Der Lehrer in einer christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule lernt durch das Forschen im Kirchenhandbuch verstehen, daß das christlich-wissenschaftliche Lehren sich auf das Sittengesetz, wie es in den zehn Geboten dargelegt ist, und auf die vollere Gesetzesoffenbarung gründet, die Christus Jesus in den Seligpreisungen und im Gebet des Herrn (siehe S. 62, 63) offenbarte. Obwohl diese Offenbarungen des wissenschaftlichen Christentums die „ersten Lektionen” darstellen, finden wir, daß sie durch die ganze Sonntagsschule hindurch, von den untersten bis zu den obersten Klassen, die Grundlage des Unterrichts sind. Je mehr wir selbst Fortschritte machen, desto klarer sehen wir ein, daß das Verstehen und Befolgen dieser Gebote Gottes die Grundlage allen geistigen Fortschritts ist.
In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 62) sagt Mrs. Eddy: „Die ganze Erziehung der Kinder sollte derart sein, daß sie den Gehorsam gegen das moralische und geistige Gesetz zur Gewohnheit macht, wodurch das Kind der Annahme von sogenannten physischen Gesetzen, einer Annahme, die Krankheit großzieht, entgegentreten und sie meistern kann”. Jesus legte dieses „moralische und geistige Gesetz” für alle Zeiten dar, als er sagte: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte. ... Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst. In diesen zwei Geboten hanget das ganze Gesetz und die Propheten”. Alle Sünde und alles Leiden geht aus dem Ungehorsam irgend welcher Art gegen diese großen Gebote Gottes hervor.
Die Kinder Israel nannten ihren Gott „der Herr unsre Gerechtigkeit”; und wir sollten bei unserem Lehren versuchen, die Liebe zur Gerechtigkeit zu erwecken. In The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany (S. 273) sagt Mrs. Eddy: „Dieser durch Erfahrung und Weisheit erworbene Gerechtigkeitssinn sollte der Jugend und dem Mannesalter frühzeitig dargeboten werden, damit die Menschen im voraus gewarnt und gewappnet werden”. Gehorsam gegen diesen „Gerechtigkeitssinn” und gegen das „moralische und geistige Gesetz” hat die sittliche Kultur der Menschheit gefördert. Der Niedergang gewisser Kulturen war die Folge der Tatsache, daß ihr materieller und verstandesmäßiger Fortschritt ihrer Geistigkeit voraus war. Ein Volk, das sittliche und geistige Werte an erste Stelle setzt, läuft nicht Gefahr, zugrunde zu gehen.
Heutzutage wird bei der Erziehung viel für die Bildung getan. Jung und alt werden zahllose Gelegenheiten geboten, um die Liebe zum Schönen zu pflegen; und viele dieser Bestrebungen sind zweifellos hilfreich. Es ist jedoch gut, eingedenk zu sein, daß die künstlerische Bildung aller Zeiten den Lahmen vor des Tempels Tür, die da heißt „die schöne”, nicht hätte heilen können. Petrus aber gebot ihm: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf und wandle”. Petrus, der ungelehrte Fischer, verstand das geistige Gesetz, das sein Meister geoffenbart hatte, in solchem Maße, daß er das mutmaßliche körperliche Krankheitsgesetz überwinden konnte.
Es ist gut, daß die Kinder verstehen lernen, daß diese Gebote immer wahr waren,— daß einen Gott haben und seinen Nächsten wie sich selbst lieben immer genau so ein Gesetz war, wie zweimal zwei immer vier war. Es ist gut, unseren jungen Leuten klar zu machen, daß die menschengemachten Gesetze, die Sitten und die Gebräuche sich ändern können, daß aber das „moralische und geistige Gesetz” sich „gestern und heute und ... auch in Ewigkeit” gleichbleibt.
