Ein jeder, der versteht, daß er Gottes Kind ist und unter der unfehlbaren Leitung seines göttlichen Vaters steht, und der immer mehr offenbart, daß er Gottes Kind ist in der Art, die von der Christlichen Wissenschaft gelehrt wird, erlebt Führung. Solch ein Mensch wird stets das Scheitern von Plänen und Hoffnungen erleben, durch die der eigenwillige menschliche Sinn ihn einschränken möchte — unter dem Deckmantel, ihm etwas Gutes zu tun. Gleichzeitig oder schließlich wird er den Weg zu seiner göttlichen Bestimmung als individuelle geistige Idee, durch die Gott sich ausdrückt, offen und unbehindert vor sich liegen sehen. Und dieses geistige Schauen bringt ihm auch die Gewißheit befriedigender, nützlicher und einträglicher Tätigkeit, die seiner wahren Individualität entspricht.
Dies steht im Einklang mit der Verheißung der Christlichen Wissenschaft, der Mrs. Eddy in ihrem Buch „Vermischte Schriften“ (Miscellaneous Writings, S. 19) so beredsam Ausdruck verleiht: „Wer Christus angerufen, wer tatsächlich die göttlichen Forderungen der Wahrheit und Liebe in der göttlichen Wissenschaft angenommen hat, scheidet sich täglich mehr vom Bösen ab; und alle bösartigen Bemühungen angeblicher Dämonen können niemals den Lauf solch eines Lebens davon abhalten, stetig Gott, seiner göttlichen Quelle, wieder zuzufließen.“
Vielleicht der Hauptgrund, weshalb die Menschen unter dem Wahn leiden, daß sie aus Mangel an Führung im Dunkeln umhertappen, liegt in der Tatsache, daß das sogenannte menschliche Gemüt nicht willens ist, „die göttlichen Ansprüche der Wahrheit und Liebe“ anzunehmen. Und dieser Mangel an Willigkeit mag wiederum der Ausdruck von der tragischen Unwissenheit des menschlichen Gemüts betreffs der Tatsache sein, daß diese „göttlichen Ansprüche“ gerade das sind, was es am meisten anzunehmen wünschen sollte. Ein jeder wünscht sich Gesundheit, unbehinderte Betätigung seiner Gaben, Liebe, Befreiung von Furcht, Freude, Substanz und Lebensfülle. Und all dies und weitere Wirkungen gleicher Art empfängt er, oder entdeckt er eigentlich als sein eigen, wenn er „die göttlichen Ansprüche der Wahrheit und Liebe“ annimmt.
Doch was sind wohl diese Forderungen? In der Bibel finden wir die Antwort: „Es ist dir gesagt, Mensch, ... was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott“ (Micha 6:8). Mit anderen Worten, Gott fordert vom Menschen, sich selbst getreu zu sein und die Eigenschaften auszudrücken, durch welche die Gegenwart Gottes offenbart wird. Denn diese Eigenschaften, die als individualisiertes Bewußtsein in die Erscheinung treten, machen den gottgeschaffenen Menschen aus.
Derjenige, der sich als solch ein Kind Gottes erkennt, erlebt Führung. Als eine bestimmte, von der Gottheit gebildete Idee, ist das Kind Gottes über das angebliche Bereich materiellen Geredes erhaben. Es ist daher immerdar im Bereich der göttlichen Stimme und hört so fortwährend diese Stimme Gottes, seiner göttlichen Quelle. „Geist, Gott, vernehmen wir, wenn die Sinne schweigen“, sagt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 89). Es war das Bewußtsein Christi Jesu, in dem die Sinne schwiegen, das hörte, und das durch die Macht seiner Gegenwart die ihn Umgebenden befähigte zu hören, wie die Stimme seines göttlichen Vaters am Anfang seiner Laufbahn zu ihm sagte: „Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe“ (Matth. 3:17). Und dies Bewußtsein war es, in dem die materiellen Sinne schwiegen, das des Vaters ununterbrochenen Ausdruck Seines Willens wahrzunehmen vermochte, um der Ausführer jenes Willens zu werden. Sagte er nicht (Joh. 5:30): „Ich kann nichts von mir selber tun. Wie ich höre, so richte ich, und mein Gericht ist recht; denn ich suche nicht meinen Willen, sondern des Vaters Willen, der mich gesandt hat“?
