Wird einem zum erstenmal das Vorrecht verliehen, in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule zu lehren, so wendet man sich ganz von selbst an das Handbuch Der Mutter-Kirche, um zu wissen, welche Bestimmungen die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft Mary Baker Eddy für diese Arbeit getroffen hat; und auf Seite 127 des Handbuchs macht die „Ordnung der Übungen in der Sonntagsschule” durch die Forderung einheitlicher Handlung sofort einen tiefen Eindruck auf den Leser. Zuerst ein Lied — gemeinsam gesungen, dann der goldene Text — gemeinsam gesprochen, das abwechselnde Lesen — gemeinsam gelesen, das stille Gebet — gemeinsam dargebracht, das Gebet des Herrn — gemeinsam gesprochen,— dies alles, ehe sich jede Klasse für sich dem Handbuch gemäß mit der Lektion befaßt.
Diese Einheit in der Sonntagsschularbeit muß auch in den einzelnen Klassen, den tätigen und harmonisch verwandten Teilen der Sonntagsschule als Ganzes, zum Ausdruck kommen. Jede Klasse muß für sich eine Einheit bilden, ehe sie ein würdiger Teil der gesamten Sonntagsschule sein kann. Einer Lehrerin, die zum erstenmal die Arbeit in der Sonntagsschule aufnahm, kam diese Notwendigkeit der Einheit in der Klasse mit zwingender Überzeugung in dem Augenblick zum Bewußtsein, als der „Unterricht nach Klassen” begann und sie lauter fremden Kindern von Angesicht zu Angesicht begegnete. Als diese sich um den Tisch versammelten, erkannte sie, daß sich da nicht bloß mehrere Kinder und eine Lehrerin für eine gewisse Zeitspanne versammelt hatten, um nachher wieder auseinanderzugehen, sondern daß sich da Menschen zusammengefunden hatten, die sich mit der von Mrs. Eddy der Welt gebrachten wunderbaren Offenbarung gemeinsam befassen sollten. Die Lehrerin erkannte, daß sie zusammenarbeiten müßten, gerade wie die Besatzung eines Bootes zusammenrudert oder wie die Männer eines marschierenden Trupps gleichen Schritt halten, um ordnungsmäßig fortzuschreiten. Diesen gleich von Anfang an erkannten Gedanken beachtend, dauerte es nicht lange, bis diese Klasse eine der zuverlässigen Einheiten der Sonntagsschule war, zu der sie gehörte, und sie trug ihren Teil dazu bei, die Einheit der Pünktlichkeit, der Anwesenheit, der Teilnahme, des Lernens und des Zwecks aufrechtzuerhalten.
In jeder Arbeitsgemeinschaft sind Pünktlichkeit und regelmäßige Anwesenheit unumgängliche Anfangsgründe der Einheit. Am leichtesten gelingt es einem Lehrer, am Sonntagmorgen seine Schüler rechtzeitig an ihrem Platz zu finden, wenn er selber frühzeitig sich einfindet. Diese Regel gilt auch für regelmäßige Anwesenheit. Bleibt ein Lehrer wegen eines Wochenendgastes zu Hause, wie kann er sich dann wundern, wenn ein Kind wegen eines Ausflugs die Sonntagsschule versäumt? Ein Lehrer aber, der die Einflüsterungen, die ihn von seiner Klasse fernzuhalten suchen, zu meistern weiß, kann seinen Schülern zeigen, wie sie ähnlichen Versuchungen widerstehen und wachen und beten können, daß sie immer rechtzeitig an ihrem Platze sind. Sie können dazu erzogen werden, daß sie die Sonntagsschulstunde als eine festgesetzte Verbindlichkeit betrachten, die sich nicht leicht versäumen läßt, und sie können gelehrt werden, daß sie, wenn sie unbedingt nicht kommen können, sich bemühen können, es dem Lehrer mitzuteilen, wie sie es bei jedem anderen Versäumnis einer Verbindlichkeit tun würden.
Ist die Einheit der Pünktlichkeit und der Anwesenheit gesichert, dann kommt der Gedanke an die Einheit der Anteilnahme. Dadurch, daß man die Bedürfnisse und Aufgaben der Knaben und Mädchen erkennt und ihre Lösung durch klare Gedanken und lebhafte Veranschaulichung in der Lektion des Tages findet — auf diese oder andere Arten wird es dem Lehrer gelingen, die Anteilnahme jeder Klasse zu erwecken. Ein eifriger Lehrer schafft eine eifrige Klasse.
