Der Psalmist gibt dem Sehnen manches Menschenherzens Ausdruck, wenn er sagt: „O hätte ich Flügel wie eine Taube! Ich wollte hinfliegen, daß ich Ruhe fände” (Züricher Bibel). Diese Ruhe, nach der wir uns alle sehnen, ist die Ruhe, die aus vollkommen harmonischer Tätigkeit hervorgeht; wir müssen aber, wie der verlorene Sohn, bereit sein, uns von den Schmerzen und Freuden der Materie, von den falschen Tätigkeiten des Daseins, abzuwenden, ehe wir wirklich sagen können: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen”, dahin, wo allein wahre Tätigkeit und wahre Ruhe zu finden ist. Gesegnet sind in der Tat diejenigen, die diese Heimreise angetreten haben. Denn sie gehen, wenn der Weg auch lang ist, dennoch der Stadt entgegen, deren „Baumeister und Schöpfer Gott ist”, und in der nach den Worten des Johannes „der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei”.
Diejenigen, die sich so auf dem Wege zum Himmel befinden, würden gut daran tun, die Vögel zu beobachten, wie sie, beide Flügel ausgebreitet, im Herbst nach ihrem Winteraufenthalt im Süden fliegen und im Frühjahr ihren Weg nach dem Norden zurück finden. Wie freudig, frei und sicher ihr Flug doch ist! Der Verfasserin dieser Betrachtung kam, als sie sie über einen herrlichen blauen See fliegen sah, der Gedanke: Wie nötig sind doch beide Flügel! Bedenke, wie weit wohl der schnellste Vogel mit nur einem Flügel fliegen könnte, sei dieser eine auch noch so vollkommen! Dann wandte sich der Gedanke den Erdenkindern zu, die ihres Vaters Haus suchen. Wie freudig sollte auch eine solche Reise sein! Doch wie weit entfernt von Glück und Harmonie glauben wir sie manchmal zu finden! Wir sagen, wir haben uns so viel Mühe gegeben, sind so ausdauernd gewesen; doch wir haben vielleicht versucht, mit nur einem Flügel zu fliegen und haben vergessen, daß beide Flügel nötig sind, um ans Ziel zu gelangen.
Wenn wir zu dieser Notwendigkeit erwachen, finden wir manchmal, daß es Forschen, Erfahrung, Geduld und viel Liebe erfordert, uns selbst oder anderen zu helfen, den zweiten Flügel zu gebrauchen und dadurch die Sicherheit und das Gleichgewicht zum Vorwärtskommen zu erlangen. Unsere Führerin muß diese Notwendigkeit erkannt haben, als sie in Miscellaneous Writings (S. 267) sagte: „Der Vogel, dessen rechter Flügel zum Aufstieg strebt, während der linke Flügel abwärts schlägt, fällt zur Erde. Beide Flügel müssen für den Aufstieg in leichtere Lüfte beschwingt werden”. Auch Paulus, der so wunderbar vorrückte, sagt uns, daß die „Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken” sein müssen.
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