Das Verständnis von Gott als dem göttlichen Prinzip hilft dem Kinde verstehen, daß es nicht Personen sondern Gott und Seinem Gesetz gehorchen lernt. Es lernt verstehen, daß die Forderung: „Dies ist der Weg; den gehet” keine von Personen, Eltern oder Lehrern, willkürlich aufgestellte Regel sondern das Gesetz Gottes ist, dem alle, Eltern und Kinder, Lehrer und Schüler, gleicherweise gehorchen lernen sollten. Ein Volk, das sich zu sehr persönlicher Herrschaft unterwirft, kann sich als Bedrohung des Fortschritts der Menschheit erweisen; aber ein Volk, das Gehorsam gegen das Prinzip lernt, wird Bürger haben, die selbständig denken können und sich einer autokratischen Mißherrschaft wohl schwerlich unterwerfen werden.
Mit dem hartnäckigen Widerstand des sogenannten menschlichen Gemüts gegen das geistige Gesetz haben wir es bei unserem Lehren anscheinend zu tun. Im allgemeinen widersetzt sich niemand mehr den Wahrheiten der Mathematik. Ohne zu fragen, nehmen die Menschen die Tatsache an, daß zwei und zwei unwandelbar vier ist; ja, sie glauben unbedingt daran. Das menschliche Wesen dagegen beansprucht, sich der Forderung des geistigen Gesetzes zu widersetzen, weil das menschliche Gemüt ein Götzendiener ist. Besser als jede andere Philosophie oder jede andere Sittenlehre helfen uns hier die Lehren der Christlichen Wissenschaft. Die Christliche Wissenschaft enthüllt den Menschen als das Bild und Gleichnis Gottes, des ewigen Gesetzgebers; und der wirkliche Mensch ist immer willig und gehorsam. Weil wir diese Zuversicht haben, können wir den Kindern in der Sonntagsschule die Schönheit des Gehorsams entfalten,— können wir ihren Gedanken dazu erwecken, diese Gesetze, die in Wirklichkeit die Gesetze ihres Seins sind, zu verstehen und zu befolgen.
Wir sollten bei unserem Lehren den Pfad des Gehorsams als einen begehrenswerten darstellen, indem wir den Kindern einen Begriff von Gott als der zärtlichen Liebe mit ihrer unwiderstehlichen Anziehungskraft geben,— der Liebe, die erklärt: „Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte”. Wir müssen bestrebt sein, ihnen Güte als das Schönste in der Welt darzustellen; wir müssen ihnen das „moralische und geistige Gesetz” in seiner ganzen leuchtenden Schönheit entfalten. Wir dürfen diese sittliche Schönheit nicht streng und farblos erscheinen lassen, sondern als vom Herrn,— als den „heiligen Schmuck”. Wir wollen durch die Seligpreisungen die Schönheit des Glaubens und der Sanftmut, die Schönheit der Demut, des Friedens und der Reinheit, der Barmherzigkeit und der Kindlichkeit entfalten. Das Kind kann diese geistigen Eigenschaften aus dem Leben der großen Charaktere in der Bibel erkennen lernen, und es wird ihnen in dem Maße, wie sich ihm die Schönheit des Lebens dieser Charaktere entfaltet, nachzueifern suchen.
Gerade in der Sonntagsschule selbst gibt es viele Gelegenheiten, gegen diese Gesetze gehorsam zu sein. In sanftmütiger Höflichkeit gegen einander und gegen ihre Lehrer, in willigem Gehorsam gegen die Ordnung der Sonntagsschule können die Kinder ihr Verständnis des geistigen Gesetzes dartun. In dieser Weise können sie dadurch, daß sie das Selbst dem Guten der ganzen Gruppe, zu der sie gehören, unterordnen, einen Lichtblick von der großen Brüderschaft des Menschen gewinnen. Sie müssen die Sonntagsschule als Teil der Kirche, als Teil der christlich-wissenschaftlichen Bewegung, ansehen und ihre Verantwortlichkeit als Teil dieses großen Ganzen erkennen. Sie müssen ihre Pflicht während der Dauer des stillen Gebets erkennen, damit die Gebete in der Sonntagsschule die Kranken und die Leidtragenden heilen. In dieser Weise werden sie in gewissem Maße das Glück gewinnen, das kommt, wenn man dem Gedanken gegen das Göttliche, gegen den „heiligen Schmuck”, den Gehorsam verleiht, den der Psalmist mit den Worten zum Ausdruck bringt: „Deinen Willen, mein Gott, tue ich gerne, und dein Gesetz habe ich in meinem Herzen”.
 
    