Über die Einheit des Lernens kann kein Zweifel herrschen; denn die Abschnitte 2 und 3 des Artikels XX des Handbuchs geben die einzuhaltende Reihenfolge an. Abschnitt 3 bestimmt, daß die Anfangslektionen aus den zehn Geboten, dem Gebet des Herrn und dessen geistiger Auslegung von Mary Baker Eddy und den Seligpreisungen aus der Bergpredigt bestehen, und daß die darauffolgenden Lektionen aus den Bibellektionen des christlich-wissenschaftlichen Vierteljahrshefts genommen werden. Abschnitt 2 hebt zwei andere Punkte hervor, nämlich daß die Kinder in der Schrift zu unterweisen sind, und daß „der Unterricht ihrem Verständnis angepaßt sein muß, sowie ihrer Fähigkeit, die einfachere Bedeutung des göttlichen Prinzips, das sie gelehrt werden, zu erfassen”.
Auf Seite 495 des Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” beantwortet Mrs. Eddy die Frage, wie man „am schnellsten im Verständnis der Christlichen Wissenschaft vorwärts komme”, mit den Worten: „Studiere den Buchstaben gründlich, und nimm den Geist in dich auf”. Indem wir daher die Christliche Wissenschaft in der Sonntagsschule lehren, können wir den Kindern gerade auf diese Art helfen. Und beim Lernen der Anfangslektionen hebt der Lehrer den Geist der Gebote, der Seligpreisungen und des Gebets des Herrn mit seiner geistigen Auslegung so hervor, daß er von der Klasse aufgenommen werden kann. Die älteren Klassen müssen beim Lernen aus den Bibellektionen des Vierteljahrshefts auch „den Buchstaben gründlich studieren und den Geist” jener Lektionen „in sich aufnehmen”. Die Erklärung, daß dieser Unterricht aus dem Vierteljahrsheft genommen werden könne, ist ein Hinweis, daß die Bibel, Wissenschaft und Gesundheit und das Vierteljahrsheft in der Klasse zu benützen sind. Wir erkennen also, daß die Klassen in jeder christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule in der ganzen Welt sich an demselben Tage mit derselben Lektion aus denselben Büchern befassen. Jede Klasse hat ihre eigene Unterrichtsweise, aber keine von ihnen wird von dem Gegenstande des Tages oder von der klaren, unverfälschten Christlichen Wissenschaft, die in ihrem Lehrbuch zu finden ist, abweichen. Die Einheit wird nicht angetastet.
Das Handbuch schreibt vor, daß diese Lektionen für die älteren Schüler aus Fragen und Antworten bestehen sollen. Dies schließt sofort die Möglichkeit aus, daß eine Klasse ihre Stunde in der Sonntagsschule mit bloßem Lesen der Lektion zubringe, wie es auch unmöglich macht, daß ein Lehrer unvorbereitet zu seiner Klasse kommt. Jeder Lehrer in einer christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule sollte soviel über die Christliche Wissenschaft wissen, daß er imstande ist, ohne besondere Vorbereitung eine Klasse eine Stunde lang zu unterrichten; aber jeder Lehrer, der gewohnheitsmäßig ohne fleißiges und verständiges Sichvertiefen zu seiner Klasse kommt, wird die Erfahrung machen, daß sich Trägheit der Kinder bemächtigen kann, und daß sie nach und nach mit der Vorbereitung und mit dem Lernen, das er von ihnen verlangt, versagen können. Ihre Anteilnahme wird nachlassen, sie werden nicht Schritt halten und manche werden nicht mitkommen. Der Lehrer muß bei seiner Vorbereitung nicht nur wissen, was für Fragen er stellen wird, um die Gedanken der Lektion hervorzuheben, sondern er muß auch bereit sein, die vielen an ihn gerichteten Fragen zu beantworten. Die Fragen der Kinder können zuweilen die Gedankenrichtung von dem Pfade ablenken, den der Lehrer vorgezeichnet hat. Doch selbst dann war seine Vorbereitung nicht umsonst; denn sie dient als Stab, um allzu weites Abirren zu verhindern und das Denken zu der Lektion, der eigentlichen Aufgabe des Tages, sanft zurückzuführen.
Wir erkennen, daß der Sonntagsschulbesuch nicht den Zweck hat, eine festgesetzte Lesestunde auszufüllen oder eine weitere zusammenhangslose Lektion an die Lektion der vorangegangenen Woche zu reihen, sondern wöchentlich im folgerichtigen und überzeugenden Eindringen in die Christliche Wissenschaft bestimmt fortzuschreiten. Nur durch ordnungsmäßiges, folgerichtiges, geistiges Entfalten der Wahrheit heben wir Sonntag für Sonntag die jungen Füße von einem Punkte des Verständnisses zu stets wachsender Höhe empor, ihren Tritt stärkend und während des Gehens ihren Schritt verlängernd.
