Wo auch immer die Bibel von den Kindern Israel erzählt, geschieht es fast ausschließlich mit Rücksicht auf ihren geistigen Fortschritt. Der biblische Bericht zeigt, daß jedesmal, wenn dieser geistige Fortschritt zu erschlaffen oder zum Stillstand zu kommen schien, nur ein Grund dafür vorlag, nämlich Abgötterei. Dies mußte natürlicherweise zu Knechtschaft und viel Leiden führen, so daß sich Israel in seiner äußersten Not an den wahren Gott um Befreiung zu wenden pflegte. Ehe jedoch die Bitte gewährt wurde, erging ein gewisses Gebot, nämlich: „Tut von euch die fremden Götter, so unter euch sind”. Den Kindern Israel wurde sehr klar zu verstehen gegeben, daß es unmöglich sei, durch göttliche Hilfe erlöst zu werden, solange sie ihre fremden Götter nicht aufgegeben und ihre Götzen nicht zerstört hätten. Man könnte fragen: Weshalb war es so notwendig, daß sie zuerst ihre fremden Götter von sich taten, ehe sie befreit werden konnten? Warum konnte Gott das Volk nicht befreien, ohne daß es seine Götzen von sich tat? Die einfache Antwort auf diese Fragen kann immer nur die sein, daß Abgötterei die wahre Auffassung von Gott im menschlichen Bewußtsein verdrängt, so daß die gerechten Forderungen Gottes, des Guten, zugunsten der Forderungen des materiellen Sinnes beiseite gesetzt werden.
Hier ist also das Wesen der Abgötterei aufgedeckt; denn ist Abgötterei nicht einfach die Forderung des materiellen Sinnes, daß wir die Materie an Stelle des Geistes setzen? Schließt diese Forderung, wenn sie erfüllt ist, nicht die Anbetung des Geistes aus, und neigt sie nicht dazu, den Götzendiener mental unfähig zu machen, das Verständnis von Gott zu empfangen? Wenn der materielle Sinn nicht vom geistigen Verständnis gezügelt wird, gerät er immer in irgend eine Form der Abgötterei, d.h. der Vertauschung. Ist es also nicht nötig, das sogenannte sterbliche Gemüt und seine Wünsche von einem geistigen Gesichtspunkte aus zu prüfen, um gegen seine Neigung zur Abgötterei, die die Menschen stets in Knechtschaft führt, wachsam zu werden? „Das menschliche Gemüt”, sagt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 186, 187), „ist von Anbeginn ein Götzendiener gewesen, hat andre Götter gehabt und an mehr als das eine Gemüt geglaubt”. Diese durch die Christliche Wissenschaft enthüllte Tatsache ist für alle heimtückischen Formen des Irrtums des Altertums und der Neuzeit, mit andern Worten, für die Abgötterei, verantwortlich; sie zeigt, daß das sterbliche Gemüt beständig das Spiel der Vertauschung spielt, immer etwas anbietet, das ebenso gut sein soll wie das Wahre, handle es sich nun um ein Götzenbild wie bei den Kindern Israel des Altertums oder um einen verfälschten Ersatz der klaren Lehren der Christlichen Wissenschaft in unserer Zeit.
Die fremden Götter treten heute unter uns in vielen Formen auf, die von den Götzen der alten Zeit anscheinend verschieden sind, obgleich sie denselben Zweck der Täuschung verfolgen. Wenige unter ihnen sind so gefährlich und verdummen den Schüler der Christlichen Wissenschaft so sehr wie jene tückischen Götzen, die die Wahrheit dadurch entstellen, daß sie beanspruchen, etwas ganz Gleichwertiges oder ebenso Gutes wie die Christliche Wissenschaft zu haben,— etwas, was dem sterblichen Gemüt natürlich mehr zusagt, weil diese Nachahmungen keine selbstlose Liebe verlangen, obgleich diese eine grundlegende Forderung der Christlichen Wissenschaft ist. Auf diese Art kann der unbedachte Schüler eine Zeitlang den Weg verlieren oder sogar ganz vom Lager Israels, Der Mutter-Kirche der Christlichen Wissenschaft, getrennt werden und sich wenigstens vorübergehend in materielle Annahmen verlieren. Wenn Wölfe auf Beute ausgehen, trennen sie zuerst ihr Opfer von der Herde; dann ist es leicht, es zu fangen. Genau so verfährt das sterbliche Gemüt, wenn es den Buchstaben in einer Form darbietet, die der Christlichen Wissenschaft verwandt zu sein scheint, die aber nur ein Betrug ist, der sein unbedachtes Opfer von der Auffassung der Wahrheit trennt. Einige dieser Bücher, die die Christliche Wissenschaft verfälschen, enthalten zahlreiche Stellen aus den Werken der Mrs. Eddy. Doch dies sollte niemand täuschen; denn das Kirchenhandbuch verbietet jedes Verfahren dieser Art.
Ein altes römisches Sprichwort lautet: „Leicht ist der Abstieg zur Hölle”. Dies soll heißen, daß die für jeden wahren Fortschritt erforderliche beständige Wachsamkeit aufgegeben ist, wenn man begonnen hat, auf dem breiten, abwärts führenden Pfade zu wandeln, der zur Vernichtung führt. So verhält es sich mit der Literatur, die offenkundig versucht, die Christliche Wissenschaft leichter zu machen, indem sie keine Wachsamkeit, kein Leugnen des materiellen Selbst verlangt und dadurch den Schüler verleitet zu glauben, er brauche nur den Buchstaben anziehend zu erklären, um in die göttliche Harmonie einzugehen. So ist die Schrift, „der Buchstabe tötet”, erfüllt. Der Leser solcher Literatur wird zu wahrer mentaler Selbstverteidigung oder wahrer mentaler Arbeit jeder Art immer ungeeigneter. Er kann sogar zur gewohnheitsmäßigen Anwendung von Formeln geführt werden, wodurch sein Verständnis der göttlichen Wahrheit noch mehr verdunkelt wird.
