Es war während des Verkehrsgedränges der Morgenstunde. Kraftwagen eilten in beiden Richtungen dahin, Straßenbahnwagen, überfüllt von Menschen, die sich zum Geschäft begaben, kamen alle Augenblicke angefahren. Inmitten diese Gedränges die Straße überschreiten, schien unmöglich. Eine zur Schule sich begebende Gesellschaft kleiner Kinder stand am Straßenrande und wartete auf eine günstige Gelegenheit, um auf die andere Seite der Straße zu gehen. Die scheinbare Unmöglichkeit des Überschreitens schien sie nicht zu stören; geduldig blieben sie eine Weile an der Ecke stehen. Bald erschien ein Schutzmann, nahm das ihm am nächsten stehende kleine Mädchen bei der Hand und führte die Kinder sicher auf die andere Seite. Nachdem sie sich bei ihm bedankt hatten, gingen sie weiter. Ein solch kindliches Vertrauen und eine solch kindliche Zuversicht erklärte Jesus für unbedingt notwendig, um das Himmelreich, die Harmonie, zu erlangen. Er sagte: „Es sei denn, daß ihr euch umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen”.
Jesus kam als Vertreter des Gesetzes Gottes, des Gesetzes des allumfassenden Guten, der Liebe, der Wahrheit und des Lebens, des Gesetzes des göttlichen Prinzips. Daher sprach er „gewaltig”, und aus diesem Grunde sind seine Worte heute noch so wirksam wie zu der Zeit, als er an den Gestaden des Galiläischen Meeres wandelte. Jesus kam als Prediger und Beweisführer der Immergegenwärtigkeit Gottes. Er zeigte, daß der einzige Weg zu Gesundheit, Glück, Frieden und Erfolg, zur Aufrichtung des Himmelreichs auf Erden, das Erlangen jenes Bewußtseinszustandes ist, der „ewige Stille und Sicherheit” widerspiegelt. Dieser Bewußtseinszustand wird durch das Verständnis des wahren Wesens Gottes, des Menschen und des Weltalls erlangt.
Die Christliche Wissenschaft, wie sie von ihrer Entdeckerin und Gründerin Mary Baker Eddy geoffenbart ist, ist gekommen, um dieses Verständnis durch Erschließen der in der Bibel enthaltenen Schätze der Wahrheit aufzurichten. Sie ist nichts Neues, auch erhebt sie nicht den Anspruch, irgend etwas Neues zu schaffen. Im Gegenteil, die Christliche Wissenschaft bringt den Menschen dadurch Freude und Hoffnung, daß sie Gottes Schöpfung so offenbart, wie sie tatsächlich ist,—vollkommen, harmonisch und ewig—, und den Menschen als das Bild und Gleichnis Gottes.
Da Gott das unendlich Gute, allmächtig und allgegenwärtig, ist, so gibt es und kann es nur Gutes für Seine Kinder geben. In dem Maße, wie wir erkennen, daß das Gute die einzige Kraft und Wirklichkeit ist, halten wir unerschütterlich an der Tatsache fest, daß der Mensch nicht Person sondern Idee, das Gleichnis der göttlichen Liebe, ist, Herrschaft über die ganze Erde hat und Gesundheit widerspiegelt, gelangen wir hier und jetzt ins Himmelreich. In dieser Weise betätigen wir unsern Glauben, unser Vertrauen und unsere Gewißheit, daß Gott fähig und bereit ist, alle Seine Ideen zu führen, zu bewachen, zu erhalten und zu schützen.
Viele Leute gehen mit sich selbst seelisch uneins durch die Welt. Sie fragen sich, ob sie den rechten Platz oder die rechte Stellung einnehmen, ob sie in dieser oder jener Sache die rechte Entscheidung treffen,—ja, sie fragen sich, ob denn überhaupt etwas wirklich so wichtig sei, wie es scheine. Unwillkürlich erwarten sie eine Zusicherung, und um was Besseres könnte man bitten als um jene schöne biblische Ermahnung: „Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand; sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen”?
Jesus hatte diese Gewißheit der Immergegenwärtigkeit und Erreichbarkeit Gottes. Sie trat so sehr in Erscheinung, daß schon seine bloße Gegenwart denen, in deren Mitte er weilte, Frieden, Vertrauen und Zuversicht brachte. Die Frau, die zu ihm kam, um geheilt zu werden, mußte, daß sie, wenn sie nur den Saum seines Kleides berühren könnte, gesund werden würde, genau wie der Hauptmann, der zu ihm sagte: „Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund”. Die Bibel enthält manchen überzeugenden Beweis der Kraft, die höchster Überzeugung und Zuversicht innewohnt.