Geben wir selber mit unserer gewissenhaften Vorbereitung unseren Klassen alles, was sie verstehen können? Sind wir immer bereit, den Hungrigen frische Nahrung zu verabreichen, oder geben wir uns manchmal damit zufrieden, daß wir nur trockenes Brot anbieten? Natürlich müssen wir einfach sein. Aber in der Wahrheit gibt es kein Alter, und Kinder haben die herrliche Fähigkeit, geistige Wahrheiten zu verstehen. Ist nicht jeder Lehrer zuweilen von Ehrfurcht ergriffen, wenn er erkennt, was für erhabene geistige Gedanken er seiner Klasse mitteilen kann, und dabei entdeckt, daß die Kinder fähig sind, sie zu erfassen?
Wenn es sich um das Lehren aus der Bibel handelt, entdeckt jeder Lehrer sofort, daß das Sichbefassen mit der Bibel in einer christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule etwas ganz anderes ist als in jeder andern Schule. Mrs. Eddy sagt, beim Eindringen in die Bibel sei ihre geistige Auslegung notwendig, und sie verweist auf die Erfahrungen Moses, Josuas, Elisas und Jesu, um die Kraft des Geistes zu beweisen. Die Bibel beginnt und endet mit der Geschichte der wahren Schöpfung. Im 1. Buch Mose lesen wir: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut”. In der Offenbarung schreibt Johannes über das Himmelreich: „Es wird nicht hineingehen irgend ein Gemeines und das da ... Lüge” tut.
Zwischen dem 1. Buch Mose und der Offenbarung kommt die lange Geschichte von der Ebbe und der Flut des sogenannten sterblichen Gemüts, die vielleicht als bloße hebräische Geschichte unwichtig ist, doch von großer Wichtigkeit, um Gott, den Geist, wie Er immer durch Seine Ideen wirkt, zu zeigen. Von der Zeit Abrahams bis zu dem geistigen Wiedererwachen zur Zeit Jesu gab es immer eine Hand, die rein und standhaft und mutig genug war, die Fackel des Verständnisses Gottes als des Geistes hochzuhalten und die Wahrheit von Geschlecht zu Geschlecht weiterzureichen. Als nach Jesu herrlichen Jahren auf Erden die Fackel wieder getrübt schien, hat sie ein Wiklif, ein Hus oder ein Luther wieder entfacht, bis sie in unserer Zeit Mrs. Eddy mit reinem, lebendigem Feuer vom Himmel berührte. Das Licht und die Wärme dieser Fackel sind wieder bereit, die ganze Welt zu segnen. Mrs. Eddy hat uns von Abrahams erstem Schimmer vom Geiste zu diesem höheren Verständnis Gottes als des Vater-Mutter, des Prinzips, des Gemüts emporgeführt, und hat ihre Erkenntnis in Wissenschaft und Gesundheit niedergelegt. Dieses Buch und die Bibel sind unsere Lehrbücher.
Befaßten wir uns bei unserem Eindringen in die Bibel mit diesem ununterbrochenen Fortschritt der geistigen Idee von der Zeit Abrahams bis zu unserer Zeit, anstatt mit dem Lehren bloß zusammenhangsloser Geschichten über die großen Männer und Frauen der Bibel, so würden die Kinder sehen, daß wir in der Tat die Erben des Bundes Gottes mit Abraham und des gelobten Landes sind, was eine geistige Gabe — das Himmelreich — und nicht bloß ein Landstreifen zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan war. Die Geschichten von dem Mut und der Sanftmut, von der Freigebigkeit und der Selbstlosigkeit dieser Männer und Frauen, die die Fackel die Zeitalter hindurch weiterreichten, verlieren nichts von ihrer Anziehungskraft und ihrem Wert, wenn sie dazu dienen, diese Linie geistigen Fortschritts zu erleuchten und zu veranschaulichen. Und die Kinder werden sicher eine klarere Vorstellung von der Einheitlichkeit der Bibel bekommen, wenn sie nicht glauben, Joseph und Jesus seien Zeitgenossen gewesen, oder Petrus habe zur Zeit Davids gelebt.
