Unsere Gespräche bilden einen so wichtigen Teil der menschlichen Beziehungen, daß wir uns der Notwendigkeit wohlüberlegten Redens stets bewußt sein sollten, damit sie uns nicht zu einer Quelle des Unheils werden. Obwohl die Zunge nur Gutes reden sollte, kann sie doch zum Verkünder alles Schlimmen und Unheilbringenden werden. Jakobus nennt die Zunge ein „unruhiges Übel,“ aber er sagt zugleich: „Wer aber auch in keinem Wort fehlt, der ist ein vollkommener Mann und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten.“
In einer Fabel wird erzählt, daß ein Mensch üble Gerüchte über seinen Nachbar verbreitet hatte. Da er dies später bereute, ging er zu einem Weisen und fragte ihn, wie er es verhindern könne, daß das durch ihn angerichtete Unbeil weiter um sich greife. Der Weise sagte ihm, er solle Distelsamen sammeln so viel er finden könne und ihm bringen. Das tat er und erhielt dann die Weisung: „Nun gehe hin und streue ihn aus.“ Nach Erfüllung dieser Forderung kam er wieder zurück, und nun verlangte der Weise von ihm, er solle alles Ausgestreute wieder aufsammeln. Die offenbare Unmöglichkeit, diesen Auftrag auszuführen, sollte darauf hinweisen, daß böse Worte, wenn sie einmal ausgesprochen sind, sich wie Distelsamen im Winde verbreiten, so daß man unmöglich wissen kann, wo sie hinfallen und ihren schädlichen Samen wurzeln lassen.
Auf Seite 230 von „Miscellaneous Writings“ sagt Mrs. Eddy, daß es „drei Arten von Zeitverschwendung gibt, von denen eine besonders verwerflich ist,“ und als diese bezeichnet sie dann „das Weiterschwatzen übler Gerüchte.“ Nach solch bestimmter Unterweisung sollte es scheinen, als ob wirklich nur Toren sich der Gewohnheit der üblen Nachrede hingeben könnten. Aber Mrs. Eddy sagt auf Seite 126 desselben Werkes weiter: „Die meisten Menschen verdammen schlechtes Handeln und üble Nachrede, und doch ist nichts so schnell im Umlauf wie sie, nicht einmal das Gold.“ Woran liegt es, daß in unseren Tagen die Unterhaltung im allgemeinen sich so vielfach mit dem Besprechen unrechten Denkens und Handelns befaßt? Das scheinbare Dasein und die scheinbare Fortdauer des Bösen haben ihren Grund allein darin, daß das sterbliche Gemüt darauf besteht, daß nicht nur böses Tun Befriedigung gewährt, sondern daß man auch Genuß daran haben kann, dem Bösen in Gedanken nachzuhängen und sich darüber zu unterhalten. Die Welt kommt nur langsam aber sicher zu der Einsicht, daß Böses immer mit Bösem endet. Wer darüber nachdenkt, muß zugeben, daß Böses mit Bösem vereint das Böse nicht austreiben kann, sondern vielmehr dessen scheinbare Wesenheit und Macht vermehren muß. Die Sterblichen sollten daher einsehen lernen, daß sie nur ihre eigene falsche Annahme vom Bösen vergrößern, wenn sie über das Böse nachdenken, oder wenn sie darüber sprechen und es weitertragen.
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