Der Mensch ist keine in eine materielle Welt gestellte oder dort verdrängte körperliche Persönlichkeit. Er ist die geistige Idee des unendlichen Gemüts, Gottes, und ewig in diesem Gemüt inbegriffen. Er kann sich nie aus der Brennweite der unbegrenzbaren Liebe entfernen; denn Gott ist das All in allem, und es gibt nichts außer der Unendlichkeit. Der zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffene Mensch kann ebensowenig wie Gott verdrängt werden, zugrunde gehen, heimatlos sein, Mangel oder Not leiden.
„Aber“, kann jemand fragen, „sind nicht unzählige Menschen in vielen Teilen der Welt aus ihrer Heimat verdrängt in fremden Ländern, und infolge Verheerungen des Kriegs von ihren Angehörigen getrennt und aus einem angenehmen Leben herausgerissen? Finden nicht große Völkerverschiebungen statt, und warten nicht Tausende darauf, in ihr Vaterland zurückzukehren? Dem Zeugnis der sogenannten körperlichen Sinne gemäß ist dies leider der Fall. Aber die Christliche Wissenschaft lehrt, daß die materiellen Sinne nicht die wahre Schöpfung Gottes oder das wahre Sein des Menschen erkennen lassen. Jesus sagte einmal, als er im Tempel lehrte (Joh. 7, 24): „Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein rechtes Gericht.“
Auf Seite 114 im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schreibt unsere geliebte Führerin, Mary Baker Eddy: „In der Wissenschaft ist Gemüt eines und schließt Noumenon und Phänomene, Gott und Seine Gedanken, in sich.“ Da Gott das All ist, kann Er nur Seine eigene Allheit kennen; denn es kann nichts außerhalb der Unendlichkeit geben. Gottes Allheit, das unbegrenzbare Leben, die unbegrenzbare Wahrheit und Liebe bekundet sich in der einen zusammengesetzten unendlichen Idee, dem Weltall. Diese unendliche Idee ist ewig in dem einen Gemüt inbegriffen, sie besteht zusammen mit Gott und ist so ewig wie Gott. Gottes Ideen drücken ewig Gott und ist so ewig wie Gott. Gottes Ideen drücken ewig Gott aus, und sie werden ewig von dem Gesetz der Harmonie, der Vollkommenheit und Vollständigkeit des unfehlbaren Gemüts erhalten, geleitet, gestützt, beschützt und regiert. Die Beziehung der Idee zu ihrem göttlichen Prinzip und zu allen in dem vollständigen Ausdruck der Gottheit inbegriffenen Ideen wird von dem Prinzip aufrechterhalten, und nichts kann diese Beziehung ändern oder beeinträchtigen.
Der Christliche Wissenschafter kann im Verhältnis zu seiner Geistigkeit zur Lösung aller Schwierigkeiten, ob sie die ganze Welt oder einzelne Personen zu betreffen scheinen, wirksam beitragen. Er weiß, daß er nicht mit sachlichen Erscheinungen, sondern nur mit dem unwirklichen materiellen Sinn zu tun hat, über den er durch sein Verständnis der Allmacht des einen Gemüts göttliche Machtbefugnis hat. Der Sieg über allen Irrtum ist für ihn gleichbedeutend damit, in sein eigenes Bewußtsein geistige Klarheit zu bringen, jede Einflüsterung zu verwerfen, daß es etwas außer dem unendlichen Geist und seinem Ausdruck gebe.
Nach dem geistig wissenschaftlichen Schöpfungsbericht im ersten Kapitel des 1. Buchs Mose ist der Mensch das Gleichnis des Geistes, Gottes, der alles schuf, was erschaffen wurde, und es „sehr gut“ befand. Im zweiten Kapitel ist geschildert, daß ein Nebel von der Erde aufstieg, worauf eine materielle Erschaffung des Menschen folgt. War dieser Nebel etwas anderes als eine vermeintliche, verkehrte Ansicht, ein falscher materieller Begriff von der Schöpfung? Durch das Aufgeben dieser verkehrten Ansicht und das Erkennen der Christusidee des Lebens, das heißt, durch ein bewußtes Festhalten an der geistigen Idee, daß Gott und der Mensch ganz vollkommen sind, verschwindet der falsche Begriff vom Dasein allmählich, und das Himmelreich, die Herrschaft der Harmonie, wird verwirklicht.
