Die Christliche Wissenschaft befreit die Menschheit von selbstauferlegten Beschränkungen. Die Wissenschaft offenbart Gott als das eine unendliche, göttliche Bewußtsein und den Menschen als Seine Idee, die nicht von der Materie begrenzt oder beschränkt wird, sondern in dem allgegenwärtigen Guten weilt. Der Mensch drückt die Allgegenwart des Geistes aus. Er ist daher nicht in schwachem Fleisch eingeschlossen, von erblichen animalischen Instinkten beherrscht, von stationärer Materie umgeben, noch der Wilkür von Sterblichen unterworfen. Diese Idee der einen allerhabenen Gottheit ist der geistige, wirkliche Mensch, den die Christliche Wissenschaft offenbart.
Im Verhältnis, wie der Christliche Wissenschafter sich selbst mit diesem geistigen Menschen identifiziert und nicht mit dem begrenzten Sterblichen, den die körperlichen Sinne darstellen, findet er, daß seine Umgebung und sein Wirkungskreis sich erweitern. Er freut sich zu spüren, daß neue geistige Kräfte sich in ihm entfalten im Maße, wie seine Liebe allumfassender wird und sein Interessenkreis sich ausdehnt.
Christus Jesus demonstrierte in vollem Maße die geistige Freiheit seiner wahren Selbstheit und überwand die Beschränkungen, welche die falschen materiellen Sinne aufzuerlegen trachten. Er wandelte auf dem Wasser, verschwand inmitten der erregten Menge, speiste Tausende mit ein paar Broten und Fischen und befreite Kranke, Sünder und Tote von den Banden materieller Gesetze. Mit seiner Himmelfahrt erhob er sich über die menschliche Umgebung der Materie in die Weite der Unendlichkeit, wo der Umfang des Denkens und Wirkens des Menschen die universellen Fähigkeiten der Seele widerspiegelt.
Mary Baker Eddy sagt in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (Miscellaneous Writings, S. 30): „Der große Wegweiser veranschaulichte das Leben, das von der Materie weder beschränkt, befleckt noch gefesselt werden konnte. Er bewies die Übermacht des Gemüts über das Fleisch, öffnete den Gefangenen die Türen, und er half den Menschen, das Gesetz des Lebens zu demonstrieren, von dem Paulus sagte, daß es ihn frei gemacht habe, von dem Gesetz der Sünde und des Todes‘.“
Die Geschichte hat bewiesen, daß die Materie und die menschliche Umgebung nicht das individuelle Bewußtsein fesseln können, das sich über die kleinlichen, persönlichen Interessen der menschlichen Erfahrung erhoben hat und in dem Verständnis von des Menschen wirklichem Leben im unendlichen, universellen Guten verweilt. Dieses erweiterte, geistige Verständnis des Daseins muß unvermeidlich in größerer menschlicher Freiheit, weitumspannenderer Liebe und ausgedehnterer Wirksamkeit Ausdruck finden.
Ein jeder ist verantwortlich für die Umgebung, die er als die ihm zugehörige anerkennt. Ein jeder ist fähig, durch die göttliche Wissenschaft des Menschen universelle Funktion im wahren Sein zu beweisen und sich somit von den Beschränkungen des sterblichen Traumes frei zu machen. Mrs. Eddy schreibt (ebd. S. 42): „Das Gemüt ist nicht in Grenzen eingeschränkt; und nichts außer unsrer eigenen irrigen Zustimmung zu solchen Beschränkungen hindert uns daran, diese große Tatsache zu beweisen.“
Eine beliebte Veranschaulichung für die Ausdehnung eines Einflusses zum Guten und die Umgestaltung einer Umgebung, wie sie durch die Entfaltung des Guten im individuellen Bewußtsein bewirkt wurden, ist im Leben von Abraham Lincoln zu finden. Inmitten der Dunkelheit und der Einschränkungen einer Pioniergegend geboren und erzogen, die dagegen den Vorteil hatte, frei von künstlichen Traditionen und von Kastengeist zu sein, goß er den Reichtum seines Wohlwollens aus über die Menschen und anderen lebenden Geschöpfe seiner Umgebung. Doch gerade die Unparteilichkeit diese Wohlwollens dehnte die Sphäre seines Einflusses allmählich immer weiter aus und hat fortgefahren sie auszudehnen, bis jetzt seine Gestalt ein geliebtes Symbol der Ehrlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit und der Bruderschaft unter den Menschen geworden ist, wo auch immer die Zivilisation ihre eindringliche Botschaft hingetragen hat. Wie wenig wird der gewissenhafte Hinterwäldler geahnt haben, daß die unbestechliche Redlichkeit, die er verkörperte, eines Tages die Gedanken und Handlungen von Menschen und Völkern unter fernen Himmeln bestimmen würde. Hat die Menschheit die Universalität der Leistungen dieses selbstlosen Genies wohl schon voll verstanden und gewürdigt? Unsre Führerin sagt in ihrem Gedicht „An das alte Jahr — 1865“ (Gedichte, S. 26), daß um der Gerechtigkeit willen
„. .. unser geliebter Lincoln
sein großes, williges Herz auf den Altar legte.“
Es gibt nur ein Gutes, und das ist grenzenlos. Wenn es als Gott erkannt wird, der immer gegenwärtig und allmächtig ist, und der in Seiner Offenbarwerdung Ausdruck findet, die untrennbar mit Ihm verbunden ist, dann geht der Beweis des Guten weit über die Umwelt des einzelnen Menschen hinaus und trägt dazu bei, die Welt der Sinne umzugestalten. Das universelle Gemüt spricht immerwährend zu uns, und alle können die schnelle Antwort und die willigen Herzen darbringen, welche die Liebe als das göttliche Prinzip anerkennen, welche Wirklichkeit im geistigen Sein statt in den bindenden Sinnestäuschungen finden, welche den Menschen nur als Gottes unkörperliche, vollkommene Widerspiegelung kennen und unparteiisches Wohlwollen allen gegenüber ausdrücken.
Denjenigen, die sich durch ihre persönliche Umgebung — sei es Land, Heim, Beziehungen oder auch der eigene Körper — eingehemmt fühlen, bringt die Wissenschaft eine Botschaft sicherer Erlösung. Sie erklärt, daß die körperlichen Sinne, in denen alle Beschränkungen erscheinen, einen falschen Bewußtseinszustand darstellen, und daß die materiellen Eindrücke, die sich in ihnen geltend zu machen scheinen, nicht als wirklich oder wahr anzusehen sind. Sie führt die Menschen dazu, sich von diesen Sinnen abzuwenden, und durch die Anwendung der geistigen Wahrnehmung und des Verständnisses das Reich des göttlichen Gemüts zu erkennen, in dem das Sein geistig und frei ist. Sie offenbart, daß Gott das Ein und Alles ist, und der Mensch Seine ungefesselte Idee.
Das geistige Schauen bringt Erlösung von der Begrenztheit der Sinne; und die wirksame Verkörperung der von dem einen göttlichen Gemüt abgeleiteten Eigenschaften erhebt unser Bewußtsein und unser Leben in das Reich des universellen Guten.
