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Die Wissenschaft des Christentums

Aus der Februar 1924-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Lehre der Christlichen Wissenschaft hat die Heilige Schrift in ihrer geistigen Bedeutung erschlossen, und durch das tägliche andächtige Lesen unserer Bibellektionen gewinnen wir einen wunderbaren Einblick in die Bibel. In dem Maße wie unser Denken geistiger wird, dämmert die Wahrheit in unserem Verständnis auf, und wir lernen die Geschichte der materiellen Menschen in den Bibelerzählungen von der absoluten Wahrheit über Gott und den Menschen trennen. Diese im ersten Kapitel des Ersten Buchs Mose geoffenbarte Wahrheit zieht sich wie ein goldener Faden durch die ganze Bibel hindurch. Nur als weltliche Geschichte betrachtet, bietet uns die Bibel nicht mehr als jede andere Geschichte, es sei denn, wir suchen, was Mrs. Eddy besonders hervorhebt, nach der geistigen Auslegung.

Mrs. Eddy schreibt in unserem Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 271): „Das Christentum Christi ist die Kette des wissenschaftlichen Seins, welches zu allen Zeiten wiedererscheint, sich in seiner unverkennbaren Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift behauptet und alle Zeiten in dem Plan Gottes vereinigt”. Die erste Offenbarung des „Christentums Christi”, die wir in der Bibel haben, ist die Genesis oder die Entstehung der geistigen Schöpfung und des zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen. Alle späteren Offenbarungen bestätigen und unterstützen diese grundlegende geistige Tatsache. So wird diese Wahrheit durch Mose in den Zehn Geboten als Gesetz unterstützt. In den zwei großen Geboten — Liebe zu Gott und Liebe zum Menschen — wird sie durch Christus Jesus noch deutlicher hervorgehoben; lehrte er doch, daß Gehorsam gegen dieses Gesetz dadurch auf praktische Weise zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst. Ferner wird uns in der Offenbarung des Johannes durch das erleuchtete Denken des geliebten Jüngers die heilige Stadt geoffenbart, ein geistiger Bewußtseinszustand, der nur durch das Überwinden alles dessen erlangt werden kann, das der vollkommenen Schöpfung ungleich ist; und das Lied der Erlösten ist „das Lied Mose's, ... und das Lied des Lammes”. So können wir den „Plan Gottes” vom Ersten Buch Mose an bis zu der Offenbarung des Johannes verfolgen. Die göttliche Wissenschaft vereinigt heute alle biblischen Lehren und offenbart uns in der Wissenschaft des Christentums die Einheit des Ganzen.

Wenn wir die großen Offenbarungen des „Christentums Christi” geistig auslegen lernen, dann lernen wir verstehen, daß sie die grundlegenden Regeln der göttlichen Wissenschaft sind, und daß der geistige Fortschritt der Menschheit allein durch Gehorsam gegen diese Gesetze des geistigen Daseins gewonnen worden ist. Der Anteil unserer Zeit an der geistigen Entfaltung besteht in der geistigen Auslegung dieser Gesetze und deren Beweisung durch Gehorsam. Wir leben in einer wissenschaftlichen Zeit, die eine wissenschaftliche Religion verlangt; und so ist die Offenbarung als Christliche Wissenschaft gekommen, als die Wissenschaft des Lebens, die das Christentum als Wissenschaft offenbart. Die Menschheit muß lernen, diese Offenbarung zur Überwindung des Bösen anzuwenden. Nicht ein neues Gesetz ist entdeckt worden; aber durch das göttlich erleuchtete Denken einer Prophetin unserer Zeit ist die Wissenschaft der praktischen Anwendung des geistigen Gesetzes geoffenbart worden. Newton und andere Gelehrte entdeckten gewisse sogenannte Gesetze und leiteten von diesen gewisse in Wechselbeziehung zu ihnen stehende Tatsachen ab. Die Menschen haben diese Tatsachen aufgegriffen und ausgenützt. Dadurch wurden sie in den Stand gesetzt, manche auf Zeit und Raum beruhende Schranken zu überwinden und so die Zivilisation zu fördern. Die Römer hätten schon elektrisches Licht gehabt, wenn nicht erst viele Entdeckungen in den langen Jahren zwischen der Zeit der römischen Lampe und der der modernen Lichtfülle der Elektrizität notwendig gewesen wären. So erging es auch der Menschheit bei ihrem Suchen nach Gott. Wären die Zeiten für die geistigen Offenbarungen empfänglicher gewesen, hätten sie sie verstanden und befolgt, so wären wir der Lösung der Welträtsel näher. Gleichwohl hat es immer Menschen gegeben, die ihrer Zeit geistig voraus waren, die der himmlischen Gewahrwerdung treu geblieben sind und die Fackel der geistigen Wirklichkeit vorausgetragen haben.

