Die Erkenntnis der geistigen Art der Freude ließ den Psalmisten singen: „Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewiglich”.
Das Licht, das das menschliche Bewußtsein als Ergebnis des Gebets und geistiger Gemeinschaft erleuchtet, macht klar, daß Freude ein Ausdruck des unendlichen Gemüts, der Seele, des Geistes ist und daher zum Wesen des Menschen gehört. Freude ist eine Eigenschaft Gottes, und ihre Gegenwart ist ein Zeichen der Heiligkeit des Menschen, des Sohnes Gottes.
Wenn man die wahre Art der Freude versteht, kann man klar sehen, daß sie nicht bloß eine durch erfreuliche Erfahrungen hervorgerufene Gefühlsbewegung ist. Freude ist immer vorhanden und ist nie von Umständen abhängig. Sie kann nicht durch Zeit, Personen, Ort oder Dinge erschöpft werden; sie steht als dauernder Teil des Wesens des Menschen ewig fest.
Die Annahme begrenzter oder veränderlicher Freude geht aus dem Glauben an einen materiellen, persönlichen Schöpfer und eine veränderliche Schöpfung hervor. Die „anderen Götter”— tierischer Magnetismus und persönlicher Sinn — bieten vorübergehendes Vergnügen und suchen uns unseres Geburtsrechts dauernder geistiger Freude zu berauben. Sogenannte Freude, die auf den Augenschein der körperlichen Sinne gegründet ist, ist überhaupt keine Freude, sondern eine armselige Nachahmung, ein Traum von Vergnügen in der Materie. Dieser Traum ist die Trugvorstellung der Unwissenheit und muß unbedingt in geistigem Erwachen enden.
Da Freude ein Ausdruck der Seele, Gottes, ist, spiegelt der Mensch Freude so gewiß wider, wie er Leben und Liebe bekundet. Sie ist das Erbe, das Geburtsrecht, das Herrschaftszeichen des wirklichen Menschen.
Die Kenntnis der wahren Art der Freude beglückt die menschliche Erfahrung und läßt die Menschen das Verlangen nach materiellen Vergnügen und flüchtigen Freuden aufgeben und von ganzem Herzen die Freude annehmen, die dem Bild und Gleichnis Gottes gehört.
Wegen des Drucks der materiellen Annahme, die geltend macht, die Menschheit mit Leid, Furcht, Sünde, Gefahr und Verzweiflung zu umgeben, sollte jedermann von ganzem Herzen nach geistiger Freude trachten, was das Aufgeben der Materialität und das Annehmen geistiger Ziele und Beweggründe erfordert. Alle erhebenden und beglückenden menschlichen Vergnügen und Beziehungen gewinnen an Stärke und Tiefe, wenn geistige Freude als gegenwärtig, befriedigend und beständig angenommen wird.
Wie flüchtig und unbeständig Freude wäre, wenn sie von der Gegenwart einer Person oder dem Besitz eines Gegenstandes abhinge! Ist es zu verwundern, daß die Christlichen Wissenschafter über die Enthüllung der geistigen Tatsachen frohlocken, wodurch sie in der menschlichen Erfahrung beweisen können, daß Freude ein normaler, natürlicher Teil der geistigen Ausrüstung des Menschen ist? Durch das Verständnis dieser Wahrheit lernen Tausende die Fülle der Freude beanspruchen, die in der ganzen Schöpfung Gottes kund wird. Infolgedessen finden sie, daß ihre Freundschaften befriedigender, ihre Beziehungen befreiender und ihre Unternehmungen erfolgreicher sind.
Das Nachdenken über die geistigen Tatsachen des Seins ist eine beständige Quelle der Freude. Aufrichtige Christliche Wissenschafter sind im allgemeinen freudige Arbeiter, die unwillkürlich Freudigkeit widerspiegeln. Die Freude, die diese Leute ausdrücken, ist das Ergebnis ihres Nachdenkens über die Dinge des Geistes und ihres geheiligten Bemühens, das durch ihre geistige Arbeit erworbene geistige Verständnis auf jede Einzelheit des täglichen Lebens anzuwenden.
Das „Freudenöl” wird im Lichte der Christlichen Wissenschaft überaus köstlich. Schon ein geringes Verständnis dieser Wissenschaft zeigt, daß geistige Freude in der menschlichen Erfahrung dem Öl gleicht, da sie Reibung, Aufregung und Klagen verhindert und das menschliche Leben dem Erlangen höherer Ideale und geistigerer Bestrebungen weiht.
In der Bibel ist sehr oft von Freude die Rede, ja so oft, daß der Sucher von der Wichtigkeit dieser Eigenschaft, wie die erleuchteten Verfasser der Bibel sie sahen, überzeugt wird.
Im Buche Nehemia ist berichtet, daß das Volk sich versammelte, um dem Vorlesen aus „dem Gesetzbuch Gottes” zuzuhören, und daß „alles Volk weinte, da sie die Worte des Gesetzes hörten”. Dann sagte Nehemia zu ihnen: „Dieser Tag ist heilig unserm Herrn. Und bekümmert euch nicht; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke”. Der Prophet erkannte, daß das „Wort Gottes” freudig, nicht traurig — in ruhiger Freudigkeit, nicht in Gefühlsbewegung — empfangen werden sollte.
In den Bibelstellen sind Stärke, Sanftmut, Friede und Fülle mit Freude verbunden. Ein Wissenschafter fand gewisse Stellen über Stärke und Freude hilfreich beim Überwinden einer Krankheit, die sich in körperlicher Schwäche bekundete. Er sah, daß er nicht nur Stärke sondern auch Freude als des Menschen Geburtsrecht beanspruchen mußte; und er begann, diese dem Menschen innewohnenden Eigenschaften beharrlich zu beanspruchen. Er las in der Bibel und in Mrs. Eddys Schriften Stellen über Freude und Stärke und dachte über ihre Bedeutung nach. Dabei fiel ihm besonders auf, daß der wirkliche Mensch ewig freudig ist. In seiner eigenen Erfahrung war dieser Wissenschafter gewohnt gewesen, nach Kundwerdungen des Guten zu suchen, für die er dankbar sein konnte. Er erkannte, daß dies eine hilfreiche Gewohnheit war, da es ihn veranlaßte, das Gute zu verherrlichen und dadurch die Irrtumsansprüche abzuweisen. Er sah jedoch auch, was er vorher nicht gesehen hatte, daß die Fülle der Freude dem Menschen innewohnt, daß sie immer ausgedrückt wird, immer stärkt, Gesundheit gibt und befriedigt.
Mary Baker Eddy verstand die Beständigkeit der vom Menschen widergespiegelten Freude, und in einer herrlichen Stelle in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 76) schreibt sie: „Die sündlose Freude — die vollkommene Harmonie und Unsterblichkeit des Lebens, denen unbegrenzte göttliche Schönheit und Güte zu eigen sind, ohne eine einzige körperliche Freude oder einen einzigen körperlichen Schmerz — sie macht den einzig wahren, unzerstörbaren Menschen aus, dessen Sein geistig ist”.
Welch herrlichen Lichtblick von dem wirklichen Menschen diese Worte gewähren! Die Erkenntnis dieser Vollkommenheit ist eine gegenwärtige Möglichkeit. Sie kann in der Erfahrung des einzelnen beschleunigt werden durch Beten, Wachen und Arbeiten um „das Gemüt Christi” und durch Beanspruchen und Anwenden der anderen Früchte des Geistes — Demut, Sanfmut, Vertrauen, Hoffnung und Frieden.