In vollständiger Übereinstimmung mit dem inspirierten Wort der Bibel erkennt die Christliche Wissenschaft nur ein Gemüt, Gott, und dieses eine Gemüt als unendlich an. In dem unendlichen Gemüt gibt es keinen betörenden Irrtumsnebel, keine verkehrte Ansicht von der Schöpfung. Unsere Führerin erklärt die grundlegende Wahrheit in Wissenschaft und Gesundheit. Sie schreibt (S. 513, 514): „Gott schafft alle Formen der Wirklichkeit. Seine Gedanken sind geistige Wirklichkeiten. Das sogenannte sterbliche Gemüt — da es nicht existiert und infolgedessen nicht in das Bereich des unsterblichen Daseins gehört — kann die göttliche Schöpfung nicht durch Nachahmung der göttlichen Kraft umkehren und dann auf seiner eignen Ebene Personen und Dinge wiedererschaffen, denn nichts besteht außerhalb des Bereichs der allumfassenden Unendlichkeit, in welcher und von welcher Gott der alleinige Schöpfer ist.“
Die göttliche Wissenschaft enthüllt die herrliche Tatsache, daß der Mensch jetzt und immerdar in seinem harmonischen und ewigen Heim, im Reich der allumfassenden Liebe, ist. Der Verfasser des Briefs an die Hebräer erkannte dies einigermaßen. Hinsichtlich der Erzväter, die „bekannt haben, daß sie Gäste und Fremdlinge auf Erden wären“, erklärt er (Hebr. 11, 13–16): „Die solches sagen, die geben zu verstehen, daß sie ein Vaterland suchen. Und zwar, wo sie das gemeint hätten, von welchem sie waren ausgezogen, hatten sie ja Zeit, wieder umzukehren. Nun aber begehren sie eines bessern, nämlich eines himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, zu heißen ihr Gott; denn er hat ihnen eine Stadt zubereitet.“
Gottes Mensch, der Ausdruck des Gemüts, ist ein vollständiges Einzelwesen. Sein Bewußtsein schließt die rechte Idee von Heim, Umgebung, Geschäft, Regierung, Versorgung, Gesundheit, von allem, was zu seinem Wohlergehen gehört, in sich. Daher kann ihm das, was ihm das Gemüt verliehen hat, nie genommen werden, und er kann keinen Augenblick davon getrennt werden. Da er ewig im unendlichen Gemüt weilt, erlebt er allezeit nur Gutes.
Alles, was dem menschlichen Sinn materiell zu sein scheint, ist ein falsches Bild im Denken, das sich ein Umstand, ein Ort, ein Ding oder eine Person nennt. Das Bild unzähliger heimatloser, verdrängter, notleidender Menschen, oder führender Personen in Regierungen, die in internationalen oder nationalen Fragen nicht übereinstimmen, ist nicht etwas, was über die heilende Macht des geistigen Verständnisses hinausgeht. Das Verständnis der Allgegenwart und Allmacht Gottes läßt erkennen, daß das unwahre Bild des materiellen Daseins eine bloße Vorspiegelung von Wirklichkeit ist. Die materielle Daseinsauffassung ist eine Lüge, die der geistige Sinn, die Erkenntnis des unendlichen Lebens — der Einheit und Allheit Gottes — schließlich vertreiben und zerstören wird.
Jedermann sollte mutig die geistige Tatsache behaupten und unerschütterlich festhalten, daß das Harmoniegesetz der Liebe ihn als Gottes Idee beschützt, erhält, stützt und regiert. Je lauter der materielle Sinn Verdrängung einwendet, desto beharrlicher sollten wir behaupten, daß unser wahres Selbst kein in einer materiellen Welt lebender und materiellem Gesetz unterworfener leidender Sterblicher ist, und es noch nie gewesen ist; daß es vielmehr Gottes geistiges Kind — Seine Idee — ist und sich hier und jetzt in Gottes geistigem Reich befindet; denn der Geist ist das All.
Geistige Eigenschaften der Seele, Gottes — Eigenschaften wie Liebe, Höflichkeit, Rücksichtnahme, Dankbarkeit, Ordnung, Schönheit, Reinheit, Mut, Eintracht, Demut, Selbstlosigkeit, Geistigkeit und dergleichen — sind Kennzeichnen des wahren Heims, der wahren Umgebung des Menschen. Ein Verständnis dieser Tatsachen äußert sich unfehlbar in unserem menschlichen Leben. Wir wissen nicht, wie sich das geistige Verständnis für den menschlichen Sinn auswirken wird: es kann sein, daß wir an einen andern Ort kommen, oder es kann ein Beweis der Gegenwart und Macht des unendlich Guten, Gottes, gerade dort erfolgen, wo wir sind.
In ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1902 schreibt unsere geliebte Führerin (S. 11): „Unser himmlischer Vater hat nicht bestimmt, daß die Sterblichen, die ein besseres Land suchen, von widrigen Umständen umhergestoßen, unvermeidlich der Sünde, der Krankheit und dem Tode ausgesetzt, als enttäuschte Wanderer am Gestade der Zeit dahinziehen. Die göttliche Liebe ist bereit und tritt dafür ein, die Menschen zu retten — sie erwartet mit Vollmacht und einem Willkomm, mit Wohlwollen und Herrlichkeit die Erdenmüden und Niedergedrückten, die den Weg zum Himmel finden und weisen.“
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß jedermann jetzt erwachen kann aus dem Traum, daß der Mensch ein in einer materiellen Welt verdrängter Sterblicher sei, und des Menschen geistigen Zustand und sein ewiges Heim in der immergegenwärtigen, unbegrenzbaren Liebe und dem immergegenwärtigen, unbegrenzbaren Leben erkennen kann.
