Jeder Christliche Wissenschafter müßte sich eigentlich für den Kirchenbau interessieren. Ist doch die ernste Betrachtung dieses Gegenstandes dem Bauen unseres Lebens, unseres Charakters, unseres Berufs ähnlich. In gewissem Sinne arbeiten wir alle am Kirchenbau, wenn wir andachtsvoll und aufrichtig arbeiten. Und die Christliche Wissenschaft, verstanden und recht angewandt, befähigt uns, intelligente und wissenschaftliche Baumeister zu werden.
Wir arbeiten sozusagen am Kirchenbau, wenn wir die Christliche Wissenschaft auf jedes erdenkliche Problem anwenden, weil wahrer Kirchenbau mental ist, d.h. ein Bauen ist, das in gütigen Taten, in liebevollen Gedanken, in schnellen und dauernden Heilungen Gestalt annimmt. Diese Art Kirchenbau kommt äußerlich in schuldenfreien Kirchengebäuden, in denen lauter freudige, dankbare, rührige Arbeiter tätig sind, zum Ausdruck. Solche Kirchen sind der Ausdruck der Dankbarkeit der Hungrigen, die gespeist worden sind, der Kranken, die geheilt worden sind, und der Leidtragenden, die durch die praktischen, wissenschaftlichen Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft getröstet worden sind.
Am Ende seines Wirkens gebot Jesus seinen Nachfolgern, die heilende Wahrheit, die er ihnen bewiesen hatte, weit und breit in die Welt und jedem Geschöpf darin zu bringen. Ist diese feierliche Einschärfung geändert worden? Nein. Selbst nach fast zweitausend Jahren ist die Zeit reifer als je, das Evangelium den Enden der Erde zu predigen. Und wir sollten die christlich-wissenschaftliche Kirche so gestalten, daß sie die Wahrheit der ganzen Menschheit überall bringt.
Die Christlichen Wissenschafter können Mary Baker Eddys inspirierte Bestimmung des Begriffs „Kirche” auf Seite 583 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” nicht zu oft lesen oder zu tief darüber nachdenken. Sie lautet: „Der Bau der Wahrheit und der Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht. Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zum Beweis der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt”.
Sah Mrs. Eddy als Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft nicht, daß die christlich-wissenschaftliche Kirche praktisch, göttlich wirksam sein muß, um der ganzen Menschheit Erleuchtung zu bringen? Erkannte sie nicht, daß Kirche nicht ein bloßes Gebäude aus Stein, Holz oder Stuck ist, sondern eine Einrichtung, die in allen Richtungen zu segnen, zu heilen und zu ermutigen strebt?
Kirchenbau ist also bestimmt mit rechtem Denken und rechter Tätigkeit verwandt. Wir alle sollten Baumeister sein. In dem Verhältnis, wie wir die Christliche Wissenschaft beweisen, bauen wir ein Leben der Nützlichkeit, der Hilfsbereitschaft, des Segens. Das Gedeihen jeder Kirche hängt ebenso von der nützlichen Tätigkeit der einzelnen Mitglieder ab, wie das Gedeihen jedes Geschäfts von der harmonischen Zusammenarbeit der darin Tätigen abhängt. Die Christliche Wissenschaft, recht verstanden, hilft jedem in jeder rechtmäßigen Tätigkeit. Indem wir uns als Kirchenmitglieder mit dem Prinzip verbünden, werden wir bessere Menschen, sehen wir den geistigen Plan klarer.
Als der Mann Gottes die Witwe, deren Söhne leibeigene Knechte werden sollten, fragte, was sie im Hause habe, sagte sie, sie habe nur ein wenig Öl. Mrs. Eddy definiert „Öl” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 592) als „Heiligung; Nächstenliebe; Milde; Gebet; himmlische Inspiration”. Laßt uns in alle leeren Gefäße, die wir in der Welt finden, dieses Öl hineingießen! Dann werden wir nicht fragen: „Wo kann jeder von uns das bekommen, was zum Bau dieser Kirche nötig ist?”
Beim Kostenvoranschlag des Baus einer christlich-wissenschaftlichen Kirche kommen noch andere Dinge außer Geld in Betracht. Laßt uns sehen, was wir haben, womit wir bauen können: ob wir eines Gemüts sind; ob wir die zu einem Kirchenbau nötigen geistigen Erfordernisse haben; wieviel Liebe in unseren Versammlungen ist; wieviel Harmonie unter unseren Kirchenmitgliedern ist; wie einig unser Verlangen und unsere Absicht, eine Kirche zu bauen, ist! Und es gibt Dinge, die wir lieber nicht haben: Neid, Eifersucht und Stolz beim Kirchenbau.
