Der Verfasser des Buchs der Sprüche war von der Notwendigkeit des geistigen Vorbereitetseins so überzeugt, daß er in seiner berühmten Weisheitssammlung schrieb: „Die Vorbereitung des Herzens im Menschen und die Antwort der Zunge sind vom Herrn” (engl. Bibel). Die Vorbereitung, die nach seinem Erachten ihren rechtmäßigen Ausdruck durch die Zunge fand, kam offenbar von Gott. Da sie ihren Ursprung in dem unendlichen Geist hat, von dem unmöglich etwas Ungeistiges ausgehen kann, muß sie ihrer Beschaffenheit nach rein geistig sein. Diese Vorbereitung würde das Denken so vollständig vergeistigen, daß es die Zunge richtig regieren würde, die manchmal das „unbändige” Glied genannt und unumwunden für die Quelle vieler Schwierigkeiten gehalten wird, in die die Menschen anscheinend geraten.
Dieser Ausspruch des Weisen enthält für die Christlichen Wissenschafter eine wertvolle Lehre. Die geistige Vorbereitung ist die einzige Versicherung gegen die widrigen Umstände, die die menschliche Erfahrung so vollständig zu umgeben scheinen. Doch kein widriges Geschick gibt uns jedem ungünstigen Winde preis, um von ihm hinund hergeworfen zu werden. Wir können unsern Lauf bestimmen und ihn verfolgen, wenn wir uns unter Anwendung der vorhandenen Mittel richtig vorbereiten. Es scheint jedoch, daß die Sterblichen zu oft den Lohn der Geistigkeit ernten möchten, ohne die Schritte zu tun, durch die man sie gewinnt. Das Verlangen, an der Materialität mit ihren tückischen Lockungen festzuhalten, kämpft manchmal gegen die sorgfältige tägliche Vorbereitung, die unserem Denken die rechte Richtung geben und die Erfahrung eines harmonischen und erfolgreichen Tages sichern würde.
Viele Vorwände können sich geltend machen, um uns von der notwendigen Vorbereitung abzuhalten,— einer Vorbereitung die uns befähigt, den Anforderungen des Tages mit frohem Mute gerecht zu werden. Eine Stunde mehr Schlaf, viele häusliche Pflichten, dringende Bitten um Hilfe von seiten unserer Hausgenossen, das Verlangen nach Erholung und Zerstreuung, die Liebe zur Morgenzeitung,— alle diese Versuchungen erheben ihre lärmende Stimme, um uns abzuhalten, das zu tun, was wir tun sollten, um die an uns herantretenden Aufgaben richtig auszuführen und den Lebenslagen wissenschaftlich zu begegnen, indem wir Gott in allem unserem Tun verherrlichen. Die Vorwände des Irrtums sind zahlreich und überzeugend, d. h. vom Standpunkt des Irrtums aus; doch vom Standpunkt des göttlichen Prinzips aus gesehen, sind sie ohne Einfluß in der Wage mit der geistigen Wirklichkeit.
Sollte der Irrtum behaupten, der Wunsch, unser Denken für den Tag vorzubereiten, sei rein selbstsüchtig, indem man nur das eigene Wohlergehen, das Erlangen eines harmonischen Zustandes für sich selbst ohne Rücksicht auf andere im Auge habe, so könnte man erwidern, daß der beste Dienst, den man einem einzelnen oder allen Menschen je erweisen kann, der sei, daß man den Christus, die Wahrheit, durch rechtes Denken und rechtes Handeln dartut. Was nützt es, wenn man dem vorwiegenden falschen Gedanken der Welt das eigene falsche Denken noch hinzufügt? Hilft es der Menschheit den Berg der Erlösung besteigen? Offenbar nicht! Doch jeder wahre Gedanke, der erwogen und in rechtem Leben betätigt wird, ist von unübersehbarem Einfluß auf die Berichtigung der falschen Wege der Menschen.
Wie herrlich legte Mrs. Eddy die Wirkungen des rechten Denkens dar! „Die geistige Kraft eines wissenschaftlichen, rechten Gedankens ohne unmittelbare Absicht, ohne ein gesprochenes oder sogar ohne ein mentales Argument hat oft eingewurzelte Krankheiten geheilt”, erklärt sie in Rudimental Divine Science (S. 9). Was für eine wunderbare Erklärung! Wieviel hängt also nach der Ansicht unserer Führerin vom wissenschaftlichen, rechten Denken ab,— dem Denken, das das Ergebnis des Gebets und der Heiligung ist, worin unsere Vorbereitung des Denkens besteht! Der erhabene Apostel der Heiden forderte die Christen zu Ephesus dringend auf, „den Harnisch Gottes anzuziehen”, um sich vorzubereiten, den scheinbaren listigen Anläufen des Teufels entgegenzutreten, und er fügte besonders hinzu: „an den Beinen gestiefelt mit der Vorbereitung des Friedensevangeliums” (engl. Bibel).
Paulus sah die „Vorbereitung des Friedensevangeliums” als Teil des unerläßlichen Anlegens des Harnisches Gottes an. Denn eine solche Vorbereitung konnte nichts Geringeres sein als das Erlangen des geistigen Verständnisses, wodurch die Tatsachen der unendlichen Gegenwart und Güte Gottes offenbar werden, indem es die Unwirklichkeit des Bösen enthüllt. Könnte es einer Beteuerung des Bösen, daß es wirklich sei und Macht habe, gelingen, einen Eingriff in einen Bewußtseinszustand zu machen, der so vollständig wie derjenige Christi Jesu von der Allmacht Gottes und Seiner Anwendbarkeit auf die Zerstörung der Irrtumsansprüche überzeugt ist? Nicht im geringsten. Ist es dann für uns als kämpfende Christen, die sich nach den Worten der Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 450) „in den Dienst der Verminderung des Bösen, der Krankheit und des Todes gestellt” haben, nicht sowohl ein Vorrecht als auch eine unumgängliche Pflicht, uns durch geistige Erhebung so gründlich vorzubereiten, daß wir fähig sind, den uns begegnenden Irrtumsansprüchen, welcher Art sie auch sein mögen, schnell und wirksam entgegenzutreten?
In diese Vorbereitung darf kein Element von Haß, Groll, Eigenwillen oder Selbstgerechtigkeit kommen. In der Demut eines kleinen Kindes, und in der vollen Erkenntnis, daß die göttliche Liebe die einzige Macht ist, machen wir unsere Vorbereitung, und freudigen Herzens erwarten wir den Lohn, der genau im Verhältnis zu unseren Anstrengungen steht. Unendlich segnet Gott alle, die Ihn „im Geist und in der Wahrheit” suchen; doch der Segen steht im Verhältnis zum Suchen. Angemessene Vorbereitung sichert den Erfolg des wahren Suchers.
