Wenige hätten mit so gründlicher Kenntnis wie David von den Erfahrungen derer reden können, die entschlossen sind, trotz aller scheinbaren Schwierigkeiten und Versuchungen ihre wahre Verwandtschaft mit Gott zu finden und aufzurichten. Mit höchster geistiger Erhebung und felsenfester Überzeugung zeigte er, wo allein der Ort der Sicherheit und die dazu gehörige Macht zu finden sind. „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt, bleibt unter dem Schatten des Allmächtigen” (engl. Bibel), schrieb David.
Wenn die Menschen unter dem Schirm des Höchsten bleiben lernen, sind sie in Gemeinschaft mit dem Geist, verstehen sie die Allmacht, gehen sie ein in das ewige Bewußtsein des Einsseins des Menschen mit dem Gemüt. Von diesem Bewußtseinszustand schreibt Mary Baker Eddy auf Seite 334 im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Die geistige Idee, Christus, wohnt auf ewig im Schoß des Vaters, Gottes, von wo aus sie Himmel und Erde erleuchtet”.
David mußte wohl gewußt haben, daß dieser sichere Ort keine zeitliche Wohnstätte sein kann, wenn er die Menschen von dem aufdringlichen Lob und Tadel, von der Neugier, der Eifersucht und dem Haß, die das Menschengeschlecht bedrängen, erlösen soll. „Unter dem Schatten des Allmächtigen bleiben” erfordert ernstes, unablässiges Beten. Es fordert von uns, daß wir beständig daran denken, daß wir keine durch uns oder durch andere wirkende andere Macht anerkennen als die Allmacht; daß wir keine Anstrengung des Feindes oder gar derer, die wir für Freunde halten, so gut sie auch gemeint sei, das Wirken des göttlichen Willens stören oder verzögen lassen; daß wir durch beständige Wachsamkeit unsere Wohnstätte vor den Schlingen und Vorwänden, den Stürmen und Umwälzungen des fleischlichen Sinnes, der durch den persönlichen Sinn wirkt, schützen.
Unbeeinflußt von der Welt konnte Christus Jesus zu seinen Jüngern sagen: „Des Menschen Sohn hat nicht, da er sein Haupt hin lege”, weil er wußte, wo seine wahre und bleibende Wohnstätte war. Seine menschliche Umgebung, sein Umherziehen durch Städte und Dörfer, durch die Wüste und an den Meeres- und Seeufern boten ihm so viele Gelegenheiten, seinen Jüngern und allen, die zu ihm kamen, zu beweisen, wo des Menschen wirkliche Wohnstätte zu finden ist — in des Vaters Hause.
Als der Verfasser des Hebräerbriefs schrieb: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir”, sprach er von dem, wofür die materiellen Sinne zeugen, das der geistige Sinn aber widerlegt und aufwiegt. Tausende lernen heute verstehen, daß der sichere Ort, wo die Allmacht herrscht, nicht „zukünftig” sondern hier ist; daß das, was Paulus den Athenern versicherte, nämlich, daß wir „in ihm leben, weben und sind”, keine gelehrte Feststellung, keine unbestimmte Übertreibung war. Sie ist das unmittelbare Erbe jedes Menschen, der mit geistiger Erleuchtung jenes Einssein mit Gott, dem göttlichen Prinzip, beansprucht, das die Grundlage der göttlich eingegebenen Lehre Mrs. Eddys ist.
Die Lehre vom gefallenen Menschen, der unerbittlich aus dem Paradies ausgewiesen wurde, bietet der Menschheit eine ungewisse und entfernte Verwandtschaft mit Gott, und auch ein teilweises Verständnis der Absicht des von Jesus gelehrten Christus bringt keine Erwartung einer jetzigen Wiederherstellung oder Befreiung von Leiden und von Furcht.
Mit welcher Hingebung sich doch Männer und Frauen ihrem materiellen Heim gewidmet haben, und mit welch natürlicher Befriedigung sie es, wenn und wie sie konnten, schöner und behaglicher gemacht haben! Doch wer erkennt nicht, daß man ohne jene Eigenschaften des Gemüts, die zum Frieden und zur Harmonie beitragen, das Glück vergeblich sucht, während in dem Bewußtsein der immer gegenwärtigen Liebe die einfachste Umgebung beständiges Wohlergehen ausstrahlt? So kam es, daß er, der nicht hatte, da er sein Haupt hinlegte; der von Ort zu Ort zog, manchmal willkommen und begehrt, manchmal gehaßt und verstoßen; der einst auf einem Kissen in einem offenen Schiff schlief, während um ihn her ein Sturm wütete, und der die ganze Nacht auf dem Berge zu Gott betete,— daß er stets in jener Wohnstätte war, von der David sprach: „unter dem Schatten des Allmächtigen”. „Jesu wahres und bewußtes Sein verließ nie den Himmel um der Erde willen. Es weilte immerdar droben, selbst auch dann, als die Sterblichen glaubten, es wäre hier”, schreibt unsere Führerin auf Seite 36 in „Nein und Ja”.
Durch die wissenschaftliche Offenbarung, die wir durch den Tröster, die Christliche Wissenschaft, haben, wissen wir, daß das, was über „Jesu wahres und bewußtes Sein” geschrieben wurde, in Wirklichkeit auch auf unser Sein zutrifft. Die menschliche Umgebung konnte Jesus nicht von seinem aufsteigenden Pfad ablenken; daher sollte sie das Denken seiner Nachfolger nicht ungebührlich beschäftigen.
Wie David erklärte und wie Jesus wußte, ist es das Bewußtsein der Verwandtschaft des Menschen mit Gott, was unsere Wohnstätte erhält. Solange wir die Lehre vom gefallenen Menschen annehmen, ist unsere Wohnstätte fern vom Himmel. Ja wir haben, sei es absichtlich oder, was wahrscheinlicher ist, unbewußt, „den Himmel um der Erde willen verlassen”; wir haben geglaubt, wir seien nicht in des Vaters Haus.
Wie einfach und bündig Jesus, der Christus, das Heilmittel für alle Trennung und dessen gewissen Lohn verkündigte! „So ihr in mir bleibet”, sagte er zu seinen Jüngern, „und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren”. So lesen wir auch auf Seite 456 in Wissenschaft und Gesundheit: „Du mußt das göttliche Prinzip deiner Demonstration verstehen und daran festhalten”. Was heißt für den Christlichen Wissenschafter, an dem göttlichen Prinzip festhalten? Wahrlich nichts, was unsere geliebte Führerin nicht in vollem Maße für uns getan hat, daß sie der Welt die Christliche Wissenschaft geben konnte. Durch äußerste Selbstaufopferung und unermüdliche Hingebung arbeitete sie, um im menschlichen Bewußtsein das Verständnis jenes göttlichen Prinzips auszurichten, an dem wir festhalten müssen. Um uns diesen sicheren Ort zu erhalten, wird von uns dieselbe Treue und derselbe Mut, dieselbe Liebe und Demut gefordert, die sie ohne jedes Bedenken aufbrachte. Es wird von uns jene Treue gegen die Wahrheit gefordert, die die wirkliche Probe der Nachfolge ist. So finden wir, daß wir begonnen haben zu beweisen, daß die Lasten ängstlicher Besorgnis, die die Sterblichen bei ihrem Suchen nach Sicherheit, Glück und Frieden hemmen, nur in des Vaters Hause (im Bewußtsein des unendlich Guten) ein Ende nehmen; daß wir nur dann, wenn wir „unter dem Schirm des Höchsten sitzen”, zuversichtlich unter dem Schatten des Allmächtigen, der die Liebe ist, bleiben.
