Wir hören oft die Bemerkung: „Das hat mir wirklich die Augen geöffnet!“ Damit wird immer auf etwas Bezug genommen, was uns Dinge klarer verstehen läßt. Wer sich mit der Christlichen Wissenschaft befaßt, sieht die wahre Art des Seins jeden Tag klarer; denn es werden uns die Augen geöffnet, daß wir die harmonische und ewige Beziehung des Menschen zu Gott sehen. Dieses Öffnen der Augen kann ohne körperliche Anstrengung erfolgen. Wir brauchen nicht die Augenlider zu heben, um die Wahrheit zu sehen. Wir brauchen kein materielles Licht, um die göttliche Verwandtschaft des vollkommenen Gottes und des vollkommenen Menschen zu erkennen.
Eine bekannte biblische Geschichte, wo Augen zur Wahrnehmung der Wahrheit geöffnet wurden, finden wir im zweiten Buch von den Königen. Als der Diener Elisas die Stadt vom Feind belagert sah, kam Furcht über ihn. Elisa in seiner großen Weisheit sagte zu ihm, er solle sich nicht fürchten, und dann betete er (2. Kön. 6, 17): „Herr, öffne ihm die Augen, daß er sehe!“ Wir lesen, daß Gott dem Diener die Augen öffnete, und er sah, daß „der Berg voll feuriger Rosse und Wagen um Elisa her war.“ Elisa hatte nicht darum gebetet, daß dem Diener die leiblichen Augen geöffnet werden möchten, sondern daß sich sein Verständnis entfalte, damit er seine Furcht verliere und die Herrlichkeit Gottes und Seiner Macht erkenne.
Mary Baker Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 38) über Christus Jesus: „Zu denen, die in der Annahme der Sünde und des Selbst begraben waren, und die nur dem Genuß oder der Befriedigung der Sinne lebten, sagte er im Wesentlichen: ihr habt Augen und seht nicht und habt Ohren und hört nicht; auf daß ihr nicht versteht und euch bekehret, und ich euch heilte. Er lehrte, daß die materiellen Sinne die Wahrheit und ihre heilende Kraft ausschließen.“
Einem Christlichen Wissenschafter wurden vor vielen Jahren die Augen geöffnet. Er hatte das herrliche Vorrecht gehabt, von seinem fünften Lebensjahr an eine christlich-wissenschaftliche Sonntagsschule zu besuchen, war aber allmählich davon abgekommen, sich mit der Christlichen Wissenschaft zu befassen. Als er in die Welt hinauskam, erwarb er mehr und mehr die menschlichen Kenntnisse, von denen er glaubte, daß sie ihm in seinem Beruf am meisten helfen würden; aber er verlor die in seiner Jugend gelernten geistigen Wahrheiten aus den Augen. Später begann er die Kirche regelmäßig zu besuchen; doch begnügte er sich noch immer damit, mit dem wenigen auszukommen, das ihm von seinem Sonntagsschulbesuch in Erinnerung geblieben war, und machte keine Anstrengung, einen geistigeren Ausblick zu erlangen.
Als er eines Morgens aufwachte, fand er, daß er nicht recht sehen zu können schien. Von jedem Gegenstand, den er ansah, erschien vor seinem Blick ein doppeltes, verzerrtes Bild. Da ihn Furcht überkam, bat er eine Ausüberin um Hilfe. Sie brachte ihn zu der Einsicht, daß er seine Augen öffnen und anfangen mußte, „richtig zu sehen“, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Nach beträchtlichem ernstem Forschen und Bemühen wurden ihm die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft klarer, und er konnte auch deutlicher sehen. Bald konnte er wieder richtig sehen. Mit der Heilung kam das Verlangen, die großen Wahrheiten des Seins, mit denen er sich in seiner Jugend befaßt hatte, besser verstehen zu lernen.
Viele Menschen gehen heute mit weit offenen Augen ihren täglichen Pflichten nach, sehen aber wenig. Sie mögen materiell scharf sehen können, aber ihr geistiger Blick ist trübe. Ohne geistige Wahrnehmung tastet man in der Dunkelheit materieller Annahmen und sucht Hilfe in jeder nur nicht der rechten Richtung.
Und was ist diese rechte Richtung? Mrs. Eddy hat uns in Wissenschaft und Gesundheit (S. 21) die Antwort gegeben: „Wenn der Jünger geistig vorwärts schreitet, so strebt er danach einzugehen. Er wendet sich beständig vom materiellen Sinn ab und schaut auf die unvergänglichen Dinge des Geistes hin. Wenn er ehrlich ist, wird er es von Anfang an ernst nehmen und jeden Tag ein wenig in der rechten Richtung gewinnen, bis er schließlich seinen Lauf mit Freuden vollendet.“
So ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater geehrt, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger. Gleichwie mich mein Vater liebt, also liebe ich euch auch. Bleibet in meiner Liebe! — Johannes 15, 7–9.
