Verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes”, schrieb Paulus den Römern. Im 32. Kapitel des 1. Buchs Mose ist die Erneuerung und Umwandlung Jakobs beschrieben. Er „blieb allein. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach”.
In seinem Leben voll ereignisreicher, sogar gewaltsamer Vorkommnisse, worin der menschliche Wille und persönliches Verlangen eine so große Rolle gespielt hatten, hatte Jakob Entrinnen gesucht und Buße getan; aber er hatte sich nicht umgewandelt. Er war aus einer oft gefährlichen und wenig rühmlichen Unbeständigkeit in die andere geraten und war, obgleich manchmal beunruhigt und von bösem Gewissen gequält, aus ihnen hervorgegangen, ohne die Lehren geistiger Erneuerung, die eine Wiederholung verhindert hätten, aus ihnen zu ziehen. Aber zu Pniel wurde sein Wesen nicht bloß erneuert; es wurde von neuem geboren. Was ein vorübergehendes Streben nach Güte gewesen war, wurde in Verständnis und Beweis umgewandelt. Was er erblickte, war nicht mehr trügerisch und in weiter Ferne, sondern praktisch und vollständig. Er erfuhr, daß es etwas gab, was er höher schätzte als auf Kosten eines andern gewonnenen menschlichen Besitz; etwas, was für ihn mehr bedeutete als sicheres Hervorgehen aus einer gefährlichen Lage. Er lernte die Art Gottes und des Menschen verstehen. Indem er sich selber fand, wurde er befähigt, auch seinen Bruder zu sehen. Diesen Vorgang der Umwandlung Jakobs, wo er nach der Erklärung der Bibel „mit Gott und mit Menschen gekämpft” hatte, beschreibt Mary Baker Eddy im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”. Dort macht sie klar, daß Jakob deshalb obsiegte, weil er in diesem Kampfe zwischen Wahrheit und Irrtum nicht zu entrinnen, sondern geistiges Verständnis zu erlangen suchte.
Irgendwie hat sich jeder in ähnlicher Weise zu entscheiden. Der Kampf kann furchtbar und die Nacht finster scheinen; aber er hat seine Wahl zu treffen zwischen der Fortdauer eines Begriffs von sich selber, den aufzugeben er bisher keine echte Anstrengung gemacht zu haben scheint, wie oft es ihn auch schon gereut haben mag, und dem Ersetzen dieses Begriffs durch das, was unberechenbare Segnungen bringen wird. Er hat zu wählen, ob er sich dem Irrtum unterwerfen oder ihn bekämpfen und überwinden will. Die alte Art war, einen Vergleich einzugehen und sich oft dem Bösen aus Verlangen oder Furcht zu unterwerfen. Die neue Art ist noch nicht erprobt; aber es gibt schon genug Lichtblicke, die Mut und Vertrauen bringen. Für den, der das Haupt erhebt, hat das Licht schon zu leuchten begonnen.
Auf Seite 308 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs, wo Mrs. Eddy das Ergebnis jener Stunde beschreibt, als der Geist über Schwäche und Heuchelei siegte, lesen wir: „Aber der Patriarch, der seines Irrtums und seiner Hilfsbedürftigkeit gewahr wurde, ließ nicht von diesem herrlichen Licht, bis sein Wesen umgestaltet war”.
Vergeblich und oft mit Schmerzen suchen die Menschen Erneuerung in ernster Selbstprüfung, in Selbstzucht und Selbstverleugnung, bis sie lernen, daß sie nur so siegen können, wie Jakob siegte: durch standhaftes Festhalten an der Wirklichkeit, durch Weigerung, sich den Verlockungen und Drohungen des Bösen zu unterwerfen.
