Ehe ich auf mein eigentliches Thema eingehe, möchte ich mit Ihrer Erlaubnis einige wichtige Punkte berühren, insbesondere unsere Fähigkeit zu denken. Sie ist die größte Gabe, die wir besitzen, wenn wir uns dessen auch nur selten bewußt werden, und sie auszubilden ist die höchste Pflicht, die wir uns selbst und der Menschheit schulden. Niemand bestreitet, daß das Denken in viel edlerer Weise geübt werden könnte als dies allgemein der Fall ist. Die Tatsache jedoch, daß es in Übereinstimmung mit einem gegebenen Prinzip und mit feststehenden Regeln zur Heilung und Erlösung der Menschheit ausgeübt werden kann, wird außer in der Christlichen Wissenschaft von keinem Lehrsystem erkannt und betont.
Trotz der weit verbreiteten gegenteiligen Annahme übersehen die Christlichen Wissenschafter die Schwierigkeiten nicht, von denen die Menschheit sowohl wie der einzelne bedrängt wird. Sie befassen sich nicht mit einer bloßen oberflächlichen Theorie der Nächstenliebe, sondern sie erheben den Anspruch, daß sie gesunden Menschenverstand walten lassen. Und die Geschichte dieser Bewegung zeigt deutlich, daß die Christlichen Wissenschafter im großen ganzen äußerst praktisch sind. Der Vorteil, den sie vor anderen voraus haben, liegt lediglich in dem, was sie durch das Studium der Bibel und von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sowie den anderen Werken Mary Baker Eddys, der Entdeckerin und Begründerin der Christlichen Wissenschaft, gelernt haben von der wahren Wissenschaft des Lebens und deren Anwendung auf ihr tägliches Leben.
Worin besteht diese Wissenschaft? Weisen die Theorien der vorherrschenden Erziehungssysteme auf sie hin, oder wird sie von ihnen erklärt? Alle Theorien dieser Systeme haben die unvermeidliche Notwendigkeit von Sünde, Krankheit und Tod zur Voraussetzung und widersprechen sich selbst. Seit Jahrhunderten werden sie geglaubt und angewandt, jedoch gänzlich ohne Erfolg. Alle Umstände waren zu ihren Gunsten, sie wurden gestützt von der überwiegenden Zustimmung menschlichen Glaubens und menschlicher Erziehung, doch haben sie völlig versagt. Bei solchen Annahmen beruht das Leben für die Menschen, die nicht durch die Christliche Wissenschaft aufgeklärt sind, allein auf körperlicher Ausdauer und muß schließlich der Auflösung anheimfallen. Die Christliche Wissenschaft räumt mit allen diesen Theorien und Schlußfolgerungen auf. Sie wendet sich an die höhere Natur, an Vernunft und Logik und unterweist uns in der Wissenschaft des Lebens, der Wissenschaft wirklichen Denkens, dem größten Bedürfnis unserer Zeit.
Gewöhnlich wird das Leben als ein bloßer Zufall betrachtet, als eine Äußerung der Einfälle und Wunderlichkeiten menschlicher Triebe oder Wünsche. Es wurde uns gesagt, daß wir für unsere materiellen Bedürfnisse Sorge tragen müssen, und wir wurden auch in mancherlei Wissen unterrichtet, das uns angenommenermaßen helfen soll, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Aber unserem Denken, der wichtigsten Arbeit, die wir zu verrichten haben, wurde keine wirkliche Wissenschaft zugrunde gelegt, die es leiten und veredeln könnte. Es wurde vielmehr auf eine Erziehung gegründet und durch Lehren gestützt, die die Ansicht vertreten, daß der Mensch von der Materie regiert wird. Die Christliche Wissenschaft offenbart nun aber die Tatsache, daß das Denken den Menschen regiert, daß sein Denken ihn, dem Fall entsprechend, richtig oder falsch leitet und zwar auch hinsichtlich des Körpers, und daß die Gesundheit und das Wohlbefinden des Körpers in dem Maße gesichert sind, wie wir uns der göttlichen Norm des Denkens nähern und sie erreichen.
