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Zeitgemäß werden

[Besonders für junge Leute geschrieben]

Aus der Juni 1936-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein bekannter Redner auf dem Gebiete der Sozialwissenschaften gab den Lesern eines seiner Lehrbücher den Rat, Mose nicht mehr als maßgebenden Sittenlehrer zu betrachten, weil er nichts vom Mechanismus eines Fordschen Kraftwagens wußte. Für einen solchen Menschen sind die Zehn Gebote weiter nichts als ein bischen veraltete Geschichte und die Bergpredigt nebelhafter, unbrauchbarer Idealismus.

Zwei Extreme wollen sich dem ehrlich denkenden Schüler mit Gewalt aufdrängen. Das eine ist der selbstzufriedene Glaube, daß wir, weil wir heute zu Lande schneller vorwärts kommen, weil wir unter die Oberfläche des Wassers tauchen und durch die Luft fliegen, Handelswaren in großer Menge herstellen und eine Botschaft in einer Siebtelsekunde um den Erdkreis senden können, besser seien als unsere Vorfahren und nichts von ihnen lernen können. Das andere Extrem ist, daß man allem Neuen — besonders allem vom jüngeren Geschlecht Vorgeschlagenen — schon von vornherein mit dem Verdacht entgegentreten müsse, daß es den Samen des Bösen und der Vernichtung in sich trage.

Beide Stellungnahmen sind weder wissenschaftlich noch christlich. Sowohl die Christliche Wissenschaft als auch die allgemeine menschliche Erfahrung enthüllt das Trügerische in beiden. Im Alltagsleben fragen wir nicht, ob etwas gut ist, bloß weil es neu oder alt ist. Wir lehnen den Gebrauch des Rades nicht ab, weil es vor mehr als 2000 Jahren von einem unbekannten Urmenschen erfunden wurde. Die heutige Kultur beruht auf den Entdeckungen und Erfindungen, die sich in der reichhaltigen Kulturgeschichte undenklicher Zeiten angesammelt haben. Die Entdeckung Amerikas kehrte nicht die selbstverständliche Wahrheit um, daß eine gerade Linie die kürzeste Entfernung zwischen zwei Punkten ist. Die Erfindung des Kraftwagens oder des Rundfunks macht die Zehn Gebote nicht ungültig; denn diese sind keine persönliche menschliche Ansicht über rechtes Verhalten, sondern verkörpern die uralte sittliche Erfahrung des Menschengeschlechts.

Die Christliche Wissenschaft verwirft neuzeitliche materielle erfindungen nicht. Die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft Mary Baker Eddy erklärt bestimmt, daß „selbst die menschliche Erfindung ihren Tag haben muß” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 95). Und im Verlaufe einer Unterredung mit dem Berichterstatter einer Neuyorker Zeitung im Jahre 1901 erklärte sie, daß Christliche Wissenschafter neuzeitlichen materiellen Erfindungen nicht feindlich gegenüberstehen, sondern von ihnen Gebrauch machen und sie als Bahnbrecher der Wissenschaft ansehen (Miscellany, 345:28). Aber sie machte über allen Zweifel hinaus klar, daß keine dieser Erfindungen ausreicht, das Problem des Seins ohne Zuflucht zu Gott und ohne die Hilfe Gottes, des göttlichen Prinzips des Seins, zu lösen.

Aber, wendet der Schüler ein, unsere Lehrer sagen uns, die einzige sichere, unveränderliche Tatsache sei, daß sich alles ändert. Gibt es eine Ausnahme? Kann die Christliche Wissenschaft behaupten, daß sie auf einem feststehenden, unveränderlichen Prinzip beruhe? Muß das Prinzip zeitgemäß gemacht werden? Brauchen wir in der Wissenschaft, die das göttliche Prinzip dem Menschen zugänglich macht, eine zeitgemäße Handlungsweise? Studierende nehmen die Sätze der Naturlehre, ferner die sogenannte Beständigkeit des Naturgesetzes, die Unveränderlichkeit der Kraft- und Stoffmenge gewöhnlich ohne jeden Zweifel an. Wenn also selbst der Schatten, die Nachahmung, so dauernd zu sein scheint, wieviel wahrscheinlicher ist dann die unendliche Fortdauer des Wirklichen — des Geistigen! Das Rechnen enthüllt fortdauernde Beziehungen. Es braucht nicht „zeitgemäß zu werden”, um die Wahrheit zu finden. Die Summe von zwei und zwei kann nicht in etwas anderes als vier hypnotisiert oder geändert werden. Auch Vertreter einer umwälzenden Bewegung im Zahlenwesen können weder durch Suggestion noch durch Drohung oder Diktatur die falsche Erklärung berichtigen, daß zwei und zwei fünf sei.

