übels, das unter den gegebenen Umständen richtig erscheint. Da es jedoch beständigem Wechsel unterworfen ist, hat es keine feststehende Norm. Es stellt gewissermaßen das Suchen nach besseren Lebensbedingungen dar, wo Gerechtigkeit und Gleichheit für alle in Fülle vorhanden sind. Dieses Ideal ist aber noch nicht erreicht, das beweisen die vielen Verbesserungen, die infolge der Unzufriedenheit mit dem Vorhandenen entstanden sind. Alle Gesetze dieser Art sind geändert worden und werden es in Zukunft werden, sobald eine höhere Auffassung von den rechten Beziehungen zwischen den Menschen geltend wird. Mrs. Eddy sagt auf Seite 283 von „Miscellany“ über dieses Bestreben: „Menschliche Gesetze sind nur insoweit richtig, als sie sich das göttliche Gesetz zum Vorbild nehmen.“
Um dieses wünschenswerte Ziel schneller zu erreichen, müssen wir uns die absolute Wissenschaft des göttlichen Gesetzes aneignen, damit wir den menschlichen Begriff von Gesetz berichtigen können. Das menschliche Gesetz ist etwas, was wir annehmen und mit gegenseitiger Zustimmung wieder fallen lassen. Das absolute, unendliche, göttliche Gesetz ist die richtige Folge, in welcher wirkliche Erscheinungen oder Wirkungen naturgemäß und unvermeidlich auf eine Ursache folgen und zwar ebenso unfehlbar, wie auf das Zusammenziehen von zwei und zwei vier folgt. Wir bringen dieses Gesetz nicht selbst hervor, aber wir wenden es in unserer Erfahrung an. Wenn das Gesetz Gottes wissenschaftlich verstanden wird, ist es nicht geheimnisvoll sondern göttlich natürlich. Seine Wirkung beruht nicht auf Zufall, sondern sie ist ein notwendiger Bestandteil seiner Wesenheit. Es kann nicht von Menschen gemacht, auch nicht abgeändert, ergänzt oder gekürzt, noch kann es als nichtig erklärt werden. Das geistige Gesetz ist der göttliche Wille, der die Menschen regiert, ihnen aber nicht untertan ist. Bis der Fortschritt diese Erkenntnis bringt, werden menschengemachte Gesetze in stetem Wechsel weiter bestehen. Ein orientalisches Sprichwort heißt: „Gesetze werden gemacht um übertreten zu werden,— denn wozu werden sie sonst gemacht?“ Eine solche Auffassung ist nicht nur ein Zugeständnis des vergänglichen und trügerischen Wesens menschlicher Gesetze, sondern weist auch auf deren Unzulänglichkeit hin, die Menschen richtig zu leiten. Das soll uns jedoch nicht davon abhalten, auch „dem Kaiser“ zu geben, „was des Kaisers ist,“ bis der Gehorsam gegen Gott verwirklicht werden kann.
Es gibt nur ein wirkliches Gesetz, das Gesetz Gottes, und das steht fest und ist keinem Wechsel unterworfen. Wenn es möglich wäre, Sein Gesetz abzuändern oder zu übertreten, dann wäre es möglich, Ihn selbst zu ändern oder Ihm zu trotzen. Sein Gesetz regiert das, was wirklich ist; es ist unveränderlich und wirkt immer in derselben Weise. Was für uns dabei am meisten von Belang, ist das Wirken des Gottes-Gesetzes in unserem eigenen Leben. Die Christliche Wissenschaft liefert den Beweis für dieses Wirken und erklärt, warum es so sein muß. Aber das Wirken dieses Gesetzes kann niemals abgeändert werden und es kann sich den menschlichen Bedürfnissen nicht anpassen. Im Gegenteil, dieses Gesetz bringt eine Änderung im menschlichen Leben hervor, die mit der göttlichen Ordnung in Übereinstimmung steht. Da es stets auf dieselbe Weise wirkt, kann es auch nie unterbrochen werden. Kein Zweifel kann an dieser Tatsache etwas ändern, ebensowenig wie die Annahme, die Sonne scheine nicht, wenn wir sie nicht sehen, den wahren Tatbestand erschüttert. Menschliche Bemühungen, Gedankensammlung, Willenskraft, Gewalt oder Mangel an Vertrauen werden diesem Gesetz weder zur Wirkung verhelfen noch können sie es unterbrechen. Das göttliche Gesetz wirkt im Menschen, weil er geistig ist und durch dieses Gesetz lebt. Um seinen Segen jetzt zu genießen, müssen wir es mit Verständnis und aus reinen Beweggründen behaupten und ihm gehorsam sein.
