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Neigungen von oben

Aus der Februar 1950-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schreibt unsere geliebte Führerin, Mary Baker Eddy (S. 451): „Wenn unsere Hoffnungen und Neigungen geistig sind, kommen sie von oben und nicht von unten und tragen, wie vor alters, die Früchte des Geistes.“ Neigungen, die von oben kommen, also geistig sind, gehen von einer göttlichen Quelle aus, von dem liebenden Vater-Mutter-Gott, dem Ursprung alles Seins und seiner Eigenschaften. Nur die Neigungen, die aus dieser göttlichen Quelle hervorgehen, sind wirkliche Neigungen.

Als der Sprößling des Geistes besitzt der Mensch diese Neigungen als Widerspiegelung des Geistes. Sie gehören zu seinem Sein. Sie treten in seiner Art so unvermeidlich in Erscheinung wie Schönheit und Duft in der Blume. Sie können von seinem Sein sowenig getrennt werden wie von ihrer göttlichen Quelle. Ohne sie würde der Mensch aufhören, ein Mensch zu sein, ebenso wie die Rose ohne ihre Form und Schönheit ihre Wesensart als Rose verlieren würde. Reine Neigung ist somit nicht etwas, was der Mensch abweisen oder ausdrücken, oder was er verlieren kann. Es ist undenkbar, daß der Mensch auch nur eine einzige von der Gottheit stammende Eigenschaft verlieren kann. Seine von Anfang an unwandelbare Vollständigkeit kann durch das Entfernen des Irrtums keinen Verlust erleiden, sondern wird durch die ewigen Gesetze der Wahrheit erhalten.

Diese von oben stammende reine Neigung tritt im menschlichen Leben als jene selbstlose geistige Liebe in Erscheinung, die nicht begrenzt werden kann, sondern die ganze Menschheit in ihren Reichtum einschließt. Sie ist das Gegenteil jenes Gefühls, das Feinde verdammt und Freunde liebt. Sie ist nicht parteiisch, sondern gerecht; nicht grausam, sondern erbarmungsvoll; nicht launisch, sondern beständig.

Die Schlange, der materielle Sinn, flüstert uns jedoch ein, daß der Mensch sterblich, aus einem Erdenkloß gemacht sei und sinnliche Neigungen habe. Dies ist eine irrige Lehre, eine falsche Ansicht vom wahren Menschentum und seinen Eigenschaften. Dieser falsche Sinn kann die Beschaffenheit der Neigungen des Menschen sowenig bestimmen, wie er auf den Zustand seines Seins einwirken kann.

Von den Neigungen eines sinnlichen Menschen sprechen heißt den Ausdruck falsch gebrauchen. Das sind keine Neigungen. Sie kommen in Sinnlichkeit oder übermäßiger Eingenommenheit zum Ausdruck, sie sind also von unten. Sie sind naturwidrig, unnatürlich. Sie sind ein Trugbild der Liebe, die für den Menschen, die Widerspiegelung der göttlichen Liebe, das Natürliche ist. Diese fälschlich sogenannten Neigungen entspringen dem Glauben an viele Gemüter oder viele Personen. Sie dringen nie in das Gebiet der Vernunft oder des Wirklichen ein, sondern bleiben in dem vermeintlichen Reich der Annahme und des Aberglaubens, da kein Gesetz und keine Kraft sie stützt. Da solche Neigungen völlig unwirklich sind, haben sie keinen Halt im aufgeklärten menschlichen Bewußtsein; sie sind kein Teil des wahren Menschentums. Die täuschenden Sinne, in denen sie ihren Ursprung haben, täuschen nicht nur, sondern werden auch getäuscht. Aber ihre Täuschungen können nie den von Gott zu Seinem Ebenbild geschaffenen Menschen täuschen. Der Mensch kann nicht getäuscht werden. Er hat keine Fähigkeit, die sich täuschen läßt; denn er ist der Ausdruck der Intelligenz und daher mit Verständnis ausgestattet.

Die Irrtümer des Sinnes können weder die Art des Menschen noch seine Eigenschaften je ändern. Eine Lüge über den Menschen kann den Menschen sowenig ändern, wie eine falsche Note die Harmonie der Musik ändern kann. Vom Gesichtspunkt des Prinzips aus ist der Mensch immer das Gleichnis des Einen geblieben, der „ganz lieblich“ ist. Er ist ewig getrennt von den Einflüsterungen des Sinnes; er spiegelt die rechtmäßige Neigung der Seele wider, und findet seine Befriedigung in den Dingen des Geistes.

Fragen wir uns also, wo unsere Neigungen liegen. Sind sie von unten oder von oben? Dies hängt davon ab, was wir zu erreichen bestrebt sind. Trachten wir nach Reichtum, Ruhm oder Stellung und gehen den oberflächlichen Dingen des materiellen Lebens nach, oder kommen wir dem göttlichen Leben dadurch näher, daß wir das Selbst verleugnen, Unrecht vergeben und andern helfen? Verlassen wir uns ganz oder teilweise darauf, durch materielle Mittel Glück und Heilung zu finden und bleiben dadurch in Sünde und Krankheit, oder verlassen wir uns auf geistige Verfahren, durch die wir in Harmonie und Gesundheit erstarken? Wir können nicht zwei Herren dienen. Wenn unser Denken mit einem Übel im Einklang steht, wird unsere Neigung dadurch dem Guten entfremdet. Eine ungeteilte Liebe zum Guten vernichtet den Glauben an Böses und gibt es auf. Selbstlose Liebe zu Gott und dem Menschen bringt die Einflüsterungen der Schlange zum Schweigen, die immer Anerkennung suchen und Überlegenheit geltend machen wollen.

Paulus sagt uns: „Welche aber Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden (Gal. 5, 24). Der Christus oder die wahre Idee von Gott und dem Menschen rottet falsche Neigungen aus dem menschlichen Gemüt aus. Sinnlichkeit ist eine verneinende, sinnlose, unintelligente Gewalt, die der unbedingten Macht der Intelligenz und der Wahrheit nicht widerstehen kann. Das Lammbewußtsein — das Bewußtsein der alles in sich schließenden Reinheit der Liebe — vernichtet das Tier — die sinnliche Begierde. Es enthüllt, daß unsterbliches Sehnen und reine Neigungen des Menschen wahre Art sind.

Der betäubendste Schlag, der sinnlichen Gedanken und Bildern versetzt werden kann, ist die Erkenntnis, daß sie kein Gesetz und keine Macht haben, wodurch sie dem Menschen entgegenwirken können, weil Gott der einzige Gesetzgeber ist. Sie haben kein Gemüt, durch das sie bestehen oder sich bewußt sein können, weil Gott das einzige Gemüt ist. Die unheiligen Gedanken des Spiritismus werden aus dem Bewußtsein des einzelnen durch die Erkenntnis ausgerottet, daß es nur den einen unendlichen Geist gibt, der nur heilige Gedanken bekundet. Die angreifende Einflüsterung, daß der Mensch aus Erde geformt sei und sinnliche Neigungen habe, vergeht vor der klaren Wahrnehmung, daß die Liebe eine reine Neigung bekundet, und daß der Mensch als das Ebenbild der Liebe bloß der Ausdruck dieser Neigung ist. Zu unserer Verteidigung gegen Unheiligkeit ist unbedingte Ehrlichkeit erforderlich. Der rechtschaffene Mensch bleibt durch ein unerschütterliches Festhalten an den aus dem einen Geist hervorgehenden heiligen Gedanken dem Christus-Ideal, das die Christliche Wissenschaft darbietet, unabwendbar treu.

Die Leiden des Sinnes sind zuweilen ein göttliches Mittel, die Sterblichen zu zwingen, sich von den verderblichen Einflüsterungen des Fleisches abzuwenden, um die erhaltenden Neigungen der Seele zu finden. Eisige Winde veranlassen uns, ein Obdach zu suchen. Irdische Dunkelheit zwingt uns, zu dem Licht des Christus zu flüchten.

Der reumütige Sterbliche, der sich von den Träumen des Sinnes treiben ließ, und den ihre vermeintlichen Freuden oder Schmerzen getäuscht haben, braucht sich nur von diesem falschen Sinn ab- und dem ihm von Gott gegebenen geistigen Sinn zuzuwenden, um die dem Menschen ewig gehörende reine Neigung zu finden. Diese reine Neigung ist ewig unversehrt und besteht zusammen mit dem geistigen Sinn. Wenn der Mensch durch Leiden oder die Wissenschaft sich von dem falschen Begriff abwendet, daß er sterblich sei, und verstehen lernt, was er dem geistigen Sinn entsprechend ist, findet er sein unsterbliches Selbst, das das Gemüt Christi und die damit verbundene selbstlose geistige Liebe widerspiegelt. Wenn er erkennt, daß er die Liebe einfach auf eine falsche materielle Grundlage gestellt hat, kehrt er wie der verlorene Sohn in sein Vaterhaus zurück und findet dort, was er in Wirklichkeit nie verloren hat.

Was für ganz andere Ergebnisse doch die Neigungen, die von oben sind, im Vergleich zu denen haben, die von unten sind! Fleischliche Begierden und ungezügelte Gelüste zermürben das Denken. Wenn man sie nicht abweist und verurteilt, nehmen sie zu und führen zu Versklavung, Verzweiflung und Leiden. Die selbstlosen Neigungen dagegen sind ein Himmelslicht, das verdunkeltes Denken vertreibt, Erfolg verbürgt und verstandesgemäße und sittliche Harmonie wiederherstellt. Sie vernichten Hartherzigkeit, Stolz, Furcht und Eigenwillen. Eine reine Neigung vergißt das Selbst, dient andern und segnet ihre Feinde. Sie heiligt das Heim durch Herzenswärme, stellt das Gute wieder her, das vermeintlich verloren war, läßt Unzufriedenheit verstummen und bringt dem bekümmerten Herzen Frieden. Sie liegt der Nächstenliebe zugrunde, die abfälliges Urteilen zum Schweigen bringt; sie trennt das Böse vom Menschen und verurteilt es, rettet jedoch den Menschen.

Wie kann man eine reine Neigung von übermäßiger Eingenommenheit, dem von der Schlange vorgetäuschten Gegenteil der Liebe, unterscheiden? Dadurch, daß man die Beschaffenheit seines Denkens seinen Mitmenschen gegenüber feststellt. Übermäßige Eingenommenheit fesselt und quält oft; Liebe ist nie beunruhigt und will nicht persönlich besitzen; sie ist immer ruhig und befreiend. Das Denken an Menschen, von denen man übermäßig eingenommen ist, kann von Furcht und Eifersucht erfüllt sein; das Denken an Menschen, die man wahrhaft liebt, ist von Freude und Frieden beschwingt. Eingenommenheit quält ihr Opfer; Liebe befreit jeden, dem sie sich zuwendet.

Eine reine Neigung vernachläßigt nie den Gegenstand, auf dem sie ruht. Der Christliche Wissenschafter, der diese reine Neigung zum Beispiel für seine Kirche bekundet, versäumt nie seine Pflicht gegen sie. Er hütet sich vor der Einflüsterung des Bösen, das ihn von der Mittwochversammlung oder dem Sonntagsgottesdienst abzuhalten sucht, sei es durch Vergnügen, Teilnahmlosigkeit, Gleichgültigkeit, Geschäft, Wetter oder Müdigkeit. Er weiß, daß er durch die Liebe zu seiner Kirche, die ihn zu den Gottesdiensten zieht, von seiner Arbeit ausruht. In den Gottesdiensten sind Leute schon oft gerade von der Furcht oder dem Leiden geheilt worden, das vergeblich versucht hatte, sie fernzuhalten.

Wenn jemand geneigt ist, seine Kirche zu vernachlässigen, aber lernen möchte, sie zu lieben und seine Pflicht gegen sie restlos zu erfüllen, muß er zuerst die inspirierte Frau lieben und verstehen lernen, deren Bestimmung in der Weissagung der Bibel vorausgesagt ist, und die uns diese Kirche gab und ewig untrennbar von ihr ist. Wenn er Mrs. Eddy in ihrem wahren Licht als unsere von Gott erwählte und von Gott bestimmte Führerin, als die Frau sieht, die durch ihre Kirche der Anmaßung der Sünde entgegentritt und das Menschengeschlecht aus der öden Wüste des Sinnes heraus in das herrliche Land der Christlichen Wissenschaft führt, wird er sie und ihre Kirche in der Tat lieben, und freudig von dem großen Vorrecht Gebrauch machen, in jedem Gottesdienst anwesend zu sein.

Durch die Neigungen von oben erkennen wir das Gesetz Gottes an und kommen unter Gottes liebevolle Fürsorge und unter Seinen Schutz. Unsere Führerin schreibt (Miscellaneous Writings, S. 172): „Die sogenannte ‚Naturwissenschaft‘, deren Beweise durch die fünf persönlichen Sinne erlangt werden, gibt nur eine endliche, schwache Vorstellung von dem unendlichen Gesetz Gottes, einem Gesetz, das in das Herz geschrieben ist, das wir durch die Neigungen erfassen, geistig verstehen und in unserem Leben beweisen.“ Ein Christlicher Wissenschafter wurde einmal durch das Beweisen dieses Gesetzes augenblicklich von heftigen Schmerzen geheilt. Bei der Besichtigung eines Ozeandampfers war er den andern ein wenig voraus, und in einem schlecht beleuchteten Gang stieß er den Kopf heftig an einem eisernen Balken an. Er schnellte zurück; aber anstatt an sich selber zu denken, veranlaßten ihn Rücksichtnahme und Liebe, sofort an seine Freunde