Neuerdings hört man viel über Atom- und Zellenkernspaltung zur Freimachung gewaltiger Kräfte. Aber die geistige Substanz des göttlichen Weltalls ist keiner Spaltung oder Zerteilung ausgesetzt, und die göttliche Macht ist immer natürlich und mühelos zugänglich, um zu segnen.
Auf vielen Gebieten des Strebens hält die Annahme der Spaltung die Menschen davon ab, die Fülle und das Glück zu genießen, die sie andernfalls erleben könnten. Völker glauben, sie seien in feindliche Gruppen geteilt und wetteifern miteinander in der Herstellung von Kriegsrüstungen. Gewerbebetriebe vergeuden in dem Glauben, daß die Arbeiterschaft und die Betriebsleitung geteilte Interessen habe, ihre Mittel durch Streike und Ausschließungen. Die einzelnen Menschen, Männer und Frauen, finden, weil sie an geteilte Bestrebungen und Neigungen glauben, keine volle Befriedigung in ihrer Arbeit oder ihren menschlichen Beziehungen. Zeit, Raum, der Tod und viele andere Einflüsse machen geltend, die Menschen zu trennen und auseinanderzuhalten.
„Teilet das lebendige Kind in zwei Teile“, sagte Salomo (1. Kön. 3, 25). Aber der weise König erkannte sofort die Frau als die Mutter des Kindes an, die sich weigerte, eine solche Teilung zuzulassen. Es ist undenkbar, daß Gott, der göttliche Vater-Mutter des Weltalls, weniger lieben sollte als eine menschliche Mutter, daß Er irgendwie zulassen sollte, daß Seine lebendige Schöpfung entzweit wird.
Die Israeliten trugen zu der religiösen Entwicklung dadurch Großes bei, daß sie auf der Anbetung des einen Gottes bestanden und allmählich erkannten, daß diese eine Gott der Gott der ganzen Erde ist. Jesus von Nazareth ging noch weiter. Bei der Verklärung sprach er mit Mose und Elia, und die Schranken von Zeitaltern schwanden vor der Vergegenwärtigung der Ewigkeit. Er trat in ein Schiff, und es war augenblicklich an seinem Ziel, was beweist, daß Entfernung eine Trugvorstellung ist. Er vereinigte die Witwe zu Nain wieder mit ihrem Sohn; Lazarus wurde seinen Schwestern Maria und Martha wiedergegeben. Er half dem Menschen, der glaubte, er sei von einer Legion böser Geister besessen, wieder das eine unversehrte Gemüt auszudrücken.
Als Jesus gebeten wurde, ein Erbe unter zwei Brüder zu teilen, erwiderte er (Luk. 12, 14): „Mensch, wer hat mich ... zum Erbschichter über euch gesetzt?“ Er hinterließ seinen Nachfolgern Frieden und betete, daß sie eins sein möchten, wie er und sein Vater eins waren. Und er betete auch für alle, die durch der Jünger Wort an ihn glauben würden, „auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; daß auch sie in uns eins seien“ (Joh. 17, 21).
Unserer Zeit bringt die Christliche Wissenschaft die Botschaft der unzerteilbaren Einheit alles Guten. In einem Brief an Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Scranton, Pennsylvanien, sandte Mary Baker Eddy die ermutigende Botschaft (Miscellaneous Writings, S. 150): „Der Raum trennt die Herzen nicht.“ Ebensowenig werden die Herzen durch Zeit oder irgendwelche Mißverständnisse oder Irrungen des menschlichen Gemüts, oder durch irgendwelche Unglücksfälle oder versäumte Gelegenheiten in der sterblichen Erfahrung getrennt. Alles Gute, alle Liebe, die wir je kannten oder zu kennen hoffen, ist jetzt für uns hier; denn Gott ist die Quelle aller Wirklichkeit. Alles Gute und alle Liebe, die durch Fehler oder Mißverständnis verlorengegangen zu sein scheinen, sind jetzt gegenwärtig. Es gibt keine Scheidewand, mögen wir sie Zeit oder Raum, Tod oder Unfall, versäumte Gelegenheit oder Mißverständnis nennen, wenn wir die Unendlichkeit des einen Gemüts verstehen.
In dem schon angeführten Brief schreibt Mrs. Eddy ferner (Miscellaneous Writings, S. 151): „In dem Herrn geliebter Bruder, geliebte Schwester, kennst du dich selber und kennst du Gott? Wenn es nicht der Fall ist, bitte ich dich, daß du als Christlicher Wissenschafter dich vor allen Dingen mit Ihm vertraut machst.“ Dieser Satz enthält die heilende Antwort für jeden Sinn der Trennung oder Spaltung: wir müssen des Menschen wahres Selbst völliger erkennen und inniger mit Gott vertraut werden.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Gott unendlich und ewig ist, daß Er das All und eine Einheit ist, und daß Er in Seiner Einheit und Allheit Seine ganze Schöpfung umfaßt. Wenn die Christlichen Wissenschafter sich im Gebet dieser Einheit Gottes und Seiner Schöpfung bewußt sind und verstehen, daß diese Schöpfung sich im Einzelwesen äußert, aber nie von ihrem Schöpfer getrennt ist, finden sie, daß jeder Sinn der Trennung oder Spaltung aus ihrem Bewußtsein schwindet.
Die Christliche Wissenschaft ist vollständig beweisbar und anwendbar. Wenn der Wissenschafter sich des Einsseins des Menschen mit Gott klar bewußt wird, sind seine Hoffnungen und Bestrebungen, die Ziele und Neigungen seines Herzens nicht mehr ungewiß und geteilt, sondern sie rücken klar in den Brennpunkt, und er findet volle Befriedigung in Gott. An Stelle von Einsamkeit treten lohnende Freundschaften; nach lang bestehender Entfremdung erfolgt Verständigung; versäumte Gelegenheiten werdem wieder gutgemacht; Fehler werden berichtigt und die Kranken werden wieder gesund und heil. Das Gemüt oder die Seele offenbart den geistigen Sinn aller Dinge und stellt dadurch wieder her. Dieser immergegenwärtige geistige Sinn vertreibt alles Unglücklichsein, alle Unvollständigkeit und Krankheit als trügerisch und unwirklich.
Als Bürger kann der Christliche Wissenschafter, der einen Schimmer der unteilbaren Einheit des Guten erfaßt hat, seinen Teil zur Heilung politischer und internationaler Schwierigkeiten beitragen. Er weiß, daß es in dem einen Gemüt keinen Widerstreit geben kann. Ist er in der Industrie oder als Kaufmann oder in irgendeinem andern Beruf tätig, so gleicht er zum Besten aller in Betracht Kommenden in dem Maße gerecht aus, wie er den Geist des heilenden Christus bekundet und das Einssein des Menschen mit Gott und mit jeder Idee Gottes and Licht bringt.
Dann versteht man die Versicherung, die Mrs. Eddy im letzten Abschnitt des angeführten Briefs gibt (Miscellaneous Writings, S. 151): „Sein Wort enthält herrliche Aussprüche über euch. Ihr seid ein auserwähltes Volk, dessen Gott was ist? Das All! Möge Barmherzigkeit und Wahrheit vor euch hergehen; möge die Lampe eures Lebens beständig mit Öl gefüllt sein, und möget ihr mit der geistigen Idee, dem Christus, vermählt sein! Dann werdet ihr von einer immer höheren Stufe des ewigen Lebens und der ewigen Liebe aus heilen und unterrichten und predigen.“ Hier haben wir ein Freiwerden geistiger Macht in ungeheurem Umfang, nicht durch Spaltung oder Teilung, sondern als Ergebnis davon, daß die Menschen mit den Worten des Psalmisten beten (Ps. 86, 11): „Erhalte mein Herz bei dem einen, daß ich deinen Namen fürchte.“
