Es ist nicht schwer, das sogenannte menschliche Gemüt zu hintergehen. Da das materielle Leben ein Zustand der Selbsttäuschung ist — ein hypnotischer Traum und nicht die Verkörperung des wirklichen Lebens — ist es leicht, die Sterblichen irrezuführen und sie von dem Pfade aufrichtiger Gesinnung abzubringen. Und wenn sie erst in ihrem Denken von der rechten Richtung abweichen, mit welch erstaunlicher Leichtigkeit stürzen sie sich dann kopfüber ins Verderben! Der Christliche Wissenschafter weiß dies. Er weiß auch, wie wachsam er sein muß, um nicht den zahlreichen Versuchungen des materiellen Sinnes zu erliegen, die auf seinem Lebenswege an ihn herantreten, um ihn von dem Pfade schlichter Güte abzulenken.
Man kann seine Überzeugung von der Wirklichkeit des Guten und der Unwirklichkeit des Bösen mit großer Beredsamkeit verfechten oder dem Anschein nach über den Buchstaben der göttlichen Wissenschaft gründlich Bescheid wissen. Aber ist das der wahre Prüfstein unseres Lebens? Nein,— die schlichte Güte allein ist es, die wir im täglichen Leben beweisen. Güte ist eine mächtige, viel umfassende Eigenschaft des Gemüts. Sie ist reich an liebevoller Einsicht, Barmherzigkeit, Aufrichtigkeit, Mitgefühl, Menschlichkeit sowie an Mäßigkeit, Reinheit und Liebe. Sie läßt sich nicht genau erklären, sie muß vielmehr gefühlsmäßig erfaßt werden. Und doch ist sie für jeden leicht zu erkennen, wie ja auch das Böse sich unwillkürlich denen gegenüber aufdeckt, die selbst das Gute wiederspiegeln, das von Gott ist.
Aus Mrs. Eddys Werken ist klar ersichtlich, welch große Wichtigkeit sie der Güte — dem einfachen Gutsein — beimißt. Auf Seite 2 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt sie zum Beispiel: „Güte erreicht die Demonstration der Wahrheit.“ Trotz außerordentlicher Kenntnis des Buchstabens der Christlichen Wissenschaft und großer Beredsamkeit im Erklären ihrer Lehren kann ein Mensch der Güte ebensosehr ermangeln wie der Fels in der Wüste des Pflanzenwuchses. Ist es für einen solchen Menschen möglich, die Wahrheit durch die Heilung von Krankheit und Sünde zu beweisen? Nein,— denn „Güte erreicht die Demonstration der Wahrheit.“ Das Böse wird es nie zustande bringen; ja, es ist sicherlich wahr, daß unsere Fähigkeit, durch die göttliche Wissenschaft zu heilen, im geraden Verhältnis zu unserer Güte steht.
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