Wenn auch das mosaische Gesetz, geistig verstanden, die grundlegenden Wahrheiten aller Sittlichkeit lehrte, so war es doch zu Jesu Zeiten zu einem steifen Brauch schulmäßiger Theologie herabgesunken, die lediglich den Buchstaben des Gesetzes befolgte und die an die Stelle des Gehorsams gegen das geistige Gesetz getreten war. Jesus fegte Überlieferung, Glaubenslehren und Formenwesen beiseite und offenbarte die geistige Bedeutung des Gesetzes vom Sinai als Liebe zu Gott und Liebe zum Menschen; und indem er so die Sittlichkeit und die Anbetung des einen Gottes vereinigte, gründete er das Christentum. Das sogenannte menschliche Gemüt ist heute nicht viel anders als vor neunzehnhundert Jahren, und so kommt es, daß gewisse seiner Erscheinungsformen die Überlieferungen des Christentums als unvernünftig verworfen haben und nun die Sittenlehre anstatt der Religion als etwas ganz und gar von ihr Verschiedenes darbieten. Wenn aber die Sittenlehre als vom Christentum untrennbar erkannt wird, dann haben wir die Wissenschaft des Christentums. Eben weil Religion so häufig von der Wissenschaft getrennt wurde, sind die Laien außerstande gewesen, sie zu verstehen. In dem Verhältnis, wie des Menschen Gedanke geistiger wird, werden auch seine Bedürfnisse geistiger; und er verlangt nach einer Religion, die diese Bedürfnisse befriedigt. Alle großen Lehrer jedes Zeitalters haben sich über gewisse allgemeine Grundsätze der Sittlichkeit geeinigt; aber für den geistigen Sinn ist Sittlichkeit einfach der natürliche Ausdruck der Gottesverehrung. Die Gesetze Gottes stehen über Glaubensbekenntnissen und Glaubenssätzen; denn sie sind die Gesetze, die des Menschen geistiges Sein regieren und stets als ewige Wahrheiten bestanden haben, während Glaubensbekenntnisse und Glaubenssätze aus abergläubischer Frömmelei hervorgegangen sind.

Wie die Geschichte des Suchens nach Gott zeigt, ist die Wahrheit über Gott und den Menschen geoffenbart und bildet die Grundlage des Christentums. Das sogenannte menschliche Gemüt ist es, das sich gegen die Forderungen dieser Wahrheit auflehnt; und so finden wir, daß es zu allen Zeiten gewisse Religionsformen gegeben hat, die Gewinn versprechen ohne das Aufgeben der Weltlichkeit zu verlangen. Wahrheit und Religion scheinen nicht immer Hand in Hand miteinander gegangen zu sein; aber die Wahrheit ist für uns wertlos, wenn wir sie nicht verstehen und nicht anwenden, indem wir sie zu unserer Religion machen. Die Menschheit würde sich immer noch in der Finsternis des mittelalterlichen Europa befinden, wenn sie die von den Menschen zur Förderung der Zivilisation entdeckten Gesetze nicht angewendet hätte. Wie einst der reiche Jüngling so wendet sich die Welt immer noch ab von den Forderungen der Wahrheit, aller weltlichen Gesinnung zu entsagen und Ihm nachzufolgen. Die Auslegung des Inhalts dieser Forderung und des Gehorsams gegen das göttliche Gesetz ist das, was die Wissenschaft des Christentums von aller menschlichen Philosophie, und von der Anwendung menschlichen Willens unterscheidet, — von der Philosophie, die sich auf das menschliche Selbst als eine Wirklichkeit gründet, und von der Meinung, durch menschlichen Willen Erlösung zu erlangen. Kein System menschlicher Philosophie, wie herrlich auch seine Ideale sind und wie hoch es auch Schönheit und Kunst zu schätzen weiß, kann die Verheißung Christi erfüllen: „Ich bin gekommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben sollen”. Diese Verheißung kann allein durch Gehorsam gegen das geistige Gesetz in Erfüllung gehen.

Der Umstand, daß so viele Männer und Frauen mit einem gut entwickelten Sinn für Schönheit und einem vorgeschrittenen Verständnis für Kunst und Kultur in ihrem Leben Mißerfolg gehabt haben, ist auf den Mangel zurückzuführen, daß sie ihr intellektuelles Leben nicht mit dem geistigen Gesetz in Einklang brachten. Die Welt hat geglaubt, außergewöhnlich begabte Leute und gewöhnliche Sterbliche könnten nicht nach denselben Gesetzen regiert werden; und dieser falsche Maßstab ist stets auf eine irrtümliche Auffassung von Gott und dem Menschen zurückzuführen. Wenn wir von der Grundlage einer vollkommenen Schöpfung aus folgern, so sehen wir das göttliche Gesetz als das Gesetz an, das alles regieren muß, und die Wissenschaft des Christentums als die Religion, die uns die Bedeutung des Gehorsams gegen dieses Gesetz lehrt. Dann werden wir bloße persönliche Freiheit nicht mit dem Freisein verwechseln, das man nur durch Gehorsam gegen das geistige Gesetz erlangt. Den Kindern Israel, die Sklaven waren im Lande des materiellen Sinnes, wurde Freiheit durch Gehorsam verheißen; und wenn einst „Gott redete alle diese Worte”, dann redet Er sie auch jetzt und wird sie allezeit reden zu den Herzen, die für die geistige Wahrheit empfänglich sind, „denn es ist das Wort gar nahe bei dir, in deinem Munde und in deinem Herzen, daß du es tust”.