Als unsere Führerin, Mary Baker Eddy, Die Mutter-Kirche gründete, setzte sie in ihr auch gewisse vorzügliche Tätigkeiten ein, durch deren Ausführung unser geistiges Wachstum gefördert werden soll. Eine dieser Tätigkeiten ist das Geben von Zeugnissen sowohl in unseren Mittwochabend-Versammlungen als auch in unseren Zeitschriften. In der Satzung über diesen Gegenstand (Kirchenhandbuch, S. 47) sagt Mrs. Eddy über das Geben eines Zeugnisses: „Es ist mehr als ein bloßes Aufzählen von Segnungen, es ersteigt den Gipfel des Lobes und veranschaulicht die Demonstration des Christus, der da ‚heilet alle deine Gebrechen‘ (Psalm 103, 3)”. Dies zeigt klar, wie hoch Mrs. Eddy diese Zeugnisse schätzte; es zeigt auch, daß wir sie nicht geringer schätzen sollten. Ehe sie in unsere Zeitschriften gedruckt werden, wird ihre Zuverlässigkeit mit besonderer Sorgfalt festgestellt. Die Zeugnisse haben daher in der geistigen Entfaltung des Forschers in der Christlichen Wissenschaft einen großen Wert und einen rechtmäßigen Platz.
Angenommen, es sei einem, der durch tatsächlichen Beweis nur wenig von der Christlichen Wissenschaft versteht, ein Roman geschenkt worden, der voll von spannenden Erzählungen über sogenannte Beweise der Christlichen Wissenschaft ist. Wie können ihn wahre Zeugnisse ansprechen, nachdem er mit erfundenen unterhalten oder übersättigt worden ist? Wird seine Achtung vor dem Wert eines wahren Zeugnisses nicht beeinträchtigt? Wenn Zeugnisse als geeigneter Stoff für Dichtung angesehen werden, was wird dann aus dem hohen Vorbild werden, das Mrs. Eddy uns vorhält? Doch Erdichtetes über sogenannte Ergebnisse der Anwendung der Christlichen Wissenschaft ist oft das erste Mittel, wodurch des Forschers Vision vom wahren Wert der Früchte der Christlichen Wissenschaft verdunkelt wird. Es bewirkt auch eine Abnahme und eine Lahmlegung seines Dankbarkeitsgefühls; und es macht ihn für jene anderen Bücher, die ihn noch weiter von der Wahrheit abführen, zugänglich. In dieser Weise wird er auf einen abwärts führenden Pfad gebracht, der ihn in Verwirrung bringt und ihn vom geistigen Verständnis ablenkt.
Der Forscher in der Christlichen Wissenschaft, besonders der Anfänger, hat immer ein großes Verlangen nach wahren Zeugnissen. Sollen wir „den Gipfel des Lobes” dadurch ersteigen, daß wir diesen Wahrheits-Suchern eine sogenannte christlich-wissenschaftliche Erzählung anbieten, die unterhaltend ist, aber kein wahres geistiges Verlangen erweckt und nicht gleich von vornherein jenen Hunger und Durst „nach der Gerechtigkeit” befriedigt, den die Wahrheit allein befriedigen kann? Wenn wir dies tun, können sowohl wir als auch diejenigen, denen wir diese Bücher anbieten, als solche erfunden werden, die von der Wahrheit abweichen, und können uns später wundern, weshalb wir den Christus nicht klar erschauen und unsere Beweise auszubleiben scheinen oder gar bestritten werden. Ja, es ist zweifelhaft, ob die Götzen des Altertums die wahre Auffassung von Gott im Denken Israels wirksamer verdrängten, als es durch verkehrte Erzählungen und nicht autorisierte Bücher über die Christliche Wissenschaft in unserer Zeit geschieht.
Um sicher zu sein, daß verfälschte Literatur auf den Forscher in der Christlichen Wissenschaft keine Macht ausüben kann, sollte man stets nur einer Sache eingedenk sein, nämlich, daß es nur eine göttliche oder Christliche Wissenschaft, nur eine Entdeckerin dieser Wissenschaft, nur eine göttliche Quelle dieser Wissenschaft gibt und geben kann. Laßt uns daher eingedenk sein, daß die wahre Auffassung von Gott, an der wir jetzt festhalten sollen, allein in der Wissenschaft zu finden ist,— in der Christlichen Wissenschaft, die in der Bibel und in den Werken der Mary Baker Eddy gelehrt ist. „Meine Bücher”, sagt Mrs. Eddy in The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany (S. 224), „legen die Christliche Wissenschaft richtig dar. Sie sprechen vielleicht diejenigen, die von dieser Wissenschaft nichts wissen, nicht so sehr an wie weniger genaue und daher weniger tiefgründige Bücher. Aber es ist gefährlich, diese als maßgebend anzunehmen”. Laßt uns alle Bücher der Mrs. Eddy lieben lernen und uns gründlich mit ihrem Inhalt vertraut machen; dann werden auch wir wie sie die Christliche Wissenschaft dartun lernen. Damit dieses wünschenswerte Ziel erreicht werde, hat sie nichts ungesagt und nichts ungetan gelassen. Das aufrichtige Forschen in der Bibel und in allen Werken der Mrs. Eddy wird unser Denken mit dem ihrigen in Einklang bringen, und Erfolg wird unsere Bemühungen krönen, so daß wir gleich ihr unverkennbar beweisen werden, daß wir in gewissem Maße „gesinnet” sind, „wie Jesus Christus auch war”.