Der Psalmist sagt: „Wo der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen”. Wir können mit keinem andern Baumeister geistig bauen; und wenn wir wahrhaft wünschen, daß der Herr die Kirche baue, werden wir keine Schwierigkeit haben, die rechten Leute zu finden, die den Bau entwerfen, die Arbeit beaufsichtigen und sehen, daß der Bau ordentlich ausgeführt wird.
Die Christlichen Wissenschafter sind nicht im Zweifel über die Substanz—die Widerspiegelung der Wahrheit und der Liebe—womit sie ihre Kirche bauen. Wenn wir einen reichen Ausdruck der Wahrheit und der Liebe in jeden Gottesdienst mitbringen, wird Baumaterial in Fülle vorhanden sein. „Bringet aber die Zehnten ganz in mein Kornhaus, auf daß in meinem Hause Speise sei, und prüfet mich hierin, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle”.
Die Kirche sollte auf den Felsen Christus gebaut werden. In ihren Grundlagen muß sie Einigkeit, Güte, Freude und Dankbarkeit enthalten. Diese Eigenschaften bringen die Zehnten—Beiträge. Sogar im Gefüge des materiellen Gebäudes sollte wissenschaftliches Denken zum Ausdruck kommen. Es sollte Schönheit und Ebenmaß ausdrücken. Wir sollten Frieden in seinen Mauern empfinden. Seine Türen sollten für alle, die eintreten wollen, weit offen sein.
Eine wunderbare Stelle im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch (S. 504) lautet: „Wenn sich die Strahlen der unendlichen Wahrheit im Brennpunkt der Ideen sammeln, bringen sie augenblicklich Licht, während tausend Jahre menschlicher Lehren, Hypothesen und vager Mutmaßungen keinen solchen Glanz ausstrahlen”. Wir müssen sehen, daß unsere Kirche die ganze Welt segnet, indem sie sie in diesen Brennpunkt göttlicher Ideen bringt.
Wiederum schreibt Mrs. Eddy auf Seite 210 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany”: „Gute Gedanken sind eine undurchdringliche Rüstung. Damit angetan, seid ihr vor den Angriffen des Irrtums jeder Art vollständig geschützt. Und nicht bloß seid ihr sicher, sondern alle, auf denen eure Gedanken ruhen, werden dadurch gesegnet”. Unsere Kirche, die auf gute Gedanken gebaut ist, wird jedem Übel, das sie angreifen will, unzugänglich sein. Dann werden die Mitglieder und die Versammlung geschützt sein, und wer für Heilung bereit ist, wird geheilt werden.
Als Nehemia die Mauer Jerusalems wiederaufbaute, zeigte er, wie das hinderliche Verhalten des sterblichen Gemüts zu meistern ist. Er lernte mehr beten und weniger reden. Die Feinde—Eifersucht, Neid, Tadelsucht, Uneinigkeit, Streit—suchten ihn auf viele Arten von seiner Aufgabe abzubringen; aber seine beharrliche Standhaftigkeit und Hingebung befähigten ihn, die Arbeit siegreich zu vollenden. Wenn wir unsere Kirche bauen, müssen wir uns ebenso vor dem Irrtum hüten. Wir sollten Weisheit, Wachsamkeit, Freundlichkeit, Gastfreundschaft und Demut pflegen; denn dann helfen wir unsere Kirche bauen. Wir können nicht befriedigend bauen, wenn wir nur an uns selber denken und unsere Tätigkeiten auf unsern eigenen Kirchenbau beschränken. Laßt uns an andere Zweigkirchen denken und ihnen bereitwillig helfen!
Wir müssen der geistigen Entfaltung und der göttlichen Führung bewußt sein, um bessere Kirchenarbeiter und Kirchenbaumeister sein zu können. Wir müssen bestrebt sein, Gott, das Gute, von ganzem Herzen und unsern Nächsten wie uns selber zu lieben. Laßt uns also unsere geistige Tätigkeit entfalten, das Erwachen des schlafenden Verständnisses in uns beschleunigen! Denn so werden wir gerüstet sein, unsere Kirche zu bauen, sie erfolgreich zu bauen.
