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Wahres Beten

Aus der Januar 1926-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Apostel Jakobus bestätigte mit den Worten: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist”, eine Tatsache, die heute so wahr ist wie im ersten Jahrhundert. Die Geschichte der Ebräer lehrt uns, daß diese bei ihrem Streben nach der Wahrheit über Gott und den Menschen auch die rechte Kenntnis des wahren Betens suchten. Daß die Jünger, die bei Jesus waren, den Wert des wahren Betens erkannten, geht aus dem Evangelium des Lukas hervor, wo wir lesen, daß einer von ihnen in dem Augenblick, als Jesus ein Gebet beendigt hatte, zu ihm sagte: „Herr, lehre uns beten”. Die Jünger von heute, die sich Christliche Wissenschafter nennen, wiederholen dieses Verlangen nach der Kenntnis des wahren Betens. Dies geht aus ihrem Forschen in den christlich-wissenschaftlichen Lehrbüchern, der Bibel und den Werken der Mary Baker Eddy, hervor, ferner daraus, daß sie die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften beziehen und lesen, die christlich-wissenschaftlichen Gottesdienste besuchen und bestrebt sind, im Geiste der Christlichen Wissenschaft zu leben. Auf alle diese Arten forschen, streben und arbeiten sie, um besser verstehen zu lernen, wie man wahrhaft betet.

Ehe wir durch die Christliche Wissenschaft die rechte Kenntnis von Gott als unserem Vater-Mutter gewonnen hatten, beteten die meisten von uns entweder überhaupt nicht, oder sie gehörten zu den Christen, die Gott anflehten, Er möge tun, was Er nach unserer Meinung tun sollte. Obgleich nun ein solches Beten wenig wirkliche Befriedigung gewährte und wenig oder keine Erhörung fand, so wird es doch von denen, die sich Nachfolger des Meisters nennen, immer noch sehr viel angewandt. Ja, es gibt immer noch solche unter uns, die Gott anrufen, Er möge andere, besonders diejenigen, die ihnen — den Bittenden — mißfallen, strafen. Doch ein Gebet, das Gott anfleht, entweder denjenigen, mit denen man unzufrieden ist, zu schaden oder jemand auf Kosten eines andern zu segnen, kann gewiß kein wirksames Gebet sein, sei es auch noch so inbrünstig geäußert.

Ein herrliches Licht wurde auf die Frage des wahren Betens geworfen, als Mrs. Eddy schon auf der ersten Seite unseres Lehrbuchs, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, die geistig erleuchtete Erklärung gab: „Verlangen ist Gebet; und kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen, damit sie gemodelt und geläutert werden möchten, ehe sie in Worten und Taten Gestalt annehmen”. Ihre Worte beziehen sich auf das wahre Beten oder auf die rechte Art und Weise, sich an Gott um geistige Erleuchtung und Entfaltung zu wenden.

Die Heilige Schrift ist reich an Gebeten des Verlangens. Eines dieser Gebete ist z. B. das Gebet Salomos um Verleihung der Erkenntnis des Unterschieds zwischen gut und böse. Im dritten Kapitel des ersten Buchs der Könige lesen wir, daß Gott dem Salomo offenbarte, daß dafür, daß er nur nach Gerechtigkeit und Verständnis verlangte, nicht nur sein Gebet erhört, sondern er auch mit Reichtum und Ehre gesegnet werden würde. Salomo hat wohl geglaubt, Gott habe diese Gaben ihm besonders zugedacht; doch der Forscher von heute weiß, daß Salomos wahres Verlangen ihn in vollkommene Übereinstimmung mit Gottes immer gegenwärtigem Gesetz brachte. Durch die Christliche Wissenschaft lernen wir verstehen, daß dieses Gesetz immer wirkt und allen, die Gott lieben, stets zu Gebote steht. Es ist in Jesu oft angeführter Erklärung: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen” klar dargelegt.

Zu den vielen anderen in der Bibel stehenden Beispielen des Gebets rechten Verlangens gehören auch diejenigen in den Psalmen, wie z. B.: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, gewissen Geist”, und: „Laß dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor dir, Herr, mein Hort und mein Erlöser”. Doch das erhabenste Gebet des Verlangens, das je gesprochen wurde, ist wohl dasjenige, das Jesus, der große Beispielgeber, kurz vor seiner Kreuzigung betete: „Mein Vater, ist's nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille!” Ermutigend sprach unsere Führerin über das Bittgebet, als sie die in „Miscellaneous Writings” (S. 127) stehenden Worte niederschrieb: „Eins habe ich sehr gewünscht, und ich bitte nochmals ernstlich darum, nämlich, daß die Christlichen Wissenschafter hier und überall täglich für sich beten, nicht laut und nicht auf den Knieen, sondern im stillen, demütig und inbrünstig. Wenn ein hungerndes Herz den göttlichen Vater-Mutter Gott um Brot bittet, wird ihm nicht ein Stein sondern mehr Gnade, Gehorsam und Liebe zuteil”. Es ist offenbar, daß das Bittgebet oder das Verlangen nach geistigen Eigenschaften — das Gebet, daß Gottes Wille geschehen möge — das wahre Gebet ist. Ganz natürlich ergibt sich hieraus, daß man aufrichtig arbeiten und in Übereinstimmung mit seinem Verlangen leben muß.

