Das Maß der Nützlichkeit eines Menschen hängt davon ab, ob er sich als Knecht oder als Sohn ansieht. Wenn als Knecht, dann kann seine Arbeit von herkulischem Pflichteifer und Fleiß zeugen; aber es wird ihr der Geist der Inangriffnahme und des eigenen Triebs fehlen—seine Arbeit wird von Bedenklichkeiten und Hemmungen beschränkt sein. Wenn als Sohn, dann wird sie das Erbrecht auf jene Eigenschaften des Gemüts ausdrücken, die ewig in Inspiration, Freude und Herrschaft kund werden. „Der Knecht aber bleibt nicht ewiglich im Hause; der Sohn bleibt ewiglich”, sagte Jesus zu jenen Juden, die an ihn glaubten.
„Wenn das, was wir tun, nicht nützlich ist, ist unser Ruhm vergeblich”, schrieb ein Dichter. Wer aber Nützlichkeit nur mit materiellem Dienst verbindet, wer der Not oder dem Gewissen gehorchend sich zwingt, die ihm zuerteilten Aufgaben auszuführen, beraubt sich und die Welt dessen, was nicht bloß gehorcht, sondern in bewußtem Einssein mit dem göttlichen Prinzip die Vollkommenheit aller wirklichen Dinge aufweist. Was auch immer der Beruf der Menschen sei, was für Forderungen privater, nationaler oder internationaler Art in der Welt an sie herantreten mögen, ihre Nützlichkeit hängt nicht hauptsächlich davon ab, wieviel sie tun können oder wollen, nicht von dem Umfang oder der Wirksamkeit ihrer Anstrengungen, sondern davon, was sie sind, und was sie daher in jenen Eigenschaften, aus denen wahrer Dienst besteht, beständig ausdrücken.
„Nützlichkeit ist rechtes Handeln an sich selbst und an anderen”, schreibt Mary Baker Eddy auf Seite 8 ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1900. Und was für ein Selbst meint sie, wenn nicht das, das sie uns in ihren Schriften so ausführlich enthüllt hat, das Selbst, das ewig bleibt, weil es wesenseins mit dem Sohn ist?
Erstaunlich in ihrer tiefen Bedeutung ist die Erklärung, die Jesus an seine Jünger richtete: daß diejenigen, die getan haben, was ihnen zu tun befohlen war, dennoch bekennen sollten: „Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren”. Hier haben wir eine so oft nicht erkannte und daher nicht beachtete Mahnung, wie wenig es nützt, wie ärmlich die Leistung ist, wenn die Ausführung der Arbeiten das Mindestmaß der Willigkeit und der Zusammenarbeit bekundet. Das Wesen des Dienstes und daher dessen wesentliche Nützlichkeit ist nicht in dem zu finden, was sich durch Zwang oder Strafe ergibt, nicht in der Erwartung von Lohn oder Lob, sondern in dem, was in liebevollem, uneigennützigem, intelligentem Geben zum Ausdruck kommt. Christi Jesu Menschlichkeit lag nicht nur darin, daß er lehrte, daß die Blinden geheilt, die Aussätzigen gereinigt, die Sünder erlöst werden können. Darin, daß er seine ganze Laufbahn der von ihm unternommenen Arbeit widmete, zeigte er in Sanftmut und Erbarmen die Art der Gottheit und des Menschen Erbe der Sohnschaft. So brachte er Erlösung; so half er die innersten Bedürfnisse derer befriedigen, die zu ihm kamen.
Auf Seite 134 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” schreibt unsere Führerin: „Die Freude über gute Errungenschaften und gut getane Arbeit sollte nicht durch eine versäumte Gelegenheit, eine noch nicht erfüllte dringende Forderung getrübt werden”. Die Erfüllung der Nützlichkeit hängt bei jeder Arbeit vom Beharren in der Liebe ab. Die Züge, die verdunkeln und hindern, sind das Ergebnis des Glaubens an Knechtschaft und des Verwerfens der Sohnschaft. Wegen eines solchen Glaubens wird das Leben der Menschen weiter von Furcht oder Gewaltherrschaft, Entmutigung, Teilnahmlosigkeit oder Eigenwillen beherrscht. Der Sohn bleibt, weil er das ausdrückt, was allein die höchste Nützlichkeit gewährleistet—Weisheit und Liebe. Jesus sagte: „Was Gott tut, das tut gleicherweise auch der Sohn”. Hier ist anerkannt, was ohne Widerstreit, ohne Zwang, ohne Vorgang im Wollen und Handeln vereinigt ist.
Nützlichkeit—das Denken der Jugend entbrennt dafür in Anbetracht ihrer Gelegenheiten, ihrer Wichtigkeit, ihrer Verheißung von Ansehen und Macht. Aber wie wertlos, wie öde und trostlos ist letzten Endes die Nützlichkeit, die sterbliche Knechtschaft der geistigen Herrschaft vorzieht! Was habe ich zu der Welt beizutragen? Das ist die Frage, die jeder an sich selber richten muß. Nicht durch bloße Hingebung an zuerteilte menschliche Aufgaben, nicht durch bloßes noch so gewissenhaftes Befolgen von Befehlen und Verordnungen, die von dem Wunsche getrieben sind, die Forderungen der Menschen zu befriedigen und ihren Zwecken zu dienen, ist die Antwort auf diese Frage zu finden. Jeder wird sich nur dann zum höchsten Vollbringen erheben, wenn er erkennen lernt, was der Vater tut, damit er es gleicherweise tun kann. Die Menschen versäumen Gelegenheiten, befolgen gebieterische Forderungen nur teilweise oder überhaupt nicht, weil sie vom Dienen nicht wie Christus Jesus in Ausdrücken von unbegrenztem Selbstausdruck, sondern in Ausdrücken von Gewinn und Verlust, in Ausdrücken von Wagnis und eigenem Vorteil denken. An unsere Arbeit gehen, mag die Welt sie groß oder klein nennen, erfüllt von der hohen Absicht, nichts vorzuenthalten, was wir als Vertreter Gottes zu geben haben—das ist der Antrieb, das ist die Führung in allem, was wir unternehmen. Nichts Geringeres als vollständige Annäherung an das, was der Vater tut, anerkannte Jesus als den Nützlichkeitsmaßstab für den Sohn. In ihrer erhabenen Entschlossenheit, seinem Beispiel nachzueifern, weder ihre eigene Nützlichkeit noch die anderer zu beeinträchtigen, werden sich Männer und Frauen überall beständig von neuem zu der vor ihnen liegenden Arbeit in dem Bewußtsein verpflichten, daß sie der Ausdruck nicht der Knechtschaft, sondern der Sohnschaft sind.
