Im Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 567) schreibt Mrs. Eddy über die Engel Michael und Gabriel: „Diese Engel erlösen uns aus den Tiefen”. Wie getröstet, gestützt und beruhigt wir uns fühlen sollten in dem Bewußtsein, daß Seine Engel uns erlösen können und werden, so groß auch die scheinbaren Tiefen der Krankheit, des Leids oder der Sünde sein mögen!
Wir glauben dies vielleicht nicht im Ernste. Wir sind so sehr daran gewöhnt, daß wir uns als Menschen selber befreien können oder wenigstens sollten, daß es uns kaum möglich scheint, diese Anstrengungen aufzugeben und es den Engeln zu überlassen, uns aus unseren Notlagen herauszuheben. Diese Engel kommen zu uns mit einer jede menschliche Hilfe weit überragenden Liebe und Macht. Stellen wir uns vor, ein kleines Kind habe sich in ein Dickicht von Dornen und Disteln verirrt und sei bei seinem Versuche, sich zu befreien, immer tiefer hineingeraten. Wenn nun in unmittelbarer Nähe liebevolle Helfer bereit und fähig wären, alle Dornen und Disteln zu entfernen und das Kind liebevoll heimzuführen, wäre es dann nicht besser, wenn es sein Ringen aufgäbe und aufschaute, um zu erkennen, daß diese Liebenden an seiner Seite ihm bei dem, was ihm allein zu schwer schien, behilflich sein können?
Sind wir alle nicht wie die Kinder? Und kämpfen wir zuweilen nicht auf falsche Art? Gewiß muß eine richtige Anstrengung gemacht werden, da das Ringen mit einer Gewohnheitssünde läuternd wirkt, und es ist besser, mit der Versuchung zu ringen, als sich mit dem Irrtum zu vertragen; wir sollten aber nicht vergessen, daß wir nicht aus eigener Kraft kämpfen müssen. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie wir von unseren Schwierigkeiten erlöst werden können; und wenn wir dies nicht erleben, müssen wir suchen und erkennen lernen, was uns auf unserer Reise himmelwärts hindert.
Jedermann gibt gern zu, daß Leute, die sich auf materielle Verfahren verlassen, das aus geistigem Verständnis hervorgehende Heilen nicht verwirklichen können. Manche beginnen auch einzusehen, daß die Arbeit des christlich-wissenschaftlichen Ausübers nicht darin besteht, den Hilfesucher von einer Person abhängig zu machen, sondern ihn zu dem Brunnen des lebendigen Wassers zu führen, wo er selber aus dem Vollen schöpfen und geheilt und getröstet werden kann. Wenn wir dann weiter wandern und die liebliche Erfahrung machen, daß wir unsere Arbeit selber tun, stoßen wir vielleicht auf Schwierigkeiten und wundern uns wohl, warum unsere Erlösung so verzögert und der Weg so schwierig scheint. Zu solchen Zeiten müssen wir emporsteigen und mehr von den wunderbaren Dingen des Geistes lernen. Um dies zu vollbringen, kann es wohl sein, daß wir unsere menschlichen Anstrengungen, uns selber zu erretten, einschränken und uns Seiner Engel und der Notwendigkeit, uns ganz auf sie zu verlassen, erinnern müssen.
Ehe wir Gottes Engel beherbergen können, ist immer etwas Vorbereitung notwendig. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit (S. 242): „Das Leugnen der Ansprüche der Materie ist ein großer Schritt zu den Freuden des Geistes hin”. Wenn es von Jesus heißt: „Da traten die Engel zu ihm und dienten ihm”, so wissen wir, daß der Meister dies erlbte, nachdem er mit der Machtbefugnis des Sohnes Gottes gesagt hatte: „Hebe dich weg von mir, Satan!” So müssen seine Nachfolger, wenn sie auf die Freude der geistigen Erlösung vorbereitet sein wollen, der Verzagtheit, dem Schmerz, der Furcht, dem Leid oder dem Tode nicht nur einmal sondern oft gebieten: „Hebe dich weg!”
