Zu den vielen Segnungen, die die Christliche Wissenschaft jedem ernsten Wahrheitssucher bringt, gehört das Erkennen der Einheit rechten Wollens und rechten Vollbringens, des wahren Wollens, das die Kraft des Vollbringens in sich schließt. In seiner Bloßstellung der Einflüsterungen des sogenannten fleischlichen Sinnes in seinem Briefe an die Römer klagt der Apostel Paulus: „Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht”. Wohl viele Menschen, die die Liebe zum Guten in sich gefühlt, aber noch nicht gelernt haben, es zu tun, haben diese Klage wiederholt. Wieviele Bestrebungen auf allen Gebieten des menschlichen Lebens sind scheinbar erfolglos geblieben, und wie mancher hat sich den Trümmern seiner Hoffnungen gegenüber gesehen! Und doch lesen wir im Briefe an die Philipper: „Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen”. Aber warum wirkt Gott das Vollbringen nicht in jedem Falle? wird mancher fragen.
Die Christliche Wissenschaft beantwortet diese Frage, indem sie das geistige Gesetz jeder wirklichen Ursache und Wirkung erklärt. Sie zeigt uns, daß zum rechten Vollbringen des einzelnen zunächst das rechte Wollen gehört,— ein Wollen, das sich von dem, was die Allgemeinheit darunter versteht, und von der Grundlage und dem Wesen vieler unserer früheren Unternehmungen von Grund aus unterscheidet. Auf Seite 597 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” erklärt Mrs. Eddy den Begriff „Wille” in seiner höchsten metaphysischen Bedeutung als „die Macht und Weisheit Gottes”. Im Gegensatz hierzu erklärt sie in demselben Abschnitt den sogenannten menschlichen Willen als „die treibende Kraft des Irrtums; sterbliche Annahme; tierische Kraft”.
Wir müssen also wissen, ob wir bei unseren Aufgaben im täglichen Leben den Willen Gottes oder den falschen, sterblichen Willen walten lassen. Ist menschlicher Ehrgeiz der Antrieb zu unserer Arbeit, zu unseren Unternehmungen, ist Geldgewinn unser Ziel? Wollen wir im Wettbewerb siegen? Arbeiten wir, um später sorgenfrei in weltlicher Behaglichkeit leben zu können? Mit andern Worten, werden wir von rein weltlichen Zielen und Zwecken geleitet, und glauben wir, daß jedes weltliche Mittel und jeder weltliche Maßstab gut genug seien, sie zu erreichen? Können wir diese Fragen nicht mit einem entschiedenen „Nein” beantworten, dann sollten wir nicht, wie es so oft geschieht, Gott für unsere Erfolglosigkeit verantwortlich machen.
Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, daß wahrer Erfolg nicht weltlich, sondern geistig ist. Es ist das Recht und die Pflicht jedes Menschen, wahren Fortschritt, Erfolg und Wohlstand auszudrücken; aber das Mittel zur Erreichung dieses erstrebenswerten Ziels ist rein geistig. Es besteht in der Erkenntnis und in der Anwendung des göttlichen, nicht des menschlichen Willens, in der Anwendung der goldenen Regel, die der Meister in die bedeutungsvollen Worte kleidete: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch”. Gehorsam gegen dieses Gebot schließt jeden selbstsüchtigen Gedanken aus, und wir können es auf jeden Zustand anwenden.
Ferner können wir Zuversicht schöpfen aus der Mahnung des Apostels Paulus im 6. Kapitel des Briefs an die Epheser: „Lasset euch dünken, daß ihr dem Herrn dienet und nicht den Menschen, und wisset: Was ein jeglicher Gutes tun wird, das wird er von dem Herrn empfangen”. „Von dem Herrn empfangen”! Aber wie sollen wir von dem Herrn empfangen, wenn es so oft den Anschein hat, daß die Menschen, denen wir unsere Zeit, unsere Kraft, unser Wissen, unsere Ware zur Verfügung stellen, uns den verdienten Lohn und die Anerkennung unseres Erfolgs vorenthalten wollen? In manchen Fällen mag es scheinen, als ob unser Vollbringen trotz unseres rechten Wollens durch die mangelnde Würdigung seitens anderer vereitelt wird.
Aber auch hier bleibt uns die Christliche Wissenschaft die Antwort nicht schuldig. In „Unity of Good” (S. 17) schreibt Mrs. Eddy: „Emerson sagt, ‚Hänge deinen Wagen an einen Stern‘. Ich sage: Verbünde dich mit der göttlichen Kraft, so wird alles Gute dich auf deinem Wege fördern, wie die Sterne in ihren Bahnen wider Sisera stritten (Richter 5, 20)”. Sich „mit der göttlichen Kraft verbünden” heißt unter allen Umständen und in jeder Lebenslage keine andere Kraft, kein anderes Wirken anerkennen als das göttliche, das stets gut ist, und das unsere guten Beweggründe in sich selbst belohnt. Sobald wir erkannt haben, daß irriges, selbstsüchtiges Denken anderer uns nichts Gutes vorenthalten oder nehmen kann, wenn wir recht denken, werden wir umso gewisser das Wirken der göttlichen Gerechtigkeit und Macht in unserem Leben wahrnehmen. Göttliches Wollen ist geistiges Gesetz und schließt wahres Vollbringen so gewiß in sich wie das Samenkorn die Frucht. Was uns not tut, ist rechte Erwartung, Geduld und Erkenntnis. Was jeder einzelne Gutes widerspiegelt, empfängt er von dem Herrn, sogar schon ehe er die Früchte dieser Aussaat wahrer Gedanken bewußt erntet.
Sind wir dem Willen, der „Macht und Weisheit Gottes” gehorsam, so sind wir geistig damit ausgerüstet, und wir werden rechtes Vollbringen immer besser erkennen, bis es uns zur Gewißheit wird, daß die Widerspiegelung des Willens Gottes zu Fortschritt führen muß. Paulus erklärt in seinem Briefe an die Römer: „Das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christo Jesu, hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes”. Und in unserer Zeit erklärt unsere Führerin (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 254): „Du wirst den sichern Lohn rechten Denkens und Handelns, des Wachens und Betens ernten, und du wirst erkennen, daß der immer gegenwärtige Gott eine immer gegenwärtige Hilfe ist”.
