„Und ein kleines Kind wird sie leiten”, erklärte Jesaja. In den amerikanischen Volksschulen wachsen oft Knaben und Mädchen verschiedener Rassen, Glaubensbekenntnisse und Hautfarbe miteinander auf. Schulerziehung wird nicht bloß als Vorbereitung fürs Leben aufgefaßt; sie ist tatsächlich Leben mit der Entwicklung der Kultur, des Charakters und des Bürgertums als ihres hohen Zwecks.
Ein kleines Mädchen befand sich in einer dieser Schulen in einer Klasse, in welcher ihre Rasse in der Minderheit und sie die einzige Christliche Wissenschafterin war. Bald nach Beginn des Schuljahres entstanden Mißverständnisse unter den Kindern. Unduldsamkeit und Streit, die außerhalb der Klasse und der Schule an Heftigkeit zunahmen, waren die Folge. Weder die Schule noch das Heim schien mit dem Zustand fertig zu werden. Verschiedene Versuche, ihn zu heilen, schlugen fehl.
Eines Tages kam das Kind nach dem Vormittagsschulunterricht nach Hause und sagte, sie fürchte sich zurückzugehen. Ernstlich suchten sie und ihre Mutter das Problem, das sich ihnen darbot, zu lösen. Vielleicht weil alle materiellen Mittel versagt hatten, waren sie beide jetzt williger als zuvor, Gott von ganzem Herzen um Hilfe zu bitten. Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” lasen sie folgende Worte von Mary Baker Eddy (S. 571): „Zu allen Zeiten und unter allen Umständen überwinde Böses mit Gutem. Erkenne dich selbst, und Gott wird dir Weisheit und Gelegenheit zu einem Sieg über das Böse geben. Bist du mit dem Panzer der Liebe angetan, so kann menschlicher Haß dich nicht erreichen”.
„Was, denkst du, würde Jesus tun”, fragte die Mutter das kleine Mädchen, „wenn er heute nachmittag in die Schule zurückginge?”
„Er würde ‚Böses mit Gutem überwinden‘”, antwortete das Kind unverzüglich; „er würde so voller Liebe sein, daß jedermann, der ihm begegnen würde, es fühlen und ihn wiederum lieben würde. Er würde sich nicht fürchten, weil er gewiß wüßte, daß Gott allezeit und überall, wohin er ginge, bei ihm wäre. Er würde alles heilen”.
„Dann müssen wir dasselbe tun”, riet die Mutter gütig. „Vergiß nicht, daß Jesus unser Wegweiser ist, und Mrs. Eddy hat auf Seite 37 unseres Lehrbuchs geschrieben: ‚Es ist möglich, ja es ist die Pflicht und das Vorrecht jedes Kindes, Mannes und Weibes, dem Beispiel des Meisters durch den Beweis der Wahrheit und des Lebens, der Gesundheit und der Heiligkeit in gewissem Grade zu folgen‘”.
Fröhlich und mit Vertrauen und Frieden im Herzen ging das kleine Mädchen an jenem Nachmittage wieder in die Schule, überzeugt, daß die göttliche Liebe ihr Schutz war, und daß sie jeden Schritt des Weges in Gottes Gegenwart war. Sie begegnete keinen Feinden. Die angedrohten Angriffe fanden nicht statt. Und nach und nach entwickelte sich in jenem Schulzimmer und weit darüber hinaus eine Atmosphäre der Freundlichkeit und der Duldsamkeit, die eine praktische Lehre in freudigen menschlichen Beziehungen war.
„Die Regierung der göttlichen Liebe ist allerhaben”, schreibt Mrs. Eddy (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 278). Wenn Weltzustände wirr zu sein scheinen, physische Kraft und Waffengewalt zu herrschen scheinen, wenn der Menschen Herzen durch wechselnde Regierungs- und Staatswirtschaftstheorien verwirrt sind, durch verfängliche mesmerische Propaganda, durch „Kriege und Geschrei von Kriegen”, durch Sünde, Krankheit und Tod furchtsam gemacht werden, bringen diese Worte Mrs. Eddys allen, die sie bereitwillig annehmen, Zuversicht. Und sie fügt hinzu: „Die Liebe regiert die Welt, und sie hat geboten: ‚Du sollst keine anderen Götter neben mir haben‘ und: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘. Laßt uns das Körnchen Glauben haben, das Berge versetzt — einen mit dem Verständnis der Liebe ausgerüsteten Glauben wie in der göttlichen Wissenschaft, wo das Recht regiert”!
Jeder einzelne sollte sein Denken über sich und seinen Nächsten prüfen und sich weigern, etwas für sich oder seinen Nächsten als wirklich anzunehmen, was die Allmacht, die Allgegenwart und die Allwissenheit der göttlichen Liebe leugnen würde. Jeder sollte hier und jetzt die Oberhoheit des Guten in seinen menschlichen Angelegenheiten, die Wirklichkeit der göttlichen Regierung des Menschen und des Weltalls und die allumfassende Menschenbrüderschaft anerkennen und beweisen.
Die Christliche Wissenschaft macht diese Religion der Liebe anwendbar. Sie beweist, daß Liebe, die die göttliche Liebe widerspiegelt, in allen persönlichen, nationalen und internationalen menschlichen Beziehungen grundlegend und unerläßlich ist. Die unendliche Liebe schließt Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Weisheit, Recht in sich und kennt nichts Böses, keine Vereinbarung mit dem Irrtum oder der Habgier. In dem Strahlenglanz der Gegenwart der Liebe verschwindet das Böse in sein ursprüngliches Nichts wie die Finsternis der Nacht vor dem dämmernden Morgen. Und „Liebe ist des Gesetzes Erfüllung”. Eines kleinen Kindes Verständnis der göttlichen Liebe und Vertrauen in deren gegenwärtige Wirksamkeit, jedes menschliche Problem zu lösen, heilte Haß- und Streitannahmen. Wo „das Recht regiert”, muß Verständnis und Friede unter Menschen und Völkern erscheinen.