Wenn wir schließlich zu der Einheit des Zwecks in der Sonntagsschule kommen, kann es nur einen Gedanken geben. Jeder Lehrer hat dasselbe Verlangen. Er wünscht, daß seine Schüler „den Buchstaben gründlich studieren und den Geist in sich aufnehmen”. Er wünscht, daß sie mit ihren Lehrbüchern wohl vertraut werden, daß sie jedes Buch der Bibel schnell aufschlagen können und wissen, was jedes enthält. Und mehr als das wünscht er, daß sie „den Geist in sich aufnehmen”. Er wünscht, daß sie jetzt anfangen, nach dem zu trachten, „das droben ist”; daß sie erkennen, daß das Verständnis der Christlichen Wissenschaft nach und nach erworben wird, und daß es beweisbar ist; daß sie die Größe unserer Sache erfassen, damit sie in natürlicher Weise von der Sonntagsschule zur christlich-wissenschaftlichen Kirche übergehen und bereit sind, ihren Teil zu der großen Bewegung beizutragen. Der Lehrer wünscht, daß die Schüler das liebreiche Verständnis des immer gegenwärtigen und immer allmächtigen Gottes als Liebe, Gemüt, Leben, Geist und des Menschen als der Widerspiegelung des Guten gewinnen, daß sie sich der Kraft des Christus, der Wahrheit, und der Unwirklichkeit des Bösen gewiß seien.
Ein Lehrer kann leicht ermessen, was die Schüler in seiner Klasse von dem Buchstaben lernen, wohl aber nicht, was sie geistig erwerben. Er kann jedoch sehen, wie ihr Verständnis sich erweitert, ihre Wesensart sich entfaltet, ihre göttlichen Eigenschaften zum Vorschein kommen und ihre Aufgaben zu Hause oder in der Schule durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft gelöst werden. Und wie er so „den alten Menschen” der wahren Idee Raum geben sieht, dankt er in Demut Gott und schreitet freudig und mutig vorwärts.
Nur durch Annehmen der Folgerichtigkeit und der Vernünftigkeit der Christlichen Wissenschaft — durch Entfaltung, nicht durch Zunahme — in Beweisen, die sie selber von der wirkenden Kraft der Christlichen Wissenschaft gewinnen, werden die älteren Mädchen und Knaben allmählich begreifen, was ihnen die Christliche Wissenschaft bedeutet, und erkennen, daß es an ihnen liegt, sie anzunehmen oder abzulehnen, daß sie sie nicht annehmen, weil sie die Religion ihrer Eltern ist, sondern weil sie sie erprobt und gefunden haben, daß sie wirksam ist.
Die Erkenntnis, daß sie die Christliche Wissenschaft selber erwählt haben, und daß sie ihnen nicht aufgezwungen worden ist, wird Knaben und Mädchen in der Sonntagsschule zu besseren Schülern in der Klasse, zu teilnahmsvolleren Zuhörern, zu eifrigeren Fragern machen. Sie sind dann auch ein Teil der großen Sache, die der vermeintlichen Macht des Bösen widersteht; und als Denker für die Welt und als Beweiser der großen Tatsachen Gottes fühlen sie ihre eigene persönliche Verantwortlichkeit. Wenn Knaben oder Mädchen dieses folgerichtige geistige Verständnis, die Überzeugung von ihrer persönlichen Verantwortung gegen die Wahrheit und von dem Wert, den die Christliche Wissenschaft im täglichen Leben und Lernen für sie hat, zur Schule oder zur Hochschule mit sich nehmen, werden sie ihre anwendbare Kenntnis davon nicht aus Achtlosigkeit oder des Spottes wegen aufgeben.
Die christlich-wissenschaftliche Sonntagsschule ist eines der großen Bollwerke der christlich-wissenschaftlichen Bewegung; ihre vollständige Einheit kann nicht verfehlen, die ganze Bewegung zu stärken. Daher muß der Lehrer, der Knaben und Mädchen gelehrt hat, Gott und den Menschen zu lieben, ihre Lehrbücher wertzuschätzen, selbständig zu denken, sich in jeder Notlage aus eigenem Antrieb an ihre Bücher und an ihr Verständnis der Christlichen Wissenschaft zu wenden, mit Überlegung über das zu sprechen, womit sie sich befassen,— der Lehrer, der dies getan hat, und der gesehen hat, wie seine Schüler an Schönheit und Stärke ihrer Wesensart beständig zunehmen, muß in einer durch das Öl seiner Hingebung entzündeten Dankbarkeit entflammen. Denn er hat nicht nur mehr von der im Handbuch geforderten Einheit seiner eigenen Sonntagsschule gebracht, sondern auch zu der Einheit der Idee der Sonntagsschule überall und somit zu der Einheit der ganzen Kirche — ja, sogar der ganzen Welt, beigetragen.