Es war kein bloßer Zufall und kein Verlangen nach schriftstellerischer Wirkung, daß unsere Führerin das sinnverwandte Wort „Prinzip” als Schlußstein ihrer Erklärung von Gott setzte (Wissenschaft und Gesundheit, S. 465). Denn etwas, was die Bezeichnung Wissenschaft verdient und die menschlichen Probleme zu meistern vermag, die aus dem Glauben an Zufall, Ungewißheit, Glück, Störung und Schwanken entstehen, muß auf ewiger Gültigkeit, Beständigkeit, Ordnung, Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit, Sicherheit, Gewißheit, Gesetz — dem, was Prinzip ausdrückt — beruhen.

Die Fortdauer der Wahrheit und ihre Verfügbarkeit für jedermann ohne Rücksicht auf Alter ist in der Heiligen Schrift beständig betont. Christus Jesus, den ein bekannter Geschichtsschreiber neuerdings die „überragende Verstandeskraft des Altertums” nannte, machte es sich zur besonderen Aufgabe, darauf zu bestehen, daß er nicht gekommen sei, die bestehenden Regeln der Wahrheit zu vernichten, sondern zu erfüllen. Er gab in der Tat „ein neu Gebot”— allumfassende Liebe; aber es war eigentlich nur eine eindringlichere Auslegung des alten Gebots, Gott und den Nächsten zu lieben, das er durch Beweisen in seinem makellosen Leben „zeitgemäß” machte.

In den Lehren der Christlichen Wissenschaft gibt es sicher nichts, was einen Schüler davon abhalten könnte, nach höheren Stufen im Verständnis der Wahrheit, nach Erfindungen, Entdeckungen oder verbesserten Zuständen für das menschliche Wohl zu streben. Diese Wissenschaft bietet das größte Unternehmen in der Geschichte der Neuzeit — die Gelegenheit, die Freiheit zu erlangen, die Gottes Kinder genießen, geistige Herrschaft zu behaupten, eine Weltordnung des Friedens, der Fülle und des Wohlwollens aufzurichten — jene Ordnung, nach der sich Tausende hochstrebender Schüler in der ganzen Welt sehnen.

Die Christliche Wissenschaft hilft dem Schüler, sich den äußeren Forderungen einer wechselnden menschlichen Kultur anzupassen; aber sie gründet ihn fest in der Wahrheit, daß das Leben, die Liebe, das Rechte, das Gute — kurz, die Wirklichkeit, die Wege Gottes — sich nie ändern. Es ist auch nicht vorgesehen, daß sie sich verbessern, wachsen, abnehmen oder entarten, noch schwanken sie im Grade ihrer Verfügbarkeit für den Menschen. Das einzige, was sich ändert, ist unsere menschliche Wahrnehmung der ewigen Wirklichkeit und ihrer ewigen Werte durch ein wachsendes Innewerden, ein stets empfänglicher werdendes geistiges Bewußtsein.

Für manche ist das Neue der Christlichen Wissenschaft der sie beunruhigende Gedanke, daß geistige Wahrheit angewandt, gelebt, bewiesen werden muß. Sie fordert uns alle auf, Jünger — Schüler, Lernende — zu werden, die hergebrachten materialistischen Landmarken hinter uns zu lassen und uns himmelwärts Bahn zu brechen, d.h. zu der freudigen geistigen Erkenntnis, daß das unendlich Gute, das immer bestanden hat, hier und jetzt in reichem Maße fähig ist, zu heilen, zu trösten, menschliche Beziehungen zu verbessern, ja, „jede menschliche Notdurft zu stillen”, wie unsere Führerin sagt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 494).

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