Wie zu Jesu Zeiten, wird es immer jene falschen Propheten geben, denen der von ihm gewiesene Weg des Lebens zu schmal erscheint; und es wird immer ein Sich-Sammeln um das Banner derer geben, die glauben, einen leichteren Weg gefunden zu haben. Aber Vernunft und Offenbarung haben zu allen Zeiten gezeigt, daß es keinen anderen oder keinen einfacheren Weg als den des Gehorsams gegen das Gesetz Gottes geben kann.

Was trägt die Christliche Wissenschaft in der heutigen Zeit zu der geistigen Entfaltung des Menschen bei? Gibt sie uns nicht die geistige Auslegung dieser Gesetze der Wissenschaft des Christentums? Zeigt sie uns nicht die Bedeutung des Gehorsams gegen diese Gesetze? Und enthüllt sie nicht die Tatsache, daß „die wissenschaftliche Erklärung des Seins”, wie wir sie auf Seite 468 unseres Lehrbuchs vorfinden, der einzig folgerichtige Schluß ist, den wir ziehen müssen, wenn wir „das vornehmste und größte Gebot” halten wollen? Heute gibt es Leute, die sagen, das Christentum habe versagt; das scheinbare Versagen beruht aber lediglich auf einer falschen Auslegung des Christentums. „Das Christentum Christi” hat nie versagt. Diejenigen, die die Christliche Wissenschaft angenommen haben, wissen, daß der einzig folgerichtige Schluß, zu dem allein sie gelangen können, eben der ist, daß sie die Wissenschaft der Gesetze Gottes ist, jener Gesetze, die Jesus an den Ufern des galiläischen Meeres befolgte und bewies. Gehorsam gegen diese Gesetze ist der Rhythmus des Lebens. Alle unharmonischen Zustände, sozialer oder wirtschaftlicher Natur, gehen aus unharmonischem Denken, aus Ungehorsam gegen das geistige Gesetz, hervor. Das sogenannte sterbliche Gemüt erklärt noch stolz: „Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf”; aber wenn wir fortfahren, diese Gesetze im Lichte der Christlichen Wissenschaft zu studieren, dann erkennen wir, daß wir kaum begonnen haben, ihnen zu gehorchen. Das sterbliche Gemüt ist immer unwillig wegen des hohen Maßstabs, den der Gehorsam gegen das geistige Gesetz erfordert. Diesen Gehorsam lernt man nur dadurch, daß man das Materielle überwindet, indem man das Geistige als das allein Wirkliche anerkennt, nicht zeitweilig, sondern in jeder menschlichen Tätigkeit.

Mrs. Eddy schreibt: „Die Forderungen Gottes wenden sich nur an die Gedanken” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 182); und Jesus sagte: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch”. Die Wissenschaft des Christentums kann nicht durch blinden Glauben oder durch vernunftloses Vertrauen, das bloße Überlieferung als Wahrheit hinnimmt, erfaßt werden, sondern allein durch geistiges Verständnis, das die Bedeutung dieser Gesetze offenbart und uns zeigt, wie wir ihnen gehorchen können. Heute erkennen viele gerne an, daß der Gedanke Macht besitzt; trotzdem suchen sie immer noch Erlösung durch materiell-mentale Wissenschaften, durch Autosuggestion und durch die Anwendung des menschlichen Willens, wobei sie die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft als Mythe verwerfen. Aber das geistige Verständnis, das sich dem Gemüt, von dem Christus Jesus erfüllt war, immer mehr zuwendet, weiß, daß man dieses Gemüt nur dann wiederspiegeln kann, wenn man allen Glauben an eine von Gott getrennte Macht aufgibt.

Eines der Erfordernisse für die Aufnahme dieser Wahrheit ist ein großer sittlicher Ernst. Eine Richtung der modernen Denkweise verwirft Überlieferungen und Gefühl in der Religion. Anstatt lieber ihre sogenannte Unanfechtbarkeit der vernunftmäßigen Schlußfolgerung aufzugeben und die Überlieferungen der Theologie anzunehmen, nimmt sie ihre Zuflucht zu einer Gottesleugnung, die sich über alles religiöse Gefühl erhaben wähnt. Aber ehrliches Streben muß den Sucher nach Wahrheit zu jener Religion führen, die für den Grund ihres Daseins Beweise und nicht eine Glaubenslehre darbietet. Dann wird es sich auch zeigen, daß göttliche Vernunft und Offenbarung übereinstimmen, daß das Bestreben, dem geistigen Gesetz zu gehorchen, die Bedeutung dieser Offenbarung uns immer mehr enthüllt, gerade wie Jesus sagte: „So jemand will des Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei oder ob ich von mir selbst rede”.

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