Die Wissenschaft wahren Lebens und wahren Denkens entstammt also einer höheren Quelle als der der gewöhnlichen menschlichen Erfahrung. Nur völlig selbstlose, unermüdliche und beharrliche Forschung konnte sie ergründen. Solcher Art war die Forschung, die Mary Baker Eddy anstellte und jahrelang durchführte, und die ihren Höhepunkt fand in der Entdeckung jener Wissenschaft, die sie Christliche Wissenschaft (Christian Science) nannte. Mrs. Eddy sah ein, wie ungeheuer wichtig die Unterscheidung zwischen dem Wahren und Falschen, zwischen dem Wirklichen und Unwirklichen ist und erkannte die unvergängliche Natur der göttlichen Tatsachen, was sie zu dem Schluß führte, daß diese Tatsachen die Unsterblichkeit des Menschen ausmachen. Dies alles zu verstehen war für sie nicht so schwer wie die Aufgabe, es anderen verständlich zu machen. Wir, die wir heute in Gemeinschaft mit der ganzen Menschheit durch diese Wissenschaft gesegnet werden, können uns kaum vorstellen, was es vor fünfzig Jahren bedeutete, die Welt aufzurufen zu einer Betrachtung der Religion als Wissenschaft und zu der Betrachtung wahrer Wissenschaft als Religion. Alle Vorurteile gegen das Sektenwesen wurden unwillkürlich auch gegen diesen Aufruf ins Treffen geführt, obwohl er der Menschheit nichts Geringeres versprach als völlige Erlösung. Selbst heute, nach all dem Großen, das Mrs. Eddy vollbracht hat, wird die Christliche Wissenschaft noch nicht allgemein angenommen, aber die Zeichen der Zeit sind bedeutungsreich und ermutigend. Wie könnte es auch anders sein, da die Christliche Wissenschaft die Erwartungen der christlichen Welt erfüllt!
Ist nicht die Erklärung der Christlichen Wissenschaft, daß Gott unendliche Ursache, Intelligenz, Geist, Gemüt, Leben, Liebe ist, unveränderliches, unsterbliches Prinzip, die Quelle und Substanz von allem was besteht,— ist nicht diese Erklärung in Übereinstimmung mit den Idealen von dem allmächtigen, allgegenwärtigen und allwissenden Gott der Bibel und der ganzen Christenheit? Wenn dies der Fall ist, dann können unsere Ideale durch die Christliche Wissenschaft praktischen Wert gewinnen, sie können herausgehoben werden aus dem Bereich der Mutmaßung zu der Höhe tatsächlicher Erfahrung und Beweisführung. Diese Erklärungen von Gott, die von der ganzen christlichen Welt im wesentlichen angenommen werden, bilden die grundlegende Lehre der Wissenschaft wahren Lebens, wie die Christliche Wissenschaft sie offenbart.
Der Apostel sagt: „Euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott.“ Das Christentum hat diese Aussage angenommen ohne sie jedoch zu verstehen, was ja auch nicht möglich war, bevor die ihr zugrunde liegende Wissenschaft offenbart wurde; doch stimmt die ganze christliche Welt darin überein, daß Gott, der unwandelbare Schöpfer des Weltalls, Seine eigene Schöpfung ins Leben ruft, sie versorgt und in alle Ewigkeit erhält.
Dieser tiefgründigen Folgerung steht die Behauptung entgegen, daß Leben vorwiegend in der Materie sei, eine Behauptung, die so ohne jede Grundlage ist, daß sie die Vernunft des Menschen nicht zu befriedigen vermag. Sie beschränkt das Leben, das sie doch zu gleicher Zeit unendlich nennt, und ist nicht imstande zu erklären, was Leben ist oder wie es ihren Theorien gemäß dazu kam, solche Formen anzunehmen. Die Christliche Wissenschaft allein gibt eine befriedigende Auffassung von Leben, weil sie keine bloße Theorie ist. Sie zeigt, daß Leben das durch sich selbst bestehende Gemüt, die Intelligenz, das Höchste Wesen ist, das von der Christenheit voll Ehrfurcht und Anbetung Gott genannt wird. Dieses wirkliche Leben, das unvergänglich ist, notwendigerweise vollkommen und unberührt von Krankheit, Sünde oder Tod, ist das einzige Leben des Menschen. Er bedarf keines anderen und könnte kein anderes haben. Die Erkenntnis dieser Tatsache gewährt dem Sterblichen Förderung seiner Gesundheit und seines Friedens. Die Wissenschaft vom Leben muß die Wissenschaft für das Leben sein, die von der ganzen Welt immer und immer vergeblich gesucht wird. Und doch ist sie hier und jetzt für jedermann erreichbar, der sie zu haben wünscht. Es bedarf dazu nur der geringen Mühe, sich mit den Büchern zu versehen, die sie lehren. Das sind die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy. Gleich anderen Büchern setzen diese sich aus Ideen zusammen, denn die göttliche Wissenschaft besteht ausschließlich aus Ideen. Aber während beim Unterricht in anderen sogenannten Wissenschaften der Gedanke sich mit materiellen Dingen oder Wirkungen befaßt oder mit der Anwendung und dem Gebrauch materieller Dinge und Mittel, bilden in der Christlichen Wissenschaft Ideen an und für sich sowohl Mittel als Gegenstand der Ausbildung. Sie sind die einzigen Ausdrucksmittel dieser Wissenschaft und die alleinigen Mittel zur Wiederherstellung von Gesundheit wie zur Vermeidung von Krankheit.
