Carlyle sagt irgendwo, wenn wir tief genug blicken, werden wir stets Harmonie finden. Gerade hierauf weist die Christliche Wissenschaft hin: Sie lehrt uns, tief genug zu blicken. Und in derselben Richtung zeichnet sich die Lehre Jesu aus. Sie taucht tief genug unter die Oberfläche aller Widersprüche—der Widersprüche zwischen gut und böse, zwischen Geist und der Materie, zwischen Seele und dem Sinne, zwischen Prinzip und der Person—,um auf den bleibenden Grund der unbedingten Wahrheit, die Grundlage ihrer Sittenlehre, zu gelangen.
Dadurch, daß die Christliche Wissenschaft unbedingt an der Allgenugsamkeit und Allumfassendheit des Geistes, an der Einheit und Unteilbarkeit des göttlichen Lebens festhält—des Lebens, das in keiner Weise von einer angeblichen Erscheinungsform des Bösen berührt oder beeinflußt wird—, gestaltet sie unser ganzes Denken, wenn auch langsam so doch sicher, von Grund aus um. Nach der Zeit Jesu scheint wegen seiner Lehre Verwirrung entstanden zu sein; und erst als die Heilige Schrift durch Mrs. Eddys reine geistige Erkenntnis beleuchtet wurde, wurden die Versuche des sogenannten menschlichen Gemüts, weltliche Gesinnung mit geistigen Wahrheiten zu verquicken, vollständig aufgedeckt. In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” hat sie gezeigt, wie Jesu Worte und Werke überzeugend auf die Tatsache hinweisen, daß Geist und Materie Gegensätze sind. Sie sagt auf Seite 279: „Geist und Materie können weder zusammen bestehen noch zusammen wirken, und das eine kann ebensowenig das andere erschaffen, wie Wahrheit Irrtum erschaffen kann oder umgekehrt”. Diesen Punkt hebt sie auch ganz besonders hervor, wenn sie sagt (S. 113): „Leben, Gott, das allmächtige Gute, leugnet Tod, Böses, Sünde, Krankheit.—Krankheit, Sünde, Böses, Tod leugnen das Gute, den allmächtigen Gott, Leben”.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß zwischen diesen Gegensätzen kein Ausgleich möglich ist. Wir sehen, daß sich die Annahmen von der Materie und die Wahrheiten über Geist gegenseitig ausschließen, daß wir also die einen in dem Maße aus unserem Bewußtsein vertreiben, wie wir die anderen darin beherbergen. Und wir befolgen Jesu Beispiel nur, wenn wir sie gänzlich von einander trennen, indem wir an der Wahrheit der Wirklichkeit des Geistes festhalten und die Unwirklichkeit der Materie einsehen. Das ist allerdings manchmal keine leichte Aufgabe. Dann und wann wird in unserem Denken die Unterscheidungslinie unklar, und wenn uns nach wiederholten Versuchen, eine böse Annahme los zu werden, unsere Aufgabe nur noch schwieriger zu werden scheint, so tun wir gut, innezuhalten und zu prüfen, ob die Verzögerung nicht auf ein Bemühen des sterblichen Gemüts zurückzuführen ist, Übereinstimmung in diese unausgleichbaren Gegensätze zu bringen. Vielleicht haben wir nur oberflächliche Arbeit getan, sind nicht tief genug eingedrungen. Wenn wir es unterlassen, uns rückhaltlos der Führung des Geistes zu überlassen, dann werfen wir unser Netz auf die falsche Seite und werden wie einst die Jünger die ganze Nacht arbeiten und nichts fangen. Es ist bemerkenswert, daß Jesu Rat damals lautete: „Fahre hinaus auf die Tiefe” (Züricher Bibel).
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