In seinem Briefe an die Epheser schrieb Paulus: „So ermahne nun euch ich Gefangener in dem Herrn, daß ihr wandelt, wie sich’s gebührt eurer Berufung, mit der ihr berufen seid”. Paulus war gut darauf vorbereitet, diesen weisen Rat zu geben. Er hatte erkennen gelernt, daß es notwendig ist, das Verständnis der Wahrheit auf die menschliche Erfahrung anzuwenden. Und durch Überwinden seines Widerstandes gegen die Wahrheit hatte er sein Freisein von der Knechtschaft der sogenannten materiellen Annahmen und Ränke gefunden.
Das „Wandeln, wie sich’s gebührt eurer Berufung, mit der ihr berufen seid”, dürfte mit dem Anwenden des Verständnisses der Wahrheit auf die jeweilige Erfahrung gleichbedeutend sein. Wenn das Verständnis der Christlichen Wissenschaft auf menschliche Probleme angewandt wird, hat die Befreiung von den Annahmen des Materialismus begonnen. Wie wahr es doch ist, daß wir uns durch geistige Inspiration über ungünstige Zustände und Umstände so erheben können, daß unser Sinn des Friedens und der Harmonie durch keine vorübergehende Begebenheit getrübt oder gestört werden kann!
Für einen, der von geistiger Erkenntnis durchdrungen ist, wird das Geistige die einzige Wirklichkeit, und keine andere sogenannte Gegenwart oder Macht kann ihm wirklich scheinen. Auf Seite 507 und 508 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mary Baker Eddy: „Die Schöpfung erscheint immer und muß nach der Art ihrer unerschöpflichen Quelle immer weiter erscheinen. Der sterbliche Sinn kehrt dieses Erscheinen um und nennt Ideen materiell. So falsch ausgelegt, scheint die göttliche Idee auf das Niveau einer menschlichen oder materiellen Annahme, sterblicher Mensch genannt, herabzusinken”.
Die menschliche Erfahrung geht als Annahme des Lebens und der Intelligenz in der Materie so lang weiter, bis die Sterblichen erkennen lernen, daß das Leben der Geist, Gott, ist. Was wir in das menschliche Bewußtsein einlassen, bildet unsere gegenwärtige Welt. Die menschliche Erfahrung vervollkommnet sich in dem Verhältnis, wie der Glaube an die Materie durch das Verständnis, daß die Schöpfung geistig ist, ersetzt wird.
An einer andern lehrreichen Stelle, auf Seite 230 des Lehrbuchs, schreibt Mrs. Eddy: „Wenn Krankheit wirklich ist, gehört sie der Unsterblichkeit an; wenn wahr, ist sie ein Teil der Wahrheit”. Sie fährt fort: „Sind aber Krankheit und Sünde Trugvorstellungen, dann wird uns das Erwachen aus diesem sterblichen Traum oder dieser sterblichen Trugvorstellung zur Gesundheit, Heiligkeit und Unsterblichkeit führen. Dieses Erwachen ist das ewige Kommen des Christus, das Vorauserscheinen der Wahrheit, das Irrtum austreibt und die Kranken heilt”. Jede durch das Verständnis der Wahrheit vollbrachte Heilung enthüllt etwas, was zur geistigen Wirklichkeit gehört.
Nicht selten hören wir einen klagen, daß er, wie er glaubt, nicht die Gelegenheiten gehabt habe, die andere gehabt haben. Vielleicht sind ihm die seiner Ansicht nach ihm zustehenden Annehmlichkeiten des Lebens versagt geblieben. Die Erfahrung, durch die wir materiellen Annahmen entwachsen und die geistige Wirklichkeit erkennen, ist von großem Wert, da sie zeigt, daß wir „wandeln” gelernt haben, „wie sich’s gebührt unserer Berufung, mit der wir berufen sind”. Wie beim Lösen einer Rechenaufgabe kein Fortschritt gemacht wird, solange man an einem Fehler festhält, so wird nichts gewonnen, solange man vorübergehend den Annahmen des materiellen Sinnes frönt.
Joseph begann sein Lebenswerk in früher Jugend. Samuels Leben wurde schon in seiner Kindheit Gott geweiht. Christus Jesus bekundete ein erstaunliches Gottesverständnis, als er noch ein Kind war. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, hatte als Kind einen viel tieferen Einblick in geistige Dinge als Leute in reifen Jahren.
Von Anfang bis Ende widersetzt sich das fleischliche Gemüt allem, was die Geistigkeit des Menschen veranschaulicht. Geistiger Inspiration und geistigen Verständnisses teilhaftig sein, kann Neid, Eifersucht, Haß und Rache erregen. Der Widerstand des Bösen gegen die Wahrheit kann die Ursache zeitweiliger Untätigkeit und Verzögerung zu sein scheinen. Trotzdem wird die Wahrheit, im menschlichen Bewußtsein vergegenwärtigt, den Glauben an das Böse überwiegen und beweisen, daß die Ansprüche des sterblichen Gemüts einen nicht in der Knechtschaft materieller Annahmen halten können.
Den Schwierigkeiten zu entrinnen, denen man zu begegnen scheinen mag, wenn man das Unwahre durch das Wahre überwindet, ist durch Beweisen der Unwirklichkeit der sich darbietenden Erscheinungsformen des sterblichen Irrtums möglich gemacht. Wenn man sich über das Böse dadurch erhebt, daß man seine Nichtsheit beweist, gewinnt man Herrschaft darüber. Wir beanspruchen unsere Freiheit, wenn wir materielle Annahmen gegen das Verständnis der Vollkommenheit Gottes und des Menschen als Seiner Widerspiegelung austauschen.
Rechtes Denken und rechtes Leben sind nie außerhalb des geistigen Gesetzes. „Was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig”. Während dem äußeren Anschein nach nichts von Bedeutung in Josephs Erfahrung stattfand, als er im Gefängnis war, erwarb er dort das Verständnis des geistigen Gesetzes, das ihm später Herrschaft über alle Umstände und Zustände gab. Und dieses Verständnis erwies sich als hinreichend, einen wahren Sinn der Brüderschaft zu begründen, und sorgte später für Vorräte, die genügten, die Bedürfnisse des Volks zu befriedigen, als „im ganzen Lande Teurung war”.
Die Geschichte der Vergangenheit zeigt wenig Unterschied von der heutigen Erfahrung. Die Unzuverlässigkeit der materiellen Daseinsauffassung wird vielleicht erst erkannt, wenn sie das menschliche Bedürfnis nicht mehr befriedigt. Auf Seite 322 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Die harten Erfahrungen des Glaubens an das mutmaßliche Leben der Materie so gut wie unsere Enttäuschungen und unser unaufhörliches Weh treiben uns wie müde Kinder in die Arme der göttlichen Liebe. Dann beginnen wir das Leben in der göttlichen Wissenschaft zu begreifen. ‚Meinst du, daß du wissest, was Gott weiß‘ ohne diesen Entwöhnungsprozeß?”
Die materielleren Begriffe, die einem in der Vergangenheit genügt zu haben scheinen, werden das höhere Verständnis von heute nicht mehr befriedigen. „Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind ...; da ich aber ein Mann ward, tat ich ab, was kindisch war”. Wenn man materiellen Annahmen entwächst und sie um des Neuen willen aufgibt, kommt die wirkliche Art des Menschen zum Ausdruck.
Alles, was einen in Gefangenschaft der Annahmen Sünde, Krankheit, Leid und Tod zu halten scheinen mag, ist ein falscher Anspruch. Von Anfang an finden wir die Lösung der Probleme des menschlichen Daseins durch Überwinden der Übel des materiellen Sinnes und durch Aufrichten unserer gottgegebenen Herrschaft durch Beweisen des unveränderlichen Gesetzes Gottes.
