„Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen”. Mit diesen fesselnden Worten begann Jesus ein Gespräch mit Nikodemus. Es war eine denkwürdige Unterredung, die unter dem Schutze der Dunkelheit begehrt wurde; aber die Wahrheit in den darauffolgenden Erklärungen, geistig verstanden, erleuchtet auf immer den wissenschaftlichen Sinn des Seins, klärt die Mission des Christus, macht das Zeugnis Jesu klar, indem sie den von Verdammung nicht getrübten göttlichen Zweck der Erlösung enthüllt.
Unter einem unwiderstehlichen Antrieb kam dieser Pharisäer in der Nacht, zweifellos sich fürchtend, jemand, dessen Lehren so sehr von den volkstümlichen und herkömmlichen Lehren abwichen, öffentlich zu befragen, und dennoch, wenn auch nur schwach, die göttliche Kraft und Macht wahrnehmend, die in den Worten und Werken Jesu so hervorragend zum Ausdruck kamen.
Das erhabene Denken Jesu, das, während es den Beweggrund seiner Frager unfehlbar wahrnahm, das Denken derer, die zu ihm kamen, wie immer zu erleuchten und zu vergeistigen suchte, fand weiteren Ausdruck in den Worten: „Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen”— Worte, denen er mit großem Nachdruck hinzufügte: „Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren wird, das ist Geist. Laß dich’s nicht wundern, daß ich dir gesagt habe: Ihr müsset von neuem geboren werden”. Überrascht—nein, erstaunt—rief Nikodemus aus: „Wie mag solches zugehen?”
Obwohl der Pharisäer ein Lehrer oder Oberster in Israel war, konnte sein unerleuchtetes Denken die Art der von dem Meister gezeigten Schritte nicht erfassen, die zuerst das Erkennen des Reichs und dann das Hineinkommen betrafen. Jesus erläuterte und veranschaulichte jedoch geduldig die tiefgehende Botschaft geistiger Geburt und Sohnschaft, einer Sohnschaft, die auf immer in der Gegenwart des Vaters bleibt, die aus dem Geist geboren ist und wegen ihres göttlichen Ursprungs den unfehlbaren Beweis der Herrschaft, des Himmels, der Harmonie geben muß. Dies wird sie auch weiter mit genau solchen Worten und Werken tun, die das Interesse wecken und antreiben und das Fragen von Suchern wie Nikodemus veranlassen.
Seine Erklärung fortsetzend, sagte Jesus: „Niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel herniedergekommen ist, nämlich des Menschen Sohn, der im Himmel ist”. Durch die große Offenbarung, die der Menschheit durch Mary Baker Eddy gegeben wurde, sind die Christlichen Wissenschafter über die geistig wissenschaftliche Bedeutung sowohl der Sohnschaft als auch des Himmels aufgeklärt—Auslegungen, die die Lehren des Meisters lebendig und wirksam gemacht und den heilenden und erneuernden Zweck seines Dienstes auf Erden in praktische Wirkung gebracht haben.
In „Nein und Ja” (S. 36) hat Mrs. Eddy geschrieben: „Jesu wahres und bewußtes Sein verließ nie den Himmel um der Erde willen. Es weilte immerdar droben, selbst während die Sterblichen glaubten, es wäre hier. Einst sprach er von sich (Joh. 3, 13) als von, des Menschen Sohn, der im Himmel ist‘— bedeutungsvolle Worte, die der volkstümlichen Ansicht über Jesu Natur ganz entgegengesetzt sind”.
In Jesu Erklärung über sich in seinem Gespräch mit Nikodemus zusammen mit dem von unserer geliebten Führerin darauf geworfenen Licht ist uns die Grundlage für erfolgreiches Heilen aller Übel enthüllt, seien diese leiblich, mental oder sittlich, seien sie für uns selber oder für andere, national oder international. Hier drückte der menschliche Jesus seine Wesenseinheit mit dem Göttlichen aus. Von der Höhe des „Menschen Sohnes, der im Himmel ist”, können wir in der Tat die absolute Wahrheit des Seins—das, was allein alle Unwahrheiten des materiellen Sinnes heilt—sehen.
Eine Wissenschafterin, der sich ein Problem darbot, das das Leben und das Glück anderer beeinträchtigte und sie nötigte, eine Anzahl weitreichender, schwieriger und verwickelter Entscheidungen zu treffen, lernte diese geistigen Tatsachen nach und nach mit wachsender Überzeugung erkennen. Sie konnte sich entschlossen von ihrem persönlichen Jammern über schwierige Umgebung und verzagten, sogar hoffnungslosen und furchtsamen Unheils- und Verzweiflungsprophezeiungen zu der beruhigenden Zuversicht erheben, daß jede einzelne Idee, die ihren vollkommenen Platz im Himmel hat, dieses vollkommene Stellungs-, Ordnungs- und Sicherheitsgesetz auch in menschlichen Angelegenheiten ausdrücken muß. Diese Erkenntnis brachte auch das Vertrauen mit sich, daß keine menschliche Handlung oder Unterlassung den göttlichen Plan des Vaters für Seinen geliebten Sohn stören kann.
Im Ausarbeiten dieser Erfahrung wurde alles berechnende sterbliche Denken entschieden ausgeschlossen und standhaft an der göttlichen Tatsache der Vertretung durch „des Menschen Sohn, der im Himmel ist”, festgehalten.
Ganz plötzlich wurde der erste Schritt vorwärts von einem der an der Lage Beteiligten gemacht. Dann begann sich alles harmonisch zu entwickeln. Widerspruch schwieg, Widerstand gab nach, die rechten Ideen für jede Lage und jeden Umstand erschienen in geordneter Reihenfolge, und es wurde überaus klar, daß das, was sich als eine Erfahrung in der „Wüste” angekündigt hatte, die Mrs. Eddy auf Seite 597 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” als „Einsamkeit; Zweifel; Finsternis” auslegt, zu dem emporgehoben wurde, was Mrs. Eddy weiter auslegt als „Unmittelbarkeit des Gedankens und der Idee; der Vorhof, in welchem der materielle Sinn der Dinge verschwindet und der geistige Sinn die großen Tatsachen des Daseins zur Entfaltung bringt”.
Es war bewiesen worden, daß Gottes Gesundheits- und Harmoniegesetz für Seine geistige Idee auch das Gesetz für den menschlichen Begriff ist. Was sich menschlich bekundete, erwies sich als die Tätigkeit der göttlichen Regierung. Die Vision von „des Menschen Sohn, der im Himmel ist”, war auf Erden kund geworden.
So lernt der Christliche Wissenschafter durch geistige Gemeinschaft jene verborgene Stätte, die Jesus bildlich als das Himmelreich darstellte, suchen und finden. Durch sein hingebendes, andachtsvolles Denken beweist er die Gegenwart und Macht der Regierung des Reichs in seiner täglichen Erfahrung.
Wenn sich das Denken geistig erweitert, lernt es sich mit der Unendlichkeit bekannt machen, des Meisters Lehre unpersönlich machen und die Bedeutung der göttlichen Elternschaft, des Vater-Mutter Gottes, wie Mrs. Eddy Ihn enthüllt hat, erfassen. So können die Menschen die Bedeutung der göttlichen Liebe, die der Welt die wahre Idee des Seins gibt, wissenschaftlich auslegen lernen. Diese Idee bringt das Bewußtsein des ewigen Lebens und beendigt alle Verdammung, da Leben und Verdammung nicht beieinander wohnen können und Verdammung keinen Platz in der göttlichen Allheit hat.
Der menschliche Begriff von der Versöhnung durch Opferung des geliebten sohnes als Geisel für die Mängel der Menschheit weicht in dieser geistigen Auslegung dem Verständnis des großen und liebevollen Erlösungszwecks, der nichts Verdammliches enthält. Dieses Verständnis enthüllt den vollen Glanz der Mission dessen, der die wahre Idee des Seins in allen Einzelheiten seiner täglichen Erfahrung mit beispielloser Kraft und Macht stufenweise fortschreitend bewies. Jesus wußte, daß sein ewiges geistiges Selbst der Ausdruck seines göttlichen Prinzips war. Er dachte von sich nie anders als von dem Sohn des Vaters, und deshalb veranschaulichte und bewies er in allen Dingen den Christus.
Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 316): „Christus veranschaulicht jenes Verschmelzen mit Gott, seinem göttlichen Prinzip, welches dem Menschen Herrschaft über die ganze Erde gibt”. Hier ist die Herrlichkeit gezeigt, an der alle in dem Maße ihrer Annäherung an das göttliche Ideal, das Verständnis der wissenschaftlichen Sohnschaft, teilnehmen können.