Nun mag es für den Durchschnittsmenschen, der sich immer nur auf Materie verlassen hat, geheimnisvoll klingen, wenn man von Ideen als von einem Heilmittel für Krankheiten spricht. Und doch, alle Religion beruht auf Gedanken oder Ideen, und alles Große in der Welt verdankt seine Entstehung einer Bildung, die durch ernste geistige Arbeit erlangt wird und die ausschließlich aus Ideen besteht. Liegt also etwas besonders Geheimnisvolles, oder überhaupt etwas Geheimnisvolles in der Tatsache, daß die Christliche Wissenschaft die Kranken dadurch heilt, daß sie durch göttliche Gedanken oder Ideen das Wesen Gottes, Seine Macht und Seine Gegenwart offenbart? Wenn der gewöhnliche Sterbliche sich durch seinen Charakter, d. h. durch seine Gedankenwelt, bekundet,— warum soll es dann unglaublich sein, daß das göttliche Gemüt sich selbst offenbaren kann durch seine eigenen Ideen? Und weiter, ist es wirklich so überspannt oder unvernünftig, von der Gegenwart und Gesetzmäßigkeit dieser Ideen Erleuchtung und auch gesundheitliche Besserung zu erwarten, da sie doch von Gott kommen, der Gemüt ist?
Lassen Sie mich nun Ihre Aufmerksamkeit auf die weitere Tatsache lenken, daß alle Erscheinungen oder Wirkungen eine Ursache voraussetzen. Unsere Beobachtung der Wirkungen mag unzulänglich sein und muß es tatsächlich sein, da diese Wirkungen unendlich sind. Doch wir mögen sie ansehen, wie wir wollen, sie setzen unbedingt eine Ursache voraus. Wirkungen aber, die in ihren Ausmaßen sowohl wie in ihrer Beschaffenheit unermeßlich oder unendlich sind, erheischen unvermeidlich eine unermeßliche oder unendliche Ursache. Der religiöse Mensch spricht mit Ehrfurcht von dieser Ursache und nennt sie „Gott.“ Der materielle Wissenschafter glaubt wissenschaftlicher zu sein, wenn er von der „großen Grundursache“ als Energie oder Kraft spricht. Aber so sehr sich beide in ihren Anschauungen und Ausdrücken auch unterscheiden, keiner von ihnen denkt auch nur einen Augenblick daran, die Unendlichkeit dieser Ursache zu leugnen. Was aber unendlich ist, muß unzerstörbar sein. Daher haben die religiösen Menschen aller Zeiten instinktiv gefühlt und bekannt, daß Gott ewig ist, wenn sie auch nicht immer die letzten Schlüsse aus dieser Behauptung gezogen haben, und die Materialisten erklären heute, durch ihre eigenen Forschungen in die Enge getrieben, gleichfalls, daß die Kraft oder Energie, die sie für die „große Grundursache“ halten, unmöglich Anfang und Ende haben kann.
Von allen Seiten wird also zugegeben, daß Gott — die „große Grundursache“— ewig ist. Ewigkeit besitzt nun gewisse Kennzeichen, deren Betrachtung sehr lehrreich für uns sein dürfte. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, daß man die Christliche Wissenschaft viel getadelt hat und daß man die Christlichen Wissenschafter oft lächerlich zu machen versucht hat um ihrer Überzeugung willen, daß Gott nicht der Urheber von Krankheit und Sünde ist, und daß also Krankheit und Sünde, da sie nicht göttlichen Ursprungs sind, kein wirkliches Dasein haben. Diese Behauptung beruht jedoch auf unwiderleglicher Logik. Denn wenn Gott ewig ist, wie alle Welt zugibt, dann kann Er nichts schaffen, was die Fähigkeit hätte zu zerstören. Er kann kein zerstörerisches oder selbstzerstörerisches Element in sich schließen und auch keine Kenntnis davon haben. Etwas anderes anzunehmen ist nicht nur unlogisch und unwissenschaftlich, sondern auch ungläubig und letzten Endes gotteslästerlich.
