In weltlichen Angelegenheiten ist es üblich, daß einer, der sich ein gewisses Ziel gesetzt hat, es durch Beharrlichkeit des menschlichen Willens und Verlangens zu erreichen sucht. Das Vorhandensein dieses menschlichen Zuges macht es nötig, daß der Christliche Wissenschafter jederzeit den Eigenwillen in Betracht zieht, d.h. daß das Denken eingehend geprüft, ja bis ins kleinste zergliedert werden sollte, um wahrzunehmen, ob hinter unseren Antrieben nicht menschlicher Wille oder selbstsüchtiger Ehrgeiz lauert. Wie vor alters „leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es an sich”.
Die Schüler machen oft Gebrauch von der Erklärung: „Verlangen ist Gebet” auf Seite 1 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy. Die daran anschließenden Worte, durch die unsere Führerin diese Behauptung erläutert und vervollständigt, werden jedoch nicht so häufig angeführt. Sie schreibt: „Und kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen, damit sie gemodelt und geläutert werden möchten, ehe sie in Worten und Taten Gestalt annehmen”.
„Kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen”! Hier hat der Schüler einen Maßstab, wonach er die Zustände beurteilen kann, in die das Verlangen ihn führen möchte, einen Maßstab, der ihm entscheiden hilft, ob ihm das Erreichen solches Verlangens schließlich zum Besten dienen würde und, was noch wichtiger ist, ob es Gott verherrlichen und Sein Reich aus Erden aufrichten helfen würde. Vielleicht lockt ihn eine höhere Stellung in seinem Geschäft, seinem Beruf oder seiner Arbeit und verleitet ihn zu glauben, daß das Erlangen einer solchen Stellung mit dem Wohlergehen, das er mit Recht erwarten darf, übereinstimme. Aber er sollte sich fragen: „Würde mir diese Stellung mehr Zeit lassen, mich mit der Bibel und mit Mrs. Eddys Werken zu befassen, mehr Zeit, mit Gott in Gemeinschaft zu treten? Würde ich Gottes Arbeit tun, oder würde mir dieser Schritt weitere menschliche Verantwortungen aufladen, die mehr von der Zeit fordern würden, die ich sonst zur Förderung meines geistigen Wachstums anwenden würde?
Wenn Beförderung nicht von Gott als Ergebnis geistigen Verlangens kommt, ist sie kein wirklicher Fortschritt. Alles, was mehr Beachtung des Materiellen bedingt, so glänzend auch die Aussichten scheinen mögen, oder mehr Beachtung der Dinge der Welt anstatt der Dinge des Geistes fordert, ist ein Schritt rückwärts. Gerechtes Verlangen, das geistiges Gedeihen mit sich bringt, wird in einem höheren Grad von Geistigkeit, Herrschaft und größerer Harmonie kund.
Schüler der Christlichen Wissenschaft müssen sich vor dem falschen Glauben hüten, daß Wohlergehen sich nach weltlichem oder materiellem Erwerb bemesse. Die Beweisgründe des fleischlichen Sinnes mögen glaubwürdig klingen und die eingehendste Zergliederung zur Feststellung ihrer Art und Beschaffenheit erfordern. Läßt sich der Schüler irrtümlich von einem auf das Materielle gegründeten Denken leiten, so begegnet er bald den mit dessen vergänglichem und veränderlichem Wesen verbundenen Anfechtungen, und er muß oft seinen Weg zurückgehen, seinen Stolz aus Platz, weltliche Stellung oder Besitz aufgeben und demütig mit der Läuterung seiner Wünsche beginnen. Da er dann besser unterscheiden kann, folgt er den täuschenden Lockungen des Materiellen nicht mehr so leicht.
Des Schülers Erkenntnis der Wahrheit über den Menschen im Bild und Gleichnis Gottes —Gottes Ausdruck — befähigt ihn, Eigenschaften widerzuspiegeln, die er vorher nicht erkannt hatte. Sofort nach dieser herrlichen Erkenntnis kommt dann vielleicht die Schlange mit ihrer schmeichelnden Einflüsterung: „Ihr werdet sein wie Gott”, sucht ihn listig von seiner rückhaltlosen Treue gegen den Geist abzubringen und heißt ihn diese Talente für weltliche Zwecke anwenden. Horcht er auf diese Versuchung, so lernt er schließlich einsehen, daß er von der Frucht des Toten Meeres gekostet hat. Es gibt viele rechtmäßige Möglichkeiten, diese Talente auszudrücken. Unsere Führerin erklärt (Handbuch, Art. VIII, Abschn. 15): „Gott verlangt unser ganzes Herz, und Er bietet auf den weiten Bahnen Der Mutterkirche allen ihren Mitgliedern genügend Gelegenheit zu pflichtgetreuer Betätigung”. Diese weise Vorkehrung sorgt doch gewiß für die neuentdeckten Talente und Eigenschaften des Schülers. Ausführungs- und Organisationsinitiative, literarische, erzieherische und künstlerische Fähigkeiten; Heilen, Lehren, Forschen und Beten — lauter rechtmäßige Betätigungen — sind innerhalb der weiten und sich immer mehr erweiternden Gebiete Der Mutterkirche und der Zweigkirchen in der ganzen gesitteten Welt zu finden. Weit entfernt davon, seinen Ausdruck guter Eigenschaften zu begrenzen, findet der Schüler, daß der Wirkungskreis dafür in allen rechten Berufen und im Dienst für die ganze Menschheit erweitert wird. Überdies wird ihn die Anwendung seiner gottverliehenen Fähigkeit im Dienste Gottes vor den Fallgruben bloßer Verstandesmäßigkeit, Beliebtheit, Weltlichkeit und Prahlerei bewahren.
Die Christliche Wissenschaft verherrlicht Gott und richtet Sein Reich auf Erden wirksam auf, weil sie die Allheit Gottes, des Guten, und die völlige Nichtsheit des Bösen, des vermeintlichen Gegenteils des Guten, lehrt. Für diese Sache arbeiten, gewährt höchste Befriedigung, das höchste Maß des Dienens und des Vollbringens. „Kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen”. Alle gerechten Wünsche werden in Erfüllung gehen. Außerdem wird für rechtes Geschäft oder andere Tätigkeit, Versorgung, ein harmonisches Heim und alles für seine menschliche Beschäftigung und sein Wohlergehen Nötige und Zweckmäßige gesorgt werden.
Unsere liebe Führerin gibt uns weise Anleitung mit den Worten (Rückblick und Einblick, S. 79): „Die Wegzeichen für den Wanderer in der göttlichen Wissenschaft sind Sanftmut, selbstlose Beweggründe und Handlungen, das Abschütteln gelehrter Schönrednerei, die Befreiung des Denkens von abgenutzten Lehren, die Läuterung der Neigungen und Wünsche. Unehrlichkeit, Neid und wahnwitziger Ehrgeiz sind ‚Gelüste des Fleisches‘, die das Wachstum in der Wissenschaft im Keim ersticken und das unergründliche Rätsel des Seins ungelöst lassen. Der Erfolg der Wahrheit kommt nicht durch die Kanäle des körperlichen Sinnes, der weltlichen Klugheit, des Prunkes und des Stolzes”.
