In zivilisierten Ländern hat es nie an Bemühungen gefehlt, das menschliche Dasein zu veredeln. Soweit die aufgezeichnete Geschichte zurückreicht, finden wir dieses Bemühen in gewissem Maße in menschlichen Einrichtungen, in den Familien und im einzelnen Menschen bekundet, und es ist zuweilen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln weitergeführt worden. Doch trotz alledem behaupten Not und Elend immer noch ihre Daseinsberechtigung. Auf Seite 344 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs, wo Mrs. Eddy über „verschiedene Verfahren, Krankheit zu behandeln” schreibt, erklärt sie: „Es gibt nur eins, das der ganzen Welt dargeboten werden sollte, und das ist die Christliche Wissenschaft, die Jesus predigte und ausübte, und die er uns als sein reiches Vermächtnis hinterließ”.
Im Evangelium des Lukas ist berichtet, daß Jesus bei Maria und Martha zu Gast war und zu Martha die bedeutungsvollen Worte sprach: „Eins aber ist not”. Dank der Christlichen Wissenschaft wissen wir, daß die Worte Jesu auf alle Menschen zu allen Zeiten anwendbar sind, und daß die ganze Welt in diesen Worten Heilung finden kann.
Martha machte sich, wie wir lesen, „viel Sorge und Mühe”. Sie erwartete, daß Jesus sie in ihren vermeintlichen Schwesterrechten unterstützen werde. Der große Meister kam ihrer Erwartung nicht nach, sondern ermahnte sie liebreich und verständnisvoll, an das Eine zu denken, das not tut, und ihre kleinlichen materiellen Sorgen zu vergessen. Diese Marthagesinnung in ihren unzähligen Formen stellt die sich sorgende und mühende Menschheit dar. Aus Unwissenheit über den eigentlichen Sinn und die Freiheit und die Freude des Lebens werden Sorge und Mühe noch heute mit dem Namen Pflicht beehrt, und das wahrhaft berechtigte Sehnen des Herzens nach „Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die da bleibt in das ewige Leben”, wird oft zurückgedrängt.
Maria saß zu Jesu Füßen und hörte seiner Rede zu. Sie hatte die heilige Bedeutung jener Stunde besser erfaßt als Martha. Und was auch ihre Sorge und Mühe gewesen sein mag, sie wollte sich kein Wort aus dem Munde ihres Gastes entgehen lassen. Diese rechte Wertschätzung trug ihr das Lob des Meisters ein: „Maria hat das gute Teil erwählet; das soll nicht von ihr genommen werden”. Diese Mariagesinnung kennzeichnet heute die Denkweise, in der der Christliche Wissenschafter den einzigen Weg erkennt, Erlösung für sich und für die ganze Menschheit zu erlangen. Nicht, daß er die Sorge der Martha für die leiblichen und zeitlichen Bedürfnisse unterschätzt; aber er erkennt, daß im Grunde nur eins not ist, und ist überzeugt von Jesu Zusicherung: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”.
Auf Seite 492 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mary Baker Eddy: „Um richtig folgern zu können, sollten wir nur eine Tatsache vor Augen haben, nämlich das geistige Dasein”. Als Ergebnis ihres Verständnisses bietet uns unsere Führerin hier „das gute Teil”, das Teil der Maria, das wir — im Gegensatz zur materiellen Daseinsauffassung — erwählen sollen. Warum? Weil sie wußte, daß das geistige Dasein, das „gute Teil”, ewig ist und, wie Jesus von Maria sagte, „nicht von ihr genommen werden soll”. Die herrliche Möglichkeit, „das gute Teil” zu erwählen, das nie von uns genommen werden kann, steht heute allen Menschen offen.
Hier, im praktischen Alltagsleben, stehen die Zwecklosigkeit des Mühens um das falsche materielle Dasein und der bleibende Wert rechten Erkennens des geistigen Daseins einander gegenüber. Diese rechte Erkenntnis bringt heute unzähligen Schülern der Christlichen Wissenschaft Heilung und befriedigt außerdem buchstäblich ihre täglichen Bedürfnisse.
Der begrenzte menschliche Sinn zeugt überall für Mangel, und die Welt hält dieses falsche Zeugnis für wahr. Aber der ernste Schüler der Christlichen Wissenschaft lauscht dankbar dem allgegenwärtigen Christus, der Wahrheit, wie einst Maria den Worten Jesu. Er hegt keine Furcht; denn sein geistiger Sinn versteht die Bedeutung der Mahnung Jesu: „Eins aber ist not”, und dieses Eine ist das wahre Verständnis des geistigen Daseins und seiner Macht, uns jetzt zu segnen.