Wenn ich Sie veranlaßt habe, diesen Ausführungen so lange zu folgen, so geschah es zu einem ganz bestimmten Zweck. Ich wünsche nämlich, Sie möchten verstehen lernen, daß Gesundheit und Leben das Natürliche ist und Krankheit und Tod das Unnatürliche. Nachdem wir diese Gedanken so gründlich ausgesponnen haben, ist es Ihnen sicherlich klar geworden, daß Gott keinerlei zerstörerisches Element, keine zerstörerische Eigenschaft in sich schließt noch kennt. Sie werden nun auch einsehen, daß uns infolge unseres besseren Verständnisses von Gott Seine Gegenwart immer wirklicher bewußt wird, und daß dadurch zerstörerische Ursachen und deren Wirkungen aus unserem Leben ausgeschaltet werden. So wird die Gesundheit immer mehr zum Allgemeingut werden und die Langlebigkeit wird zunehmen. Durch diese kurzen Erörterungen sind wir ein gutes Stück vorwärts gekommen in der Wissenschaft des Lebens, was nur zu unserem Vorteil sein und niemand schaden kann. Es liegt nicht in meiner Absicht, Sie zum Glauben an die Christliche Wissenschaft zu überreden, und ich versichere Sie, daß ich Sie nie zum bloßen Glauben an etwas veranlassen würde. Das einzige, worum ich Sie bei der Betrachtung dieses Gegenstandes bitte, ist: zu denken. Es versteht sich von selbst, daß Denken Logik erfordert, denn ohne Folgerichtigkeit, ohne Prinzip oder Grundlage, ohne Vernunftschlüsse ist kein Denken wirkliches Denken.
Viele nun, die sich dem Lichte der Christlichen Wissenschaft zugewandt haben, werden zuerst von der Frage bestürmt, warum es denn Krankheiten, Sünde und all die störenden und schmerzlichen menschlichen Erfahrungen gibt oder zu geben scheint. Sie nehmen die unvermeidliche Logik der Christlichen Wissenschaft an und wundern sich nun natürlich über die menschlichen Erfahrungen, die der Christlichen Wissenschaft gemäß weder von Gott verordnet sind, noch von Ihm zugelassen werden. Dieser Standpunkt ist ganz natürlich. Wenn man jedoch die Christliche Wissenschaft demonstrieren, d. h. in seiner eigenen Erfahrung als wahr beweisen will, muß man ihre Regeln befolgen. Ihr Prinzip muß erkannt und unter allen Umständen behauptet werden.
Wir pflegen Fehlern, die uns bei unserer Arbeit unterlaufen, nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken,— sollten dies wenigstens nicht tun —, als zu ihrer Berichtigung erforderlich ist, und dieselbe Haltung sollten wir auch den schmerzlichen Erfahrungen des menschlichen Daseins gegenüber einnehmen. Sie sind nicht von Gott, folglich sind sie nicht wissenschaftlich und — im höchsten Sinne des Wortes — nicht wahr. Nur unsere beschränkte Beobachtungsgabe und unsere unzulängliche Erziehung lassen sie uns als wahr erscheinen. Sie haben kein Dasein in der Wahrheit und müssen deshalb als Irrtum bezeichnet werden.
Die beste und einzig befriedigende Erklärung für den Irrtum ist die, daß man seine Unwirklichkeit beweist, und ich möchte Sie bitten, diese Möglichkeit einmal in Betracht zu ziehen. Das Maß, nach dem wir urteilen, muß Ewigkeitswert haben. Wenn das der Fall ist, werden größere Verbesserungen ans Licht kommen, als man sich je hat träumen lassen, und wenn derselbe Maßstab der Unvergänglichkeit an viele Dinge angelegt wird, die wir heute für selbstverständlich halten, werden sie vergehen vor der Offenbarwerdung der Selbstverständlichkeit des wahren Daseins, dessen Wesen, Wirken und Gesetz in Gott sind, dem Schöpfer, der ganz gut ist.
