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Der weite Gesichtskreis

Aus der August 1949-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im siebzehnten Kapitel des Johannesevangeliums finden wir eins der wunderbarsten Gebete, die je verzeichnet wurden, das Gebet Christi Jesu vor seiner Gefangennahme und Kreuzigung. Unser Meister hatte eine Vorahnung von den schweren Prüfungen, die ihm bevorstanden, doch sein Gebet zeigt keine Anzeichen von Sorge oder Angst. Wenn wir das Gebet sorgfältig lesen, so bemerken wir, daß die ersten fünf Verse dem Wunsche gewidmet sind, sich selbst und sein Werk dem Vater zu weihen. Er erklärt: „Ich habe dich verklärt auf Erden und vollendet das Werk, das du mir gegeben hast, daß ich es tun sollte.“

In den Versen 6 bis 19 nimmt das Gebet einen weiteren Ausblick an. Jesus betet hier für seine Jünger, daß auch sie die Einigkeit im Geiste finden möchten, die er schon für sich selber gefunden hat. In den Versen 20 bis 26 wird der Kreis von neuem erweitert, denn hier bittet der Meister, daß alle, die an ihn glauben würden, in den Segen mit eingeschlossen werden. Obgleich also dieses große Gebet mit der eigenen Notdurft beginnt, so beschränkt es sich doch nicht auf diesen engen Kreis, sondern dehnt seine Grenzen immer weiter aus, um die ganze Menschheit zu umspannen.

Hier mag die Frage aufgeworfen werden: „Wie weitumfassend sind unsre Auffassungen vom Gebet? Beschränken wir unsre Gebete darauf, den Bedarf unsres Haushaltes zu dekken, die Probleme unsrer Patienten lösen zu helfen, und harmonische Beziehungen mit unsern Freunden aufrechtzuerhalten? Beten wir für die Welt, wie Jesus betete? Umspannen wir die Welt sowohl wie den heimischen Kreis, wenn wir an die alles umfassende Macht und Einwirkung der göttlichen Liebe denken?“ Das Gebet ebenso wie die Wohltätigkeit sollten im eigenen Heim beginnen, doch nicht damit enden. Wie wichtig ist es, daß gefahrdrohende nationale sowie internationale Lagen durch Gebet bekämpft und überwunden werden!

Wenn wir einer internationalen Lage, die zuerst außerhalb und sogar weit entfernt von unsrem eigenen Leben zu sein scheint, erlauben sich weiter zu entwickeln, ohne sie zu bekämpfen, so mag diese unser eigenes Familienleben plötzlich bis zum Innersten erschüttern. So kann der Krieg zum Beispiel eine Familie trennen oder gar die Familienbande auflösen, Entbehrung auferlegen und Furcht und Tod verursachen. Es ist höchst wichtig, daß alle Christlichen Wissenschafter täglich für die Sache des Friedens arbeiten und beten. Auf Seite 286 des Werkes „Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes“ (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany) schreibt Mary Baker Eddy: „Seit vielen Jahren habe ich täglich dafür gebetet, daß es keinen Krieg, kein barbarisches Hinschlachten unsrer Mitmenschen, mehr geben möge; daß alle Länder auf Erden und die Inseln des Meeres einen Gott, ein Gemüt haben, ja, daß sie Gott über alles und ihren Nächsten wie sich selbst lieben möchten.“

Wenn unsre Führerin täglich für Frieden betete, sollten wir, ihre Nachfolger, nicht ihrem Beispiel folgen? In der obenerwähnten Botschaft schlägt Mrs. Eddy einen Ton an, der an den Grundton jenes Gebetes Christi Jesu erinnert, das im 17. Kapitel des Johannesevangeliums verzeichnet ist. Dieser Grundton ist Einigkeit: „Auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; daß auch sie in uns eins seien“ (Vers 21).

