Der Durchschnittssterbliche mag sich für einen menschlichen Automaten halten und glauben, daß er sich seelisch und körperlich selber bewege und selber regiere,— mag sich oft wie ein Sklave irriger Regungen vorkommen. Von den Folgen dieser menschlichen Selbstüberhebung kann er nur dadurch befreit werden, daß er sich unter Gottes allweise geistige Regierung stellt.
Auf Seite 597 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” erklärt Mrs. Eddy „Wind” u.a. als „das, was die Macht der Allmacht andeutet, sowie die Bewegungen in Gottes geistiger Regierung, die alle Dinge umfaßt”. Als Naturerscheinung ist der Wind unverkennbar unbeschränkt, bewegungsfrei in jeder Richtung. Der Christliche Wissenschafter ist sich freudig und vertrauensvoll der wissenschaftlichen Tatsache bewußt, daß Gottes geistige Regierung durch keine Annahmen von Materie, Zeit oder Raum gehemmt ist. Er erhebt seine Gedanken zu Gottes vollkommener geistiger Schöpfung, wo Friede und Sicherheit unaufhörlich alle geistigen Ideen des göttlichen Gemüts umschließen und vereinigen. Er übt sich, seine vorherrschenden Gedanken und Wünsche vom göttlichen Prinzip leiten zu lassen, „alle Vernunft unter den Gehorsam Christi gefangen zu nehmen”. Er überlegt, ehe er handelt. Ihn lockt nur ein rechter Beweggrund, rechte Führung und rechte Leistung. In dem Maße, wie er sich seelisch und geistig von der Liebe und Weisheit des göttlichen Gemüts leiten läßt, bleibt er vor sündigen, unerquicklichen oder unchristlichen Handlungen bewahrt. Er lernt die Kunst des Vorbeugens, die noch höher steht als die Kunst des Heilens. Durch Hören und Achten auf die Weisung des göttlichen Gemüts entfaltet sich ihm sein Lebenswerk in ebenmäßiger Schönheit, und er wächst zu dem Maß der Aufgaben heran, die jeder Tag ihm stellt.
Selbstverständlich bilden Sünde, Kummer, Krankheit, Auflehnung, Krieg keinen Teil der „Bewegungen in Gottes geistiger Regierung”. Ebensowenig finden die sterblichen Annahmen Untätigkeit und Hemmung, die sich als Lähmung oder Armut geltend zu machen suchen, einen Vertreter im Menschen. Sie sind nur eingebildete Annahmen, die die Christliche Wissenschaft in dem Maße vernichtet, wie ein Mensch dem höchsten Grade seines Verständnisses entsprechend Gottes geistige Regierung gewissenhaft beweist. Ist der göttlich geleitete Denker versucht, an allerlei Irrtümer in seinem Denken oder in seiner Umgebung zu glauben, so ist es seine Pflicht zu beweisen, daß „keines dieser Dinge ihn bewegt” (engl. Bibel), wie Paulus sagt.
„Gemüt ist unaufhörliche Bewegung. Sein Symbol ist die Kugel. Die Umdrehung und der Kreislauf im Weltall des Gemüts gehen ewiglich vor sich” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 240). In dieser unaufhörlichen Bewegung gibt es keine Untätigkeit, keine Reibung, keine Gegenwirkung und keine Ermüdung. Es steht außer Frage, daß „die Umdrehung und der Kreislauf” als Teile der Ewigkeit jede Möglichkeit von Unfall, Krankheit, Sünde und Tod ausschließen. Den Bewegungen der geistigen Regierung des Gemüts beständig entsprechen fordert Widerstand gegen den Irrtum im menschlichen Leben. „Widerstehet dem Teufel, so flieht er von euch”. Dieser geistige und göttlich weise Widerstand vermag allen unvernünftigen Versuchungen des materiellen Sinnes entgegenzutreten und sie zu meistern.
Der Irrtum behauptet, die Bewegungen des Gemüts durch solch irrige Empfindungen wie Unwillen, Furcht oder Neid nachzuahmen, wie wir im Neuen Testament lesen. Aber die Christliche Wissenschaft hat uns die Wissenschaft des Schutzes vor solchen falschen Neigungen gebracht. Sie lehrt ihre Schüler, wie sie sich beeinflussen und wie sie sich nicht beeinflussen lassen sollen. Sie befreit sowohl von der Stumpfheit als auch von der Rastlosigkeit des körperlichen Sinnes, von Selbstsucht, kurz von allen scheinbar einengenden und fesselnden seelischen und leiblichen Zuständen.
Bewegung ist ihrem innersten Wesen nach göttlich mental oder geistig. Als Jesus, vom Liebreichtum der göttlichen Liebe erfüllt, das hungrige Volk sah, „jammerte” ihn desselben. Ihn verlangte danach, der Menschen geistige und menschliche Bedürfnisse befriedigt zu sehen, und sein Verlangen ging durch das unaufhörliche Wirken des geistigen Gesetzes in Erfüllung. Dasselbe Gesetz der göttlichen Liebe liegt allem durch das Wirken der Christlichen Wissenschaft heute vollbrachten Heilen zugrunde. Die Schüler dieser Wissenschaft suchen daher aufrichtig allen Eigenwillen zu unterdrücken, um die Bewegungen der geistigen Regierung Gottes im menschlichen Leben siegen zu sehen.
„Die unendlichen Ideen des Gemüts eilen dahin und ergötzen sich” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 514). Alles im Menschen und im Weltall stellt sich unter die Regierung des göttlichen Gemüts, und der Mensch und das Weltall können weder verletzen noch verletzt werden. Schritt für Schritt bemüht sich der Christliche Wissenschafter, der Metaphysiker, zu beweisen, daß er sich in dem Weltall des unendlichen Gemüts bewegt und unter dessen beständiger, göttlicher Herrschaft steht. Das heißt nicht, daß wir uns vorstellen sollen, daß das göttliche Gemüt ein materielles Weltall und einen greifbaren Körper bewege; denn in der unendlichen Kundwerdung des Gemüts ist keine materielle Substanz und kein greifbarer Körper von Ort zu Ort zu bewegen. Dennoch ist dort Bewegung, Handlung, Ausdruck, Leistung. Das Leben erzeugt Leben und die Liebe teilt Liebe mit; Intelligenz widerspiegelt das göttliche Gemüt mühelos und ununterbrochen. In den Bewegungen der göttlichen Regierung herrscht immer Gesetz, Macht und Friede; daher gibt es für jeden, der in uneiniges Handeln oder fruchtlose Untätigkeit verfällt, keine Entschuldigung. Da die Macht der Allmacht allerhaben ist, unaufhaltsam wirkt und allen zugänglich ist, kann sie hier und jetzt bekundet werden, und das Ziel des Christlichen Wissenschafters im Leben ist: sich und anderen zu beweisen, daß wir „in ihm [Gott] leben, weben und sind”.