Es ist unmöglich, sich eine ewige Ursache, einen ewigen Schöpfer als Person vorzustellen, deshalb muß die wirkliche Persönlichkeit Gottes oder der wirkliche Charakter und das Wesen Gottes Gemüt sein. Das Wort „Gemüt“ bringt uns, wie kein anderes, völlige Klarheit über diesen Punkt und befähigt uns, die vollkommene Beziehung zwischen dem Schöpfer und Seiner Schöpfung zu sehen. Es befriedigt unseren Hunger nach Erkenntnis auch noch nach einer anderen Richtung: Es macht uns klar, was Denken eigentlich ist. Vieles, was menschliches Denken genannt wird, ist des Menschen ganz unwürdig und Gott völlig unbekannt, aber selbst dieses Schein-Denken setzt ein Denkvermögen voraus, und das weist darauf hin, daß irgendwo im Weltall, ja überall im Weltall, Gemüt ist, die Ursache und der Schöpfer aller Dinge. Hieraus erklärt sich letzten Endes unsere Fähigkeit zu denken, und es ist leicht zu erkennen, daß unser Denken immer Christus-ähnlicher werden wird, je besser wir Gott verstehen.
Der alten Art des Denkens scheint es oft unglaublich, daß materiell nicht greifbare Tatsachen wirklichen Wert und Einfluß haben können. Und doch bewies der Gründer der christlichen Religion unzweifelhaft, daß selbst die schlimmsten Krankheiten durch die Macht des Verständnisses vollständig geheilt werden können. Er lehrte indessen, daß diese Macht den Menschen nur zugänglich ist im Verhältnis zu ihrer Rechtschaffenheit, zu ihrem Recht-Sein in jeder Beziehung. Er wußte und er behauptete, daß die Macht zu heilen allein von Gott stammt, von dem göttlichen Gemüt, und er lehrte und veranschaulichte durch seine eigenen Werke, daß diese Macht allen Menschen von Natur eigen ist und zwar in dem Maße, wie sie das wahre Wesen Gottes und Seines Gesetzes erkennen und verstehen.
Die Erlösung durch Christus, so wie die Christliche Wissenschaft sie uns vor Augen führt, kann das Heilen von Krankheit nicht übergehen. Wenn wir ein Christus-Leben führen wollen, müssen wir das Christus-Heilen annehmen und ausüben. Oft ist uns zum Vorwurf gemacht worden, daß wir dem Heilen zuviel Wichtigkeit beimessen; bei näherem Zusehen werden wir jedoch finden, daß solche Anschuldigungen in der Regel nur von denen vorgebracht werden, die sich der besten Gesundheit erfreuen. Leidende, die durch die Christliche Wissenschaft Heilung suchen, oder Menschen, die durch sie Genesung fanden, haben diesen Vorwurf noch nie erhoben.
Auf Seite 291 von „Wissenschaft und Gesundheit“ schreibt Mrs. Eddy: „Der Himmel ist keine Örtlichkeit, sondern ein göttlicher Zustand des Gemüts, in dem alle Offenbarwerdungen des Gemüts harmonisch und unsterblich sind, denn es gibt dort keine Sünde, und es erweist sich, daß der Mensch keine eigne Gerechtigkeit hat, sondern daß er, des Herrn Sinn‘ besitzt, wie die Bibel sagt.“ Hieraus geht hervor, daß der Weg zum Himmel durch Erziehung im höchsten Sinne dieses Wortes gewiesen wird. Durch richtiges Denken müssen wir unseren Weg zum Himmel finden, und nichts kann uns hindern, diese Erhebung und Erlösung bringende Forderung zu erfüllen, noch können wir irgendeine Entschuldigung für ihre Vernachlässigung vorbringen.
Welcher Erwecktheit des Gedankens, welch geistiger Wachsamkeit, Freiheit und Klarheit bedurfte es, um eine Wissenschaft wie diese zu entdecken! Mary Baker Eddy vollbrachte es und sie vollbrachte sogar noch mehr: ihre Einsicht erreichte eine solche Höhe, daß sie die Tatsachen des Seins erfassen und offenbaren konnte, aber sie kam auch den gegenwärtigen Bedürfnissen der Menschen entgegen und tat ihnen Genüge. Sie sah, daß die Allmacht Gottes behauptet werden muß, ehe sie verwirklicht werden kann, und sie wußte auch und lehrte, daß man erst alles, was Macht zu haben scheint, beharrlich verwerfen muß, ehe man den vollen Beweis erlangen kann, daß das Gute allmächtig und daß Leben unsterblich ist.