Nicht in der Verneinung der Selbstverdammung, nicht in Reue über frühere Sünden, noch weniger in fatalistischem Annehmen unvermeidlicher rückwirkender Strafen wegen der Überlegenheit feindlicher Kräfte wird Freiheit und Umwandlung kommen. Das Ringen scheint manchmal grimmig und unaufhörlich, die Nacht lang und finster. Wer aber erkennt, wie trügerisch der Feind ist, den er bekämpft, wie selbstauferlegt die Furcht oder die Herrschaft, der er sich unterwirft, wird ausharren. Im Bewußtsein seines eigenen ewigen Rechts auf den zärtlichen Schutz der Liebe wird er weiterkämpfen, bis die Finsternis vor dem Strahlenglanz eines sonnenhellen Tages vergeht.
So erfahren die Menschen durch die Christliche Wissenschaft in Demut und Gehorsam, wo die Macht zu finden ist, die segnet und siegt, weil sie keine andere Macht anerkennt, weil sie sowohl Macht als auch die Liebe ist.
Vorübergehende Befreiungen, zeitweilige Linderungen, sogar eindrucksvolle Beweise des Erfolgs mögen den Menschen in ihrer menschlichen Erfahrung und als Ergebnis dessen, was sie für Erkenntnis, Inspiration, Glauben an Gott halten, zuteil werden; aber wenn nicht auch die Umwandlung vom Materiellen zum Geistigen stattfindet, hat das tatsächliche Siegen nicht begonnen, ist der Segen nur teilweise und unsicher.
Nicht ziellos und objektiv ist das Werk der Wahrheit, sondern, die Sehne des Irrtums schlagend, ersetzt es diese durch geistige Stärke und vertreibt für immer alle sterblichen Fälschungen. Auf Seite 16 in „Miscellaneous Writings” zeigt uns Mrs. Eddy, wie wir dieses göttliche Ereignis, das zu jedem kommt, wie es zu Jakob kam, erkennen können. „Dieses neuerwachte Bewußtsein ist ganz geistig. Es geht von der Seele anstatt vom Körper aus und ist die in der Christlichen Wissenschaft begonnene Wiedergeburt”. In diesem dämmernden Lichte wahrer Wesensübereinstimmung sieht man die Einfachheit, die Unvermeidlichkeit der Umwandlung des Denkens in das göttliche Gleichnis. Wie herrlich mit der Erneuerung des Zwecks die Gelegenheiten sind, physische und mentale Erbschaften auf immer aufzugeben, die aufgeben zu können dem sterblichen Sinn so hoffnungslos schien!
Die Gedanken, die anscheinend gegenwärtig waren, als diese Aufforderung zur Erneuerung angenommen wurde, mögen Gedanken der Krankheit oder der Sünde, des Leidens oder der Enttäuschung gewesen sein. Ihre offensichtliche Größe und Hartnäckigkeit braucht nicht zu beunruhigen; denn unendlich ist die Quelle göttlicher Erneuerung, unermeßlich der Bereich ihrer radikalen Wirkung auf die Natur, die sie willkommen heißt und annimmt. Wie herrlich, wie vollständig muß die Umwandlung dessen sein, der erkannt hat, daß ihm das not tut, was nur der Geist bieten kann, und der willens ist zu ringen, bis er wie Jakob siegt!
Heute sehen diejenigen, die nach oben blicken, nicht endlosen Kampf, Zerstörung und Unheil vor sich, sondern in dem Pniel der göttlichen Wissenschaft von Angesicht zu Angesicht die Versicherung Gottes, das Verständnis, daß dieses Licht allumfassender Segnung die Erkenntnis in sich schließt, daß alle Menschen in der Bahn der göttlichen Liebe gehalten werden.
In dieser geistigen Erneuerung kann es keine Spur von Haß, keine persönliche Gegenbeschuldigung geben. Im Kommen des Tages, im Aufwachen von allen falschen Verfahren und nutzlosen Kämpfen geht die Weissagung unserer Führerin sichtbar in Erfüllung. Auf Seite 191 in Wissenschaft und Gesundheit verkündigt sie das Kommen des Christus mit den Worten: „Auf ihren Schwingen des Lichts wird die Wahrheit die ganze Erde verwandeln und die Finsternis des Irrtums vertreiben”.