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Die sittlichen und geistigen Forderungen des Heilens

Aus der Januar 1941-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die christlich-wissenschaftliche Kirche ist auf das Heilen gegründet. Nach der Historischen Skizze, die als Vorwort zum Handbuch Der Mutterkirche dient, „sollte sie den Zweck haben, die Worte und Werke unseres Meisters in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiedereinzuführen” (Handbuch, S. 17). Jeder Christliche Wissenschafter mag sich nun fragen: Wieviel von diesen Werken tue ich? In der christlich-wissenschaftlichen Kirche gibt es keine besondere Klasse Mitglieder, die allein das Recht haben, die Kunst des Heilens auszuüben. Es gibt zwar die Ausüber, die ihre ganze Zeit der heilenden Arbeit widmen; aber in dem Verhältnis seiner Treue, seiner Hingebung und Liebe ist jedes Mitglied fähig, sein Verständnis der Wahrheit durch Heilung zu beweisen. Beweis ist das Vorrecht und die Pflicht, die der Kirchenmitgliedschaft zugrunde liegen.

Die Grundlage des christlich-wissenschaftlichen Heilens ist Geistigkeit. Geistiges Denken ist geistige Kraft. Die Christliche Wissenschaft ist nicht ein Verfahren des sterblichen Gemüts, das Herrschen eines Gemüts über ein anderes oder des Gemüts über die Materie. Sie ist die Offenbarung des göttlichen Gemüts, Gottes, die Offenbarung, die durch Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, unserer Zeit zuteil geworden ist. Sie ist die Wiederholung der Wahrheit, die Christus Jesus lebte und betätigte.

Daher lernt der Christliche Wissenschafter beständig die geistige Lauterkeit seines Denkens prüfen. Er begnügt sich nie mit dem, was er im wissenschaftlichen Beweisen vollbringt. Er vergeudet keine Zeit mit Eigenlob. Demütig anerkennt er, daß die heilende Kraft göttlich ist, und er ist in seinem täglichen Leben bestrebt, dem Beispiel des Meisters zu folgen, dessen Gebot war, in der ganzen Welt die Kranken zu heilen.

Die Christliche Wissenschaft ist genaue Wissenschaft. Sie ist kein Mutmaßen. Daher muß ihr Prinzip verstanden und ihre Regeln müssen befolgt werden. Selbst nach der sogenannten Naturwissenschaft liegt der Wissenschaft Gesetz zugrunde; ohne Gesetz gäbe es keine Wissenschaft. Die Christliche Wissenschaft ist das in menschlichen Angelegenheiten wirkende Gesetz Gottes. Gottes Gesetz ist endgültig, unwandelbar, sicher. Es ist unwiderstehlich. Wirkliches Gesetz kann nicht angetastet, gestört, herausgefordert oder gehindert werden. Die Tätigkeit des Gesetzes ist Substanz. Überall, wo Gott ist, ist Gesetz. Gesetz ist das Wirken des Unendlichen; daher sind sein Wirkungskreis und seine Kraft unendlich. Da es nur einen Gott gibt und Gott der Geist ist, gibt es nur ein Gesetz, und dieses Gesetz ist geistig.

Was nicht auf das göttliche Prinzip gegründet ist, und sich dennoch Gesetz nennt, ist gesetzlos, also machtlos. Die Materie ist weder ein Gesetz noch ein Gesetzgeber. Gesetz ist immer aufbauend, belebend. Was zerstörend ist, ist nicht Gesetz. Da es wiederum nur einen Gott gibt und Gott das Gemüt ist, gibt es nur ein Gemüt, und Gesetz wirkt in dem ungehinderten Reich des Gemüts. Es gibt kein widersetzliches Gemüt, das der Oberhoheit des göttlichen Gesetzes entgegenwirken oder Einhalt tun könnte. Das göttliche Gesetz ist allmächtig. Es bildet und beherrscht den geistigen Menschen und regelt alles, was ihn betrifft. Das christlich-wissenschaftliche Heilen ist das Wirken des göttlichen Gesetzes.

In der menschlichen Erfahrung hat es oft den Anschein, als gäbe es viele widerstreitende Gesetze und Kräfte, die einander entgegenwirken und Verfall und Zerstörung hervorrufen. Um daher die Harmonie des göttlichen Gesetzes in die menschliche Erfahrung zu bringen, muß das geistige Gesetz verstanden werden, und in dem Maße, wie es verstanden wird, kann es angewandt werden. Christus Jesus bewies dies. Er bewies auch, daß der hartnäckigste Widerstand des sterblichen Gemüts vor echtem geistigem Verständnis machtlos zusammenbricht.

Die heilende Kraft Jesu war sein Gottesverständnis. Dieses Verständnis war „Christi Sinn”, wie es der Apostel Paulus nannte. Die Gedanken, die Jesus dachte, und die Folgerichtigkeit seines Denkens bildeten seine geistige Kraft. Jesus beanspruchte keine besondere Verleihung der göttlichen Kraft für sich. Sein Heilen war auf unfehlbares Gesetz gegründet, das er verstand und anwandte. Er sagte: „Wer an mich glaubt [wer versteht, wie ich verstehe], der wird die Werke auch tun, die ich tue”.

Seine Nachfolger werden ihm in seinen Werken in dem Maße nacheifern, wie sie ihm in der christlichen und wissenschaftlichen Folgerichtigkeit ihres Denkens nacheifern. Allzuoft erklären wir in einem Atemzuge die Wahrheit und frönen im nächsten dem Glauben an die Wirklichkeit des Bösen. Eine der ersten und wichtigsten Lehren, die die Christliche Wissenschaft lehrt, ist Folgerichtigkeit. Die Christlichen Wissenschafter sollten in ihrem Denken und Tun die folgerichtigsten Menschen in der Welt sein; denn ihre Religion ist auf das feststehende Prinzip gegründet und wirkt unwandelbarem geistigem Gesetz gemäß.

Paulus sagte: „Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war”, und beruhigend fügt er in einem andern Briefe hinzu: „Wir haben Christi Sinn”. „Christi Sinn” ist Herrschaft, nicht Hilflosigkeit; Gewißheit, nicht Zweifel; Mut, nicht Furcht; Mitgefühl, nicht Gleichgültigkeit; Liebe, nicht Streit. Er ist immer Sieg, nie Niederlage. „Christi Sinn” wird nie vom Bösen getäuscht, nie mesmerisiert, er schläft nie. Er deckt den Irrtum auf, stellt seine Unwahrheit bloß, erklärt seine Ansprüche für unbegründet und führt ihn auf nichts zurück. „Christi Sinn” ist Keuschheit, Reinheit, Sündlosigkeit, Selbstaufopferung, Liebe. Daher müssen wir diesen „Sinn Christi” beanspruchen und betätigen — in unserem innersten Denken, in unseren Beweggründen, Absichten, Bestrebungen betätigen. Wir müssen ihn in unserem Geschäft, in unseren Kirchen, im Familienleben, in unseren menschlichen Beziehungen, in unserer Politik, in unserer Regierung betätigen. Dann leben wir in Übereinstimmung mit unserem Gebet: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel”.

In seiner Botschaft an die sieben Kirchen, die in den ersten Kapiteln des Buchs der Offenbarung so anschaulich geschildert sind, stellt Johannes die Vermischung guter und böser Elemente im menschlichen Bewußtsein, dessen Trachten nach dem geistig Guten und sein Zurückfallen in materialistisches Denken bloß. Immer wiederholt er die Forderung, jede Gott unähnliche Eigenschaft zu überwinden. Sorgfältiges Ergründen dieser Kapitel führt uns zu dem Schluß, daß Gründlichkeit, Geduld, Ehrlichkeit, Ausdauer, geistige Stärke, Treue, Liebe Eigenschaften sind, die u.a. in dem Bewußtsein zu finden sind, das einen Lichtblick von der Wahrheit gewonnen hat. Aber wie wucherndes Unkraut sind die verderbten Elemente des fleischlichen oder sterblichen Sinnes.

Unter diesen zählt der Apostel den Verlust der „ersten Liebe” auf, was für uns den Verlust der ersten Erwartung, Heiligung und Freude bedeuten dürfte, die das Kommen eines geistigeren Gottesverständnisses in unser Leben brachte. Vielleicht auch ein gewisses Nachlassen im Gutestun und ein Gefühl der Entmutigung. Wenn wir ferner über die irrigen Gedankeneigenschaften nachdenken, vor denen er uns warnt, können wir Heuchelei, Sinnlichkeit und den Gebrauch sterblicher Gedankenkraft und sterblicher Verfahren finden, die aus selbstsüchtigen und niederen Beweggründen zum Zweck der Selbsterhöhung, der Selbstverherrlichung und der Selbstvergötterung nach geistigem Fortschritt zu trachten suchen, ebenso geistige Unfruchtbarkeit und eine mentale Trägheit und Gleichgültigkeit, die weder „kalt noch warm” ist. Jeder dieser Züge wird verurteilt. Nur ein Gedankenzustand empfängt uneingeschränktes Lob — die selbstlose geistige Liebe, die durch die Kirche in Philadelphia versinnbildlicht ist, und die allein geistigen Einfluß gewinnt. Geistige Liebe macht vom geistigen Gesetz Gebrauch. „Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen”.

Der Christliche Wissenschafter lernt, daß er den Posten der Selbstprüfung nie verlassen darf; denn nicht überwundener Irrtum des Denkens vermehrt sich. Er lernt das Böse in sich und anderen unpersönlich machen, es als eine Eigenschaft des sterblichen Denkens sehen, die zu überwinden und auszurotten ist, und nicht als eine böse Person, die zu hassen, zu verurteilen und zu meiden ist. In ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1901 schreibt Mary Baker Eddy (S. 2): „Das höchste geistige Christentum im Leben des einzelnen ist zur Erlangung größerer Kraft in der vervollkommneten Wissenschaft des Heilens von Krankheiten aller Art unerläßlich”.

Jesu Gottähnlichkeit, sein allerhabenes Bewußtsein der Sohnschaft, die Klarheit seines Denkens, seine leuchtende Reinheit, die Tiefe seines Verständnisses machten ihn zum Christus. Seine Geistigkeit befähigte ihn, in jemand, der ihn um Heilung bat, sofort den Gedanken zu entdecken, der der Verbesserung bedurfte. Mit Genauigkeit und unendlichem Erbarmen sah er in jedem Falle, was gerade not tat, und befriedigte es durch seine klare Widerspiegelung der göttlichen Liebe. So bewies er, daß das christliche Heilen weit mehr als das Bewirken einer leiblichen Wiederherstellung des Kranken ist — daß es eher eine geistige Wiedergeburt, eine Verbesserung des Denkens als eine bloße Veränderung des Körpers ist. Die unwillkürliche und unvermeidliche Wirkung dieses wissenschaftlich verbesserten Denkens war die Wiederherstellung eines normalen Zustandes leiblicher Gesundheit und Wohlfahrt. Mrs. Eddy zeigt im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” klar, daß sie erwartete, daß ihre Nachfolger als Ergebnis ihres geistigen Wachstums und echten geistigen Verständnisses einen ähnlichen geistigen Scharfblick erlangen.

Jesus lebte und dachte in der Ewigkeit. Daher heilte er augenblicklich. Zeit schreckte ihn nicht und mesmerisierte ihn nie. Sie braucht uns nicht zu schrecken. Unter dem göttlichen Wirken des geistigen Gesetzes stellen die Anmaßungen Alter und sogenannte chronische Krankheiten keine hartnäckigere Wirklichkeit dar als jede andere Erscheinungsform der Disharmonie. Für das menschliche Bewußtsein stellen sie einen allgemeinen Glauben dar, der als Massenmesmerismus wirkt, den das Verständnis und die Anwendung des göttlichen Gesetzes, wie es in der Christlichen Wissenschaft enthüllt ist, zerstört. Dieses Gesetz enthüllt, daß der Mensch nicht ein in die Materie hineingeborenes und durch den Tod von ihr befreites endliches, materielles Wesen, sondern ein individueller Ausdruck des unendlichen Bewußtseins ist und immerdar in der Ewigkeit des Geistes weilt. Für den Christlichen Wissenschafter ist das Leben eine mentale Erfahrung, eine Entfaltung des Gemüts; und Disharmonie, wie sie auch heißen oder was sie auch sein möge, ist anmaßende Gedankenbeeinflussung. Sie ist keine Wesenheit, kein Zustand, keine Tatsache. Wie Jesus sollten wir jetzt in der Ewigkeit leben und denken.

Jesus verstand die unbedingte Nichtsheit der Materie, und er bewies diese Tatsache auf der Grundlage, daß die Liebe das Prinzip ist. Dies machte ihn zum Erlöser. Mary Baker Eddy entdeckte diese Wahrheit wieder und zeigte der Menschheit im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch, wie sie zu beweisen ist. Die Naturwissenschafter betonen heute immer mehr die Nichtsheit der Materie. Aber die Theorie von der Nichtsheit der Materie, die nicht von einem starken, beweisbaren Verständnis der daraus folgenden Allheit des Geistes gestützt wird, ist an sich machtlos, Krankheit zu vermindern, die Kranken zu heilen, die Sünder rein zu machen oder die Toten aufzuwecken.

Beweis in der Christlichen Wissenschaft ist die Nutzanwendung des göttlichen Gesetzes. Der Christliche Wissenschafter steht erst an der Schwelle des Beweisens. Er muß ausharren. Demütig erkennt er, daß sein größtes Bedürfnis ein tieferes geistiges Verständnis ist. Geduldig strebt er, es zu erwerben. Zu seinem beständigen Fortschritt bedarf er sowohl des Buchstabens als auch des Geistes dieser Wissenschaft, und er arbeitet fleißig, beide zu erlangen. Sein Verständnis muß wissenschaftlich, sein Beweisgrund und sein Folgern müssen unfehlbar sein. Geistiges Verständnis ist die Frucht andächtiger Hingebung, der Selbstverleugnung und standhafter Gemeinschaft mit der Wahrheit und der Liebe. Es erfordert, daß wir alles um Christi willen verlassen. Von den Wundern in der Bibel schreibt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 243): „Daß diese Wunder heute nicht allgemeiner wieder getan werden, entspringt nicht so sehr dem Mangel an Verlangen nach ihnen als dem Mangel an geistigem Wachstum”.

Inspiration und Verständnis gehen Hand in Hand. Laßt uns jeden Tag, jede Stunde im Gebet inbrünstigen Verlangens nach frischer Inspiration, nach neuem Licht streben! Nicht gepflegte Inspiration schwindet dahin. Daher hegt und Pflegt sie! Entzündet sie von neuem, so wird ihre Flamme euer Leben erleuchten. Wir können keine erstarrten Christlichen Wissenschafter sein, die sich mit stehenden Ausdrücken und Redensarten und begrenzten Denkgewohnheiten begnügen. Die Betätigung der Christlichen Wissenschaft läßt keine Formeln zu. Wir müssen uns fleißig in die Bibel und in die Schriften unserer Führerin vertiefen, über ihnen beten, über sie nachdenken. Geistiges Verständnis ist der köstliche Lohn für das Aufgeben materieller Dinge. So kann jeder Wissenschafter für sich beweisen, daß die Christliche Wissenschaft die unserer Zeit zuteil gewordene endgültige und vollständige Offenbarung der Wahrheit ist. Sie ist der Weg der Befreiung von jedem Übel, „das unseres Fleisches Erbteil ist”.

Das Christian Science Journal vom Mai 1887 enthält auf Seite 98 einen interessanten Auszug, worin es heißt, daß Mrs. Eddy in ihrer Ansprache an die Jahresversammlung des Christlich-Wissenschaftlichen Landesvereins am 13. April 1887 sagte: „Ihre Schüler möchten erfolgreiche Heiler sein; um aber siegreiche Heiler zu sein, müssen sie nur dem Gesetz Gottes gehorchen und die Einfachheit kleiner Kinder in der Christus-Wahrheit erlangen”.

Indem wir dem Meister und unserer Führerin nachfolgen, geduldig und freudig bestrebt, „siegreiche Heiler” zu werden, laßt uns die Zeilen eines beliebten Liedes vor Augen behalten:

„Durch dein vertrauendes, stilles Bemühen,
Führend, ermutigend wie die Sonne,
Wirst du die Erdgebundenen befreien.
Ach, um ihretwillen dringe weiter!”

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