Wir [die Christlichen Wissenschafter] versuchen, dieser Gabe Gottes für die Menschheit würdig zu sein. Wir wären ihrer nicht würdig, wenn wir nicht hier und bei jeder anderen passenden Gelegenheit unserer Dankbarkeit, unserer Liebe und Verehrung für die Entdeckerin und Begründerin der Christlichen Wissenschaft Ausdruck geben würden. Sie gründete die Bewegung der Christlichen Wissenschaft auf der festen Grundlage des Christus-Heilens, auf der sie stehen und weiterbestehen wird als lebendiges, immer höher ragendes Denkmal für einen Charakter und ein Lebenswerk, die in der Geschichte völlig ohnegleichen sind.
Gott ist Leben und läßt Seine Schöpfung ewig fortbestehen. Jesus sagte: „Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben.“ Mrs. Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 286): „Gottes Gedanken sind vollkommen und ewig, sind Substanz und Leben.“ Diese Gedanken haben wir hier gemeinsam betrachtet. Für aufrichtige Sucher sind sie leicht zu verstehen, weil sie uns verwandter sind und unserem wahren Wesen näher kommen als alle anderen Gedanken.
Die Bibel enthält die ursprüngliche Offenbarung der unsterblichen Beziehung zwischen Gott und dem Menschen. Die Christliche Wissenschaft lehrt diese Beziehung verstehen, befreit dadurch die Menschheit von der Verdammung und läßt Erlösung an ihre Stelle treten. Sie zeigt uns, daß das einzig mögliche und folgerichtige Verfahren einem Fehler gegenüber zweifellos dessen liebevolle, vollkommene Berichtigung ist.
Obgleich die Christliche Wissenschaft weitreichender ist in ihren Möglichkeiten als alle anderen sogenannten Wissenschaften, ist sie doch viel einfacher in ihren Lehren. Sie kann von allen verstanden werden. Jeder Versuch jedoch, sich ihrer in selbstsüchtiger Weise für rein persönliche Zwecke oder aus Ehrgeiz zu bedienen, beraubt sie auf der Stelle ihrer göttlichen Macht. Diese Wissenschaft zeigt uns in nicht mißzuverstehender Weise, daß wir Krankheiten und allen übrigen traurigen und schlimmen Erfahrungen nur Macht und Fortdauer verleihen, wenn wir sie nicht als Irrtum stempeln. Können also denkende Männer und Frauen in der althergebrachten Denkweise beharren, nachdem sie einmal eingesehen haben, wie ihre eigenen Leiden und die der ganzen Menschheit dadurch vergrößert werden? Ohne Zweifel erfordert es Mut, auf der Wahrheit zu bestehen angesichts der allgemeinen irrtümlichen menschlichen Meinungen und Annahmen, und die Geschichte der Bewegung der Christlichen Wissenschaft, mit deren Entdeckerin und Begründerin an ihrer Spitze, beleuchtet auf Schritt und Tritt den erhabenen Mut, der zur Begründung dieser Bewegung und zu ihrer Weiterführung nötig war und ist. Aber an mutigem Einstehen für das Recht hat es noch nie gefehlt in unserem Lande und es ist undenkbar, daß Männer und Frauen in unseren Tagen, wenn sie erst einmal das göttliche Prinzip der Christlichen Wissenschaft erkennen und deren unendliche Tragweite und ihren Einfluß, ganz abgesehen von ihrem praktischen Wert, erfassen,— daß sie dann diese Wissenschaft verwerfen sollten, nur well es Mut erfordert, ihre göttliche Kraft zu demonstrieren. Wenn alle Tüchtigkeit der Menschen sich für die Sache der Wahrheit einsetzen wird, wenn sittenstarke Männer und Frauen einsehen, daß sie durch furchterregende Krankheitsvorstellungen ebensowenig berührt werden können, wie etwa durch die Versuchung, zu lügen oder zu stehlen, wenn sich ihr Denken so gehoben hat, wenn sie so wachsam sind, so geistig vorgeschritten, daß sie keinem zerstörerischen Element, keiner zerstörerischen Tätigkeit irgendwie Macht beimessen, wenn ihre Furcht davor aufhört und ihr Vertrauen auf die göttlichen Tatsachen der Wissenschaft die Oberhand hat,— wenn sie so die erhabene Demut geistigen Verständnisses gewinnen und darin beharren —, dann werden sie durch dieses Leben gehen in der Kraft der göttlichen Wissenschaft und unter der Herrschaft ihres Gesetzes,— der Wissenschaft und dem Gesetz Gottes, der Wissenschaft und dem Gesetz des unendlichen Lebens.