Wenn die Sterblichen aufhören, ihre Schwierigkeiten selbst lösen zu wollen, wenn sie sich nicht mehr bemühen, dem Gesetz Wirkung zu verschaffen, sondern statt dessen ihr ganzes Vertrauen auf Gott setzen, dann wird es offenbar werden, daß der Mensch harmonisch und vollkommen ist. Wie oft behaupten wir bei unserer mentalen Arbeit das Wirken des Gesetzes und stellen uns dann sozusagen als Beobachter daneben, um aufzupassen, ob es tatsächlich wirken wird! Wir streuen doch auch keinen Samen in den Boden und beugen uns dann ängstlich darüber, um sein Aufsprießen zu beobachten. Dadurch würden wir ihn ja nur beschatten und des Sonnenlichts berauben, das das ersehnte Gute hervorbringen soll. Wir graben den Samen auch nicht aus um zu sehen, ob er Wurzel geschlagen hat. Wir haben nur unsere Arbeit zu tun, und uns um nichts anderes zu kümmern. Es ist nicht wissenschaftlich, das Gesetz Gottes zu behaupten und dann ängstlich zu beobachten, ob die materiellen Zustände sich verbessern. Aber es ist wissenschaftlich, das Gesetz Gottes zu behaupten und dann auf die Vergegenwärtigung der Tatsache hinzuarbeiten, daß der Mensch jetzt vollkommen und im Himmelreich ist. Durch das Zerstören des falschen Augenscheins offenbart die Christliche Wissenschaft die Vollkommenheit des Menschen und des Weltalls.
Jede Behauptung der Wahrheit ist erfüllt mit der Gottes-Kraft, die ihre Verwirklichung herbeiführt. Wir können ihr weder Macht noch Intelligenz verleihen, wir können zu ihrer Erfüllung gar nichts tun. Die Wahrheit weiß genau, was zu tun ist und vollbringt es auch. Wenn eine Behandlung das wissenschaftliche Verständnis von der Allheit Gottes und von der Vollkommenheit des Menschen ist, dann ist diese Behandlung intelligent und wirkt unter dem Gesetz Gottes. Diese Erkenntnis nimmt ein falsches Verantwortlichkeitsgefühl von uns allen, die wir uns etwa dazu verleiten lassen sollten zu glauben, wir könnten oder müßten einen Patienten heilen. Das Gesetz Gottes wirkt bei jeder Frage, auf die es angewandt wird, denn es bringt Seine Weisheit zum Ausdruck. Und Er weiß, was geschehen muß und wie und warum es geschehen muß. Sein Gesetz ist keine gedankenlos und lieblos wirkende Kraft, die alles, was ihr begegnet, zermalmt; es enthüllt vielmehr Gottes liebevolle Absicht, das unbeholfene menschliche Ringen nach dem richtigen Verständnis des Seins in die rechte Bahn zu lenken und zu unterstützen. Das Gesetz ist der Ausdruck göttlicher Macht, nichts kann sein Wirken hindern. Es hat nichts mit dem Bösen zu tun, es beschäftigt sich nur mit dem Guten. Es ist immer bereit zu helfen und zu erlösen. David sagt, daß selbst bei seinen allerschlimmsten menschlichen Erfahrungen Gott stets gegenwärtig war mit dem Schutze Seiner rechten Hand — Seines wirksamen Gesetzes. Dieses Gesetz lehrt uns, daß wir das Böse eigentlich nicht zu meiden brauchen, denn es gibt kein Böses, und wir sollten deshalb nicht erwarten, daß uns etwas Böses widerfährt. Das Gottes-Gesetz hindert das Gute nie, sich unausgesetzt in unserem Leben kundzutun.
Wenn wir uns bei der täglichen Anwendung der Christlichen Wissenschaft die Herrschaft Gottes vergegenwärtigen, dann wird Sein Gesetz sofort und unmittelbar wirksam und offenbart Harmonie an Stelle der scheinbaren Disharmonie. Wenn wir unser eigenes Selbst aus dem Wege räumen, werden wir erfahren, daß das Gesetz Gottes ganz natürlich und unfehlbar wirkt, besonders wenn wir von dem Wirken des geistigen Gesetzes geistige Ergebnisse erwarten. Die feste Überzeugung, daß das göttliche Gesetz im menschlichen Denken wirkt, wenn es richtig behauptet und befolgt wird, heilt unzählige Tausende. Der Zweifel an der augenblicklichen Wirkung dieses Gesetzes ist eine Versuchung, die alle überwinden müssen. Gott versagt nie. Jesus kannte und bewies das augenblickliche Wirken Seines Gesetzes. Er wußte, daß daran nichts Wunderbares war, sondern er erwartete es als ein natürliches Ergebnis. Und unsere Führerin wies uns auf dieses augenblickliche Wirken des Gottes-Gesetzes hin, denn sie wußte, daß wir es uns nutzbar machen können.
Die Christliche Wissenschaft beweist, daß diese Darlegungen richtig sind und im täglichen Leben bewiesen werden können. Allein die Christliche Wissenschaft kann eine richtige Erklärung von dem Gesetz Gottes geben und allein durch sie können wir das Verständnis des göttlichen Prinzips erreichen. Menschliche Theorien können dieses Verständnis nicht verleihen. „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy erschließt die verborgenen Wahrheiten der Schrift, und die Offenbarung Johannes versichert uns: „Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen.“ Das ist wahr, denn es ist die Folge des allgewaltigen geistigen Gesetzes, welches das Gesetz unseres Seins ist.