Christliche Wissenschafter legen oft Zeugnis davon ab, daß sie durch das Studium des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift,” von Mary Baker Eddy ein größeres Verständnis von der Bibel erlangt haben. Dadurch wurden ihnen viele sonst dunkle Stellen klar, und Vorfälle, die für übernatürlich gegolten hatten, fanden zufriedenstellende Erklärung und erwiesen sich in früher undenkbarer Weise auf gegenwärtige Bedürfnisse anwendbar. Als Beispiel dafür kann die Erfahrung des Elia und seines Dieners auf dem Berg Karmel erwähnt werden, von der im achtzehnten Kapitel des ersten Buchs der Könige erzählt wird.
Nach einer langen Dürre, die in Hungersnot endete, teilte der Prophet Elia dem König Ahab mit, daß es „rauscht, als wollte es sehr regnen.” Daraufhin ging er mit seinem Diener auf den Gipfel des Berges Karmel, wo er sich, das Haupt zwischen den Knieen, niedersetzte und den Diener beauftragte, gegen das Meer hinauszuschauen, zweifelsohne nach einem Zeichen von baldigem Regen. Zuerst berichtete der Diener, es wären keine Anzeichen von Regen sichtbar, woraufhin er aufgefordert wurde, noch andre sieben Mal hinauszuschauen. Beim siebenten Mal meldete er, es stiege eine kleine Wolke aus dem Meere auf. Ohne weitere Anzeichen abzuwarten, ließ Elia den König Ahab auffordern, in sein Haus zurückzukehren, ehe der Regen ihn daran hindern würde. Kurz darauf war der Himmel mit Wolken bedeckt, und ein starker Regen ergoß sich über das Land.
Es ist klar, daß Elias erste Bemerkung dem König Ahab gegenüber sich auf keinen von den materiellen Sinnen wahrnehmbaren Augenschein stützte; denn als der Diener angewiesen wurde, Ausschau zu halten, meldete er zuerst kein Anzeichen von nahendem Regen. Die gewöhnliche Auslegung dieser Geschichte ist wohl, daß Elia eine prophetische Gabe besaß, eine ihm von Gott aus besonderer Gunst verliehene Gabe, kraft welcher er dem von Hungersnot heimgesuchten Samaria den bevorstehenden Regen verkünden konnte. Die prophetischen Eigenschaften Elias anerkennend, wirft die Christliche Wissenschaft noch weiteres Licht auf die Frage und zeigt, welch tätigen Anteil der Prophet an der Herbeiführung des Ereignisses nahm.
Auf Seite 585 von „Wissenschaft und Gesundheit” finden wir folgende geistige Erklärung des Namens Elias: „Elias. Prophezeiung; geistige Augenscheinlichkeit, die dem materiellen Sinn entgegengesetzt ist; die Christliche Wissenschaft, durch welche die geistige Tatsache von allem, was die materiellen Sinne erblicken, erkannt werden kann; der Grund der Unsterblichkeit.” Ward Elia nicht von geistiger Augenscheinlichkeit geleitet, als er dem Ahab erklärte, es „rauscht, als wollte es sehr regnen”? Andrerseits, schauten der König Ahab und der Diener nicht nach materieller Augenscheinlichkeit aus? Auf die Frage: „Willst du Krankheit erklären und zeigen, wie sie geheilt werden kann?” verweist Mrs. Eddy den Leser zunächst auf das Kapitel „Die Betätigung der Christlichen Wissenschaft” und schließt dann ihre kurzen Ausführungen über „die Methode des christlich-wissenschaftlichen Gemüts-Heilens” an dieser Stelle mit den Worten: „Laß die Christliche Wissenschaft statt des körperlichen Sinnes dein Verständnis vom Sein tragen, und dieses Verständnis wird Irrtum durch Wahrheit vertreiben, Sterblichkeit durch Unsterblichkeit ersetzen und Disharmonie durch Harmonie zum Schweigen bringen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 493—495).
Man kann also sagen, daß das Verfahren Elias im allgemeinen das gleiche Verfahren ist, das auch der Christliche Wissenschafter anwendet. Letzterer hat durch die Lehren dieser Wissenschaft das wahre Wesen Gottes als Gemüt oder Geist und das Wesen des Menschen als Gottes Bild oder Idee erkannt. Er hat einsehen gelernt, daß das Geistige das Wirkliche ist und das sogenannte Materielle nichts andres als ein falscher Gemütszustand, der nicht mehr Wirklichkeit besitzt als der Traum im Schlaf und sich ebenso wie dieser ausschließlich im Gemüt abspielt, nur daß er der allgemeinen Annahme nach scheinbar tiefer im Bewußtsein wurzelt. Er versteht, daß Gott, Geist, die Quelle alles Guten und der einzige Schöpfer, unendlich ist; daß das Böse keinen Schöpfer hat, daß es nicht in Gott, dem Guten, besteht und also unwirklich ist. Folglich ist es nur ein Anspruch des menschlichen Gemüts oder eine falsche Annahme. Scheint nun das entgegengesetzte Zeugnis vorhanden zu sein, nämlich, daß der Mensch sündig, krank oder unharmonisch ist, so beginnt der Christliche Wissenschafter damit, daß er sich den wahren Zustand des Menschen, den die Christliche Wissenschaft gelehrt hat, vergegenwärtigt, wodurch er befähigt wird, den in solchen Lagen von den materiellen Sinnen dargebotenen Augenschein zu verneinen. Indem er sich die Tatsachen des wahren Daseins vergegenwärtigt, verwirft er den falschen Augenschein der materiellen Sinne, der schließlich dahinschwindet wie ein Traum, wenn das Erwachen kommt; und die Harmonie, die der wahre Zustand des geistigen Seins ist, wird offenbar „auf Erden wie im Himmel.”
„Welche von diesen beiden Theorien in bezug auf den Menschen bist du bereit anzunehmen?” fragt Mrs. Eddy auf Seite 494 von „Wissenschaft und Gesundheit” und fügt hinzu: „Die eine ist das sterbliche Zeugnis, schwankend, sterbend und unwirklich. Die andre ist die ewige und wirkliche Augenscheinlichkeit; sie trägt das Siegel der Wahrheit, deren Schoß von unsterblichen Früchten übervoll ist.” Die Christlichen Wissenschafter nehmen „die ewige und wirkliche Augenscheinlichkeit” an, die geistige; und inmitten einer Welt, die am falschen Zeugnis des materiellen Sinnes festhält und es fürchtet, bringen sie durch Vergegenwärtigung dieser wahren Augenscheinlichkeit Früchte des Heilens hervor, des Heilens von Sünde und Krankheit und von andern unharmonischen Zuständen.