Doch was ist Einigkeit? Können wir sie aufrechterhalten inmitten von Übertretungen, Wortbrückigkeit und verzerrten Beziehungen? Ist es möglich, mitten in der Verwirrung mentaler Konflikte echten und bleibenden Frieden zu stiften? Die Antwort ist, daß wir uns dessen bewußt sein sollten, daß wir nicht den Frieden zu stiften haben. Unsre Aufgabe ist, da zu sein, wo der Friede regiert, und Friede regiert, wo Gott regiert. Mit andern Worten, wir müssen uns des Menschen Einssein mit Gott klarmachen. Es gibt keinen Frieden außerhalb des Verständnisses von Gott, wie sehr das menschliche Gemüt auch bestrebt sein mag, seine Zwistigkeiten auszugleichen. „Der Mensch und sein Schöpfer stehen in der göttlichen Wissenschaft in Wechselbeziehung zu einander; das wirkliche Bewußtsein weiß nur um die Dinge Gottes“ (Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, S. 276), und wenn wir das verstehen lernen, so wird der Friede Gottes als ein Teil des immergegenwärtigen geistigen Bewußtseins des Menschen in die Erscheinung treten.

Ein junger Christlicher Wissenschafter, der im Heeresdienst seines Landes stand, erzählte einmal von einer interessanten Erfahrung, die er gemacht hatte. Er war zur Zeit in einem weiten Wald, während die Granaten um ihn her in den Bäumen platzten, und große Zweige ständig auf den Boden krachten. Tag und Nacht wiederholte sich dies Höllenfeuer in regelmäßigen Abständen, und der Wissenschafter betete und arbeitete, um seine Furcht zu überwinden. Der 91. Psalm war beständig auf seinen Lippen. Eines Tages bemerkte er jedoch, daß die Vögel nicht aufhörten zu singen, selbst wenn die Granaten mit Ohren betäubendem Getöse um sie her zersprangen. Die kleinen Sänger ließen nicht ab, ihren Lobgesang durch ihr Blätterhaus erklingen zu lassen. Der Wissenschafter lauschte voller Erstaunen. Offenbar waren die Vögel sich keiner Gefahr bewußt. Es war plötzlich, als ginge ihm ein Licht auf. Ist all diese Disharmonie einfach ein falscher Daseinsbegriff, der sich aus der Annahme einer von Gott getrennten Existenz ergibt? fragte er sich. Weile ich wirklich unter dem „Schirm des Höchsten“? Ist des Menschen wahres Bewußtsein immerdar im Frieden, weil es vollkommen geistig ist? Diese Fragen konnten schnell bejahend beantwortet werden, und der Wissenschafter spürte, wie ein Gefühl des Friedens über ihn kam, das er nie zuvor gekannt hatte.

Sind wir uns der Tatsache bewußt, daß Gott das Ein und Alles ist; daß Er vollkommen gut ist; daß es nichts außer Seiner Allheit gibt; und daß der Mensch, Sein Ebenbild und Gleichnis, eng mit Ihm verbunden ist? Wenn wir uns des „Friedens Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft“ bewußt bleiben (Phil. 4:7), so können wir heutzutage diesen Frieden als eine ewige, allgegenwärtige, allumfassende, vom Menschen widergespiegelte Wirklichkeit erkennen. Mrs. Eddy schreibt in ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1902 (S. 19): „Die schwellende Brandung der wilden Wogen des Lebens zerfällt in Schaum, und unten herrscht tiefgründige Ruhe.“

Laßt uns doch begreifen lernen, wie weitumfassend der Gesichtskreis des Gebetes sein kann. Wir sollten verstehen, daß alle Menschen in Gottes Liebe mit inbegriffen sind, und daß der Friede der göttlichen Liebe vom Mittelpunkt bis zum Umkreis des Seins empfunden wird. Der Friede existiert, weil Gott existiert; und Gott is Alles: Er ist alle Gegenwart, alles Leben, alle Macht.

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