Das Betätigen rechtschaffenen Verlangens ist ein weiterer geistiger Vorgang, den der Christliche Wissenschafter verstehen lernen und als Ergänzung zu seinem Verlangen, gut zu sein und Gutes zu tun, nutzbar machen muß. Dies ist das Gebet der Bejahung. Ohne das Verständnis der Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft und ohne deren Bekräftigung macht man wahrscheinlich nicht die Erfahrung, daß das Gebet, das „ernstlich” ist, „viel” vermag. Es sollte jedoch verstanden werden, daß nichts schwer Verständliches an dem bejahenden Gebet ist; doch seine Wichtigkeit darf nicht übersehen werden.

Nach einem Wörterbuch hat das Wort „bejahen” die Bedeutung von „bestimmt erklären oder behaupten; eine Erklärung abgeben und sie als wahr aufrecht erhalten”. Diese Begriffsbestimmung veranschaulicht, daß das bejahende Gebet dasjenige Gebet ist, das bejaht, behauptet oder erklärt, was über Gott und den Menschen wahr ist, und dann diese Behauptung als wahr aufrecht erhält, wie sehr auch der materielle Sinn das Gegenteil verfechten mag. Für den Forscher kann sich die Frage erheben: Ist die Bibel genügend maßgebend dafür, daß wir der Bejahung der Wahrheit eine solche Wichtigkeit beimessen? Die Antwort ist, daß Jesus das bejahende Gebet lehrte und betätigte; und es ist eine solche Überfülle von Gewähr dafür vorhanden, daß es sonderbar erscheint, daß es fast neunzehn Jahrhunderte nach der Gründung des Christentums der Christlichen Wissenschaft vorbehalten blieb, seine Notwendigkeit und Anwendbarkeit zu lehren.

Im Evangelium des Markus lesen wir, daß Jesus sagte: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr's empfangen werdet, so wird's euch werden”. Weymouth gibt dieser Stelle in seiner Bibelübersetzung folgenden Wortlaut: „Alles, was ihr euch in eurem Gebet erbittet, wird euer sein, wenn ihr glaubet, daß ihr's empfangen habt”. Dies berechtigt uns gewiß nicht, Gott zu unterweisen oder Ihn um Befriedigung unserer leiblichen Bedürfnisse anzuflehen. Es ist überaus bedeutungsvoll, daß der große Lehrer in der Bergpredigt sagte: „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr ihn bittet”, und dann, nach der Erzählung des Matthäus, unmittelbar darauf jenes vollkommene sowohl bittende als auch bejahende Gebet gab, das das Gebet des Herrn genannt wird.

Am Grabe des Lazarus war Jesus sehr bestimmt im Bejahen dessen, was er als geistig wahr kannte. Während der Körper seines Freundes noch im Grabe lag, sagte er: „Vater, ich danke dir, daß du mich erhöret hast”. Sein Gebet vermochte viel, denn Lazarus kam aus dem Grabe hervor. Im neunten Kapitel des Evangeliums des Matthäus lesen wir seine Bejahungen der Wahrheit bei einem andern Beweis der Kraft des geistigen Verständnisses, als er im Hause des Jairus erklärte: „Weichet! denn das Mägdlein ist nicht tot, sondern es schläft”. Wie ganz zu unserer Zeit passend klingt der Schlußsatz des Verses: „Und sie verlachten ihn”. Aber er bewies auch hier, daß der Spott des Ungläubigen die Erhörung des Gebets der Bejahung durch das Kundwerden des Willens Gottes nicht hindern kann.

Mrs. Eddy lehrte sehr klar, und der Forscher in der Christlichen Wissenschaft lernt dies bald verstehen, daß das bejahende Denken aufbauendes Denken ist und geistige und körperliche Heilung zur Folge hat. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 418) erklärt sie: „Wahrheit ist bejahend und verleiht Harmonie”. Dies lehrt uns erkennen, daß die Wahrheit über Gott und den Menschen durch das inständige und beharrliche Bejahen dieser Wahrheit in menschlichen Angelegenheiten wirksam wird. Es sollte jedoch verstanden werden, daß es nicht auf das bloße Wiederholen des Buchstabens ankommt, sondern daß die Harmonie, die dem Kinde Gottes gehört, offenbar wird, wenn sich diese Erklärungen erweisen als „des Gerechten ernstliches Gebet”‚ das ganz von dem Christus-Geiste durchdrungen ist.

So lernen die Jünger von heute durch die Christliche Wissenschaft „ohne Unterlaß beten”. Sie lernen „am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit trachten” und lernen verstehen, daß das Gebet des geistigen Bittens und Bejahens die Tür öffnet, die zum Verstehen und Beweisen der göttlichen Macht in menschlichen Angelegenheiten führt. Sie lernen verstehen, daß Jesus die Anwendung dieses Gebets lehrte und daß sie, da Jesus es gebrauchte, um die Kranken zu heilen und die Toten aufzuerwecken, dasselbe tun können und müssen. Sie lernen ferner verstehen, daß sie sich wie der große Beispielgeber durch das Verstehen des wahren Betens über jeden Einwand des sogenannten menschlichen oder sterblichen Gemüts erheben werden. Die Erforscher der Christlichen Wissenschaft müssen Schritt für Schritt nach der Gerechtigkeit trachten; sie müssen Gottes Allheit und die Tatsachen der geistigen Wirklichkeit suchen, bejahen, erklären und bekräftigen, bis jeder Glaube an das, was das göttliche Gemüt nicht geschaffen hat, und daher nicht kennt, aus dem Bewußtsein vertrieben ist.


Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit. Wider solche ist das Gesetz nicht. Welche aber Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden. So wir im Geist leben, so lasset uns auch im Geist wandeln.— Galater 5:22–25.

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