Die Christen werden dringend ermahnt, für die Aufrichtung des Weltfriedens zu beten, und sie tun gut daran, es zu tun; es kann jedoch mit vollem Recht gefragt werden: Wie können die Christen wirksam für den Weltfrieden beten, wenn sie nicht zuerst in ihrer eigenen Erfahrung Frieden bewiesen haben? Das Verständnis, daß Gott — die allumfassende göttliche Liebe — die Quelle des wahren inneren Friedens ist, ist der erste Schritt, der Menschheit die äußeren Kundwerdungen des Friedens und der Harmonie zu bringen. Wer die Allgegenwart der allumfassenden Liebe bewußt gewahr wird, kann sich unmöglich mit lieblosem und unschönem Hassen abgeben.
Zweifellos sah der Apostel Paulus, daß die Mitglieder der ersten christlichen Kirchen eines höheren Grades der Liebe und der Einigkeit bedurften. Er schrieb in seinem Briefe an die Galater: „Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen! Allein sehet zu, daß ihr durch die Freiheit dem Fleisch nicht Raum gebet; sondern durch die Liebe diene einer dem andern. Denn alle Gesetze werden in einem Wort erfüllt, in dem: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘”. Und um sie gewissermaßen vor den traurigen Folgen der Uneinigkeit und des Streites zu warnen, fuhr er fort: „So ihr euch aber untereinander beißet und fresset, so sehet zu, daß ihr nicht untereinander verzehrt werdet”.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Haß, Neid, Eifersucht, Mißtrauen und Disharmonie die Folge des Glaubens sind, daß es viele Gemüter gebe. Das Heilmittel für unharmonische Zustände, ob sie in Kirchen, Familien oder anderen Gruppen vorhanden zu sein scheinen, ist in der Erkenntnis der tatsächlichen Einheit, Allheit und daher Allumfassenheit des göttlichen Gemüts, der Quelle alles wahren, guten, gerechten und geeinigten Denkens zu finden. Arbeiter für jede gute Sache sollten sich daher in ihrem Umgang miteinander willig und gern von dem Christusgemüt regieren lassen — dem Gemüt, „das auch in Christus Jesus war”, wie Paulus erklärte.
Mary Baker Eddy schreibt in dem Aufsatz: „Wege, die vergeblich sind” (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 212): „Es wird oft gefragt: Warum herrscht so viel Uneinigkeit unter mentalen Ausübern? Wir antworten: Weil sie sich nicht in genauer Übereinstimmung mit der Lehre des christlich-wissenschaftlichen Gemüts-Heilens betätigen. Wenn sie es täten, würde Einigkeit des Handelns herrschen”. Und in demselben Aufsatz (S. 213) fährt sie fort: „Die natürlichen Früchte des christlich-wissenschaftlichen Gemüts-Heilens sind Harmonie, Nächstenliebe, geistiges Wachstum und Tätigkeit”. Wenn also die Christlichen Wissenschafter bewußt neidische, eifersüchtige, gehässige oder verdammende Gedanken über ihre Mitarbeiter oder andere hegen, sollten sie sich darüber im klaren sein, daß sie der Annahme nach vom tierischen Magnetismus beherrscht und nicht von der geistigen Kraft regiert werden, jener Kraft, die den Willen und das Gesetz der unendlichen Intelligenz oder der göttlichen Liebe ausdrückt.
Die Menschen sollten, ob sie in Kirchen oder in anderen Organisationen zur Förderung des Wohls der Menschheit zusammenarbeiten, intelligent genug sein zu wissen, daß nichts Aufbauendes vollbracht wird, wenn sie Gedanken der Mißgunst hegen, den Beweggründen anderer mißtrauen, ungerecht oder unfreundlich kritisieren oder irgend einen der tausend anderen unwürdigen Gedanken hegen, die das Böse ihnen einflüstern mag. Die Absicht und der Zweck des einen Bösen ist immer, Streit unter denen zu stiften, die durch Anerkennung der Oberhoheit des Guten für die Zerstörung des Bösen arbeiten. Die Arbeiter werden dies jedoch nicht immer gewahr und mögen sich daher manchmal nicht gegen die listigen Anschläge des Bösen schützen. Solchen Schutz kann man nur erfahren, wenn man sieht, daß das Böse unpersönlich — eine Annahme einer von Gott, dem unendlich Guten, getrennten Intelligenz — ist, und daß es keine tatsächliche Macht hat, das Denken irrig zu beeinflussen.
Es kann sein, daß absichtliche und vereinbarte Anstrengungen gemacht werden, das Denken derer zu beeinflussen, die bestrebt sind, sich dem Angriff und der Gewaltherrschaft auf jede mögliche Art zu widersetzen. Es kann den Anschein haben, daß ein solches irriges Denken diejenigen, die auf der Seite der Rechtschaffenheit und der Gerechtigkeit kämpfen, zeitweilig betrügt, entmutigt und besiegt; aber dies kann nicht auf die Dauer Erfolg haben, weil „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen”.
Letzten Endes müssen Güte und Rechtschaffenheit aus dem einfachen Grunde siegen, weil diese Eigenschaften das göttliche Prinzip ausdrücken; und das Prinzip ist allerhaben. Seine Macht ist die einzige wirkliche Macht. Seine Gegenwart ist die einzige tatsächliche Gegenwart. Sein Gesetz ist das einzige Gesetz, das jetzt und jederzeit wirksam ist. Der Anschein kann den Tatsachen zeitweise glatt zu widersprechen scheinen; aber Jesus, der vom göttlichen Prinzip mehr wußte und mehr bewies als irgend jemand anders, hinterließ seinen Nachfolgern aller Zeiten die hilfreiche Ermahnung: „Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein rechtes Gericht”.
Das vom Meister Christus Jesus empfohlene „rechte Gericht” ist allen Christlichen Wissenschaftern von ihrer geliebten Führerin im Handbuch Der Mutterkirche zur dringenden Pflicht gemacht. In Artikel VIII, Abschnitt 1 schreibt sie: „In der Wissenschaft regiert allein die göttliche Liebe den Menschen. Ein Christlicher Wissenschafter spiegelt die holde Anmut der Liebe wider in der Zurechtweisung der Sünde, in wahrer Brüderlichkeit, Barmherzigkeit und Versöhnlichkeit”.