Ebenso war es ein Bewußtsein, in dem der materielle Sinn wenig Widerhall gefunden hatte, was Mrs. Eddy in ihrer Kindheit befähigte zu hören, wie Gott sie bei Namen rief. Und auch nach dieser Erfahrung war es das gleiche Bewußtsein, in dem die materiellen Sinne schwiegen, das Gottes Stimme und Führung in mannigfaltiger Weise wahrnahm, — während eines langen Lebens voll großartiger Höchstleistungen, das den Menschen den von Christus Jesus verheißenen göttlichen Tröster brachte. Es war Mrs. Eddys Verstehen dieser Führung, das sie befähigte, uns zu raten: „Er [Gott] muß tatsächlich unser sein und jeden Gedanken und jede Tat lenken, sonst können wir die Allgegenwart des Guten nicht genügend verstehen, um die Wissenschaft des vollkommenen Gemüts und des göttlichen Heilens auch nur zum Teil zu beweisen“ (Rückblick und Einblick, S. 28).
Gott drückt sich selbst in Seiner wahrhaften Natur aus, das heißt, Er drückt das aus, was Er wirklich ist; und dieser Ausdruck ist der Mensch. Gott ist vollkommen und vollständig; daher ist der Mensch vollkommen und gesund. Gott ist die Liebe, die keinen Widerstand kennt; daher drückt der Mensch unbehindert Liebe aus. Gott ist die Wahrheit; daher ist der Mensch wirklich. Gott ist die Seele; daher spiegelt der Mensch vollkommenes Bewußtsein wider. Gott ist Geist oder Gemüt; daher ist der Mensch eine geistige Idee. Dieser Mensch, diese geistige Idee, in welcher der göttliche Vater Seine Pläne und Seine eigene Natur individuell ausdrückt, wird durch unfehlbare Führung dazu geleitet, diese Pläne zu begreifen. Sie werden ihm offenbart durch die stille sanfte Stimme der Wahrheit, durch die Gott den Menschen als vollkommen erklärt. Und unter der Führung der Wahrheit wird die sich entfaltende Selbstheit des Menschen offenbart, wodurch alle falschen Auffassungen vom Menschen ausgeschieden und auf das Nichts — das sie wirklich sind — zurückgeführt werden. Alle Krankheit, Sünde, Schwäche, Niederlage und Verwirrung weichen dem klaren Verständnis davon, was der Mensch ist und was er tut.
Führung wird nicht von einem körperlichen Wesen einem anderen übermittelt. Nur das geistige Bewußtsein erkennt die Stimme des Schöpfers. Führung kommt von Gott. Mrs. Eddy ist sehr bestimmt in bezug auf diesen Punkt. „Die Meinungen der Menschen“, so warnt sie, „können nicht an Stelle der göttlichen Offenbarung gesetzt werden“ (Miscellaneous Writings, S. 92). Bei der Lösung menschlicher Probleme muß jeder selber auf die Stimme der Wahrheit lauschen. Ein anderer mag ihm helfen, sein Bewußtsein der Wahrheit anzugleichen, doch ist es sein individuelles Bewußtsein, das selbst, wenn es so angeglichen ist, die Botschaften der Führung empfängt.
Manchmal kommen diese Botschaften in Form von Lauten und Worten, wie bei einigen Propheten der Bibel. Manchmal kommen sie wie eine plötzliche Erleuchtung im Bewußtsein. Manchmal kommen sie als in unermüdlichem, schwerem Ringen erworbene Weisheit und Klarsichtigkeit. Und manchmal kommt diese Führung als eine Vereitelung menschlicher Wünsche, die erst später vom gehorsamen Herzen als der Segnungen bringende Wille Gottes erkannt wird.
Doch kommt diese Führung unverkennbar und unablässig zu demjenigen, der versteht, daß er in seinem wahren Sein das Kind Gottes ist, und der nur den geistigen Eigenschaften, durch die Gott sich selbst ausdrückt, in seinem Bewußtsein Einlaß gewährt.