Es ist schon behauptet worden, eine wichtige Wahrheit könne den Menschen nicht dadurch eingeprägt werden, daß man sie nur einmal sage; sie müsse vielmehr auf unzählige Arten wiederholt werden. Wir finden, daß Jesus ein und denselben Hauptgedanken durch verschiedenerlei Gleichnisse veranschaulichte und seinen Zuhörern dadurch immer wieder zeigte, daß das Reich Gottes inwendig in uns ist, daß Sein Reich Freude und Seine Herrschaft Liebe ist. Gerade dies war die Grundlage seines Lehrens und Heilens, und er kannte die Notwendigkeit, diesen Hauptgedanken von jedem Gesichtspunkte aus einzuschärfen. So finden wir, daß er in seinen Gleichnissen Gott mit einem Hirten vergleicht, der sein verlorenes Schaf sucht, mit dem Vater, der sich über die Heimkehr seines verlorenen Sohnes freut, mit einem König, der seinen Schuldnern vergibt und sie ermahnt, ebenso zu vergeben. Aus alledem muß man daher den Schluß ziehen, daß Gott kein Gott des Zorns, kein strenger Richter und kein eitler König ist, der durch Schmeichelei und Bestechung zur Barmherzigkeit bewegt werden muß, sondern daß Gott der gütige, liebreiche und freudvolle Vater, der treue Freund und Gefährte ist.
Dieselbe Lehre erweckt heutzutage Tausende aus dem Glauben an die Wirklichkeit der Krankheit, der Sünde, das Leids, der Begrenzung, der Armut und der Furcht, indem sie durch das geistige Verständnis, das die Christliche Wissenschaft verleiht, in dem unbegrenzten Reichtum Gottes und Seiner unendlichen Hilfsmittel einen Glauben, eine Hoffnung, eine Zuversicht und eine Gewißheit von bleibender Dauer aufrichtet.
Wenn uns die Annahmen des sterblichen Gemüts mit solcher Scheinwirklichkeit entgegentreten, daß wir fast nicht wissen, welchen Weg wir einschlagen sollen, dann laßt uns genau so handeln wie die kleinen Kinder auf ihrem Wege zur Schule,—stillstehen und uns Gottes liebreicher und schützender Fürsorge bewußt sein. In dieser Weise werden wir sehen, wie sich der Weg klar vor uns auftut. Sind wir unversehrt durch etwas, was uns als große Anfechtung vorkam, hindurchgeführt worden, so laßt uns nicht vergessen, Ihm für Seinen Schutz und Seine Führung zu danken.
Die Christliche Wissenschaft ist wahrhaftig eine Botschaft der Hoffnung und der Freude, der Gewißheit, daß der Mensch fähig ist, jeden unharmonischen Zustand durch ein wahres, beweisbares Verständnis des Wesens und der Eigenschaft Gottes zu überwinden. Sie bringt ihre Botschaft und verkündigt wie einst die Engel den Prophetenhirten: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird”.
Was ist diese Verkündigung großer Freude anders als das Verständnis der Allmacht und Allgegenwart des Guten, der Unwirklichkeit und Ohnmacht des Bösen, der Sünde, der Krankheit und des Todes, das Verständnis, daß Gott das göttliche Gemüt ist, und daß das Gemüt unendlich, grenzenlos, unbeschränkt, unerschöpflich ist? Was für ein glorreiches Erbe unser Erbe doch ist, daß „wir nun Gottes Kinder sind”, daß alles Gute hier und jetzt gegenwärtig und in dem Verhältnis unser ist, wie wir es annehmen!
Die ganze Welt trachtet heutzutage nach der Gewißheit eines dauernden Friedens und ungestörter Ruhe, nach Befreiung von Krieg und Pestilenz. Dies wird in den eigenen Angelegenheiten eines Volkes und in denen der Völker untereinander nur insoweit verwirklicht, als jeder einzelne das Gute sein Denken beherrschen läßt. Der äußere Zustand ist immer die Kundwerdung unseres Denkens. Daher werden Friede und Harmonie nur verwirklicht, wenn wir sie inwendig in uns aufzurichten trachten. Die Sterblichen befinden sich in der Stellung oder Umgebung, für die sie sich im Bewußtsein zubereitet haben. Daher können wir Gesundheit, Glück, Frieden und Erfolg nur in Erfahrung bringen, wenn wir im Bewußtsein den dauernden Glauben an Gottes Kraft, jeden unharmonischen Zustand zu heilen, und das dauernde Vertrauen auf diese Kraft Gottes aufrichten.
Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuche, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”, schreibt Mrs. Eddy (S. 69): „Geistig verstehen, daß es nur einen Schöpfer gibt, Gott, entfaltet die ganze Schöpfung, bestätigt die Heilige Schrift und bringt die holde Gewißheit herbei, daß es keine Trennung, keinen Schmerz gibt, und daß der Mensch todlos und vollkommen und ewig ist”. Dieses geistige Verständnis, diese Botschaft der Freude, der Hoffnung und der Liebe bringt der Welt tatsächlich die Weissagung Jesajas: „Das Recht wird in der Wüste wohnen und Gerechtigkeit auf dem Acker hausen, und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit sein”.
