In der Christlichen Wissenschaft werden wir ermahnt, das Bestehen der Sünde, der Krankheit und des Todes stets zu verneinen. Auf Seite 242 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy finden wir folgende Stelle: „Das Leugnen der Ansprüche der Materie ist ein großer Schritt zu den Freuden des Geistes hin, zur Freiheit des Menschen und zum schließlichen Sieg über den Körper”. Ehe wir die Ansprüche der Materie mit Verständnis verneinen können, müssen wir jedoch, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die Allheit Gottes—des Geistes, des Gemüts—verstehen. Wir können zum Beispiel die Behauptung, zweimal zwei sei fünf, erst dann verneinen, wenn wir wissen, daß zweimal zwei vier ist. Die Wahrheit, daß zweimal zwei vier ist, wird also zur Verneinung der irrigen Annahme, daß zweimal zwei fünf sei.
Die Heilige Schrift sagt: „Der Herr Gott ist oben im Himmel ... und keiner mehr”; und von diesem geistigen Standpunkt aus können wir die Wirklichkeit der Ansprüche alles Bösen, einschließlich der Sünde, der Krankheit und des Todes, verneinen. Wie oft hören wir jemand einen Unfall in allen Einzelheiten erzählen und die Beschreibung mit den Worten enden: „Ich habe natürlich alles verneint”. Ja, es mag ein Verneinen mit den Lippen gewesen sein, aber das wahre Verneinen muß aus dem Verständnis kommen. Dürfte nicht die Tatsache, daß wir erzählen, was wir mittels der körperlichen Sinne wahrgenommen haben, zeigen, daß wir es nicht wissenschaftlich verneint sondern das materielle Sinnenzeugnis angenommen haben? Wenn wir mit der Wahrheit des Seins verneint haben, was die sogenannten materiellen Sinne uns darbieten, dann ist die Schwierigkeit, so weit wir selbst in Betracht kommen, gelöst, und wir tragen viel dazu bei, dem, der sich in Not befindet, zu helfen.
Nach einem Wörterbuch bedeutet das Wort „verneinen” etwas „als unwahr oder nicht vorhanden erklären”. Ist es nicht widersinnig, zu sagen, wir haben etwas verneint, und dann darüber zu sprechen, als ob es vorhanden und wirklich sei? In Wissenschaft und Gesundheit (S. 153, 154) sagt unsere Führerin: „Weder Mitgefühl noch Geselligkeit sollten uns jemals in Versuchung führen, den Irrtum in irgend einer Form zu pflegen, und ganz gewiß sollten wir nicht der Fürsprecher des Irrtums sein”. Wir wollen uns also bemühen, dieser Regel gemäß zu leben, indem wir uns allezeit die geistige Tatsache von Gottes Allheit vor Augen halten. Wenn wir jemand gegen die Ansprüche des Bösen in irgend einer Verkleidung kämpfen sehen, sollten wir unser Bewußtsein gegenüber dem einschläfernden Einfluß des materiellen Sinnenzeugnisses so klar erhalten, daß wir frei von der Versuchung sind, es anzunehmen, und daß wir treu und ehrlich von dem Verneinen Gebrauch machen, wie es uns Jesus gebot, und wie es uns Mrs. Eddy gezeigt hat. Je bewußter wir uns der Allheit des Guten werden, desto wirksamer ist das Wort der Verneinung; denn gerade dieses Bewußtsein ist, da es das Göttliche widerspiegelt, in sich selbst eine Verneinung der Ansprüche des Bösen.
Manchmal hören wir auch andere sagen: „Ich erzähle es dir, weil ich weiß, daß du es verneinen wirst”. Warum einem andern mehr Arbeit verursachen, als er bereits hat? Ist es nicht, als ob wir sagten: Ich baue dieses Haus, wünsche aber, daß du es gleich wieder niederreißest? Der Irrtum hat nicht mehr Wirklichkeit, als unser Glaube ihm beimißt. Wir müssen seine Wirklichkeit im eigenen Bewußtsein verneinen; doch dies geschieht nicht dadurch, daß wir anderen eine Erfahrung erzählen, um sie von ihnen verneinen zu lassen. Weist ein derartiges Vorgehen nicht klar auf das Vorhandensein eines Mangels an geistigem Verständnis hin, und läßt es nicht erkennen, daß man den Irrtum annimmt? Wieviel nützlicher wäre es, von der Grundlage aus zu folgern, daß Gott, das Gute, die einzige Ursache ist, und so zum richtigen Schluß zu gelangen! Dann bliebe von dem Problem nichts übrig, worüber man sprechen könnte; und alles wäre harmonisch.
Jesus war in allen Punkten so ehrlich gegen sich selbst und so aufrichtig im Dienste Gottes tätig, rechtes Denken widerspiegelnd, daß sein ganzes Leben ein Verneinen der Ansprüche des Bösen und ein Bejahen der Macht und Gegenwart des Lebens, der Wahrheit und der Liebe war. Er bewies, daß es in der Materie keine Selbstheit gibt, und daß sein „Leben ... verborgen mit Christo in Gott” war.
Auf unserer gegenwärtigen Stufe der Entfaltung ist es wohl nötig, daß wir uns wahrhafter Erklärungen bedienen, um unsern Blick zu klären; aber durch das feste, ruhige, ausdauernde Bemühen, uns die Allheit des Guten zu vergegenwärtigen, werden auch wir uns zu jener geistigen Höhe erheben, wo unsere bloße Gegenwart die scheinbare Wirklichkeit der Materie, der Sünde, der Krankheit und des Todes Lügen strafen wird. Die heilende Macht der göttlichen Liebe muß schließlich überall dargetan werden; wir müssen die herrliche Freiheit des geistigen Seins erlangen und den „schließlichen Sieg über den Körper” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 242) davontragen. Darum laßt uns nach dem vollständigen und richtigen Verneinen streben.