In unserem Lehrbuche finden wir die Erklärung unserer Führerin (S. 566, 567): „Das Kennzeichen Michaels ist geistige Stärke. Er führt die himmlischen Heerscharen gegen die Macht der Sünde, gegen den Satan, und kämpft die heiligen Kriege. Gabriel hat die friedlichere Aufgabe, ein Gefühl von der Immergegenwärtigkeit der dienenden Liebe mitzuteilen”. Vielleicht haben wir vergessen, daß ein starker und mächtiger Engel zwischen uns und allen vermeintlichen Mächten der Finsternis steht. Geistiger Verlaß befähigt uns, an den Gaben der Liebe — Gesundheit, Kraft und Freude — teilzunehmen. Der Engel Gabriel erinnert uns sortwährend an geistige Vollkommenheit und an die liebliche Gegenwart und Macht der Liebe. In solchen Zeiten geistiger Erleuchtung erfüllt uns ein solches Gefühl der Nähe Gottes, daß wir finden, daß wir nachgeben und über unsere eigenen Anstrengungen fast lachen, wenn eine solch hinreichende Hilfe unmittelbar neben uns ist. Wenn wir Gottes Hilfe willig annehmen, gestaltet sich unsere Arbeit viel leichter und freudiger. Jesu Vertrauen auf Gott ließ ihn sagen: „Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht”.
Jede einem Pilger in der Christlichen Wissenschaft widerfahrene Befreiung von Sünde und Leiden erweckt in ihm die Sehnsucht, anderen zum Erleben dieser geistigen Freude, die die Welt nicht kennt, zu verhelfen. Und in diesem Zusammenhang müssen wir ganz klar an die Engel denken. Unsere menschlichen Bemühungen, anderen zu helfen, können of erfolglos sein; aber die Engel Gottes versagen nie. Laßt uns diese Lieben Seiner Sorge anvertrauen und wissen, daß der Vater, der sowohl die Liebe als auch das Gemüt ist, Gedanken mitteilt, die wahrlich hinreichen, jedes Seiner Kinder zu erhalten und zu segnen. Wenn wir beiseite treten und unsere Besorgnis und Furcht um derer willen, die wir lieben, zurückweisen können, so daß das widergespiegelte Licht leuchtenden Gottvertrauens auf ihren Weg fallen kann, wird der Weg für sie und auch für uns leichter werden. Am Morgen ihres Erwachens zu der geistigen Wahrheit werden auch sie die Freude Seiner Erlösung kennen.
Was tat Daniel, der Diener Gottes, als er sich infolge der Bemühungen seiner Feinde in der Löwengrube befand? Er vergegenwärtigte sich, daß Gott alles lenkt. Den Glauben an das Tierische zurückweisend vertraute er auf Gottes Schutz und Befreiung. Als der König ihn fragte, ob der Gott, dem er ohne Unterlaß diene, ihn von den Löwen habe erretten können, rechnete es Daniel sich nicht als Ehre an. Er sagte: „Mein Gott hat seinen Engel gesandt, der den Löwen den Rachen zugehalten hat”.
Für uns mögen die „Löwen” Krankheit oder Sünde, Geschäftsschwierigkeiten oder eine unangenehme Umgebung zu sein scheinen; aber was für eine scheinbare Widerwärtigkeit uns auch umgeben möge, oder wie groß auch unsere Verzweiflung sei, laßt uns uns an unsern Gott wenden und dankbar und freudig die Hilfe Seiner Engel annehmen! Nachgeben wird dann an Stelle von müdem Kämpfen, Vertrauen und Verlaß an Stelle von bloßem menschlichem Bemühen treten, und wie ein kleines Kind werden wir die Hand unseres Vaters ergreifen und aus irrendem Glauben herausund in Seine ewige Harmonie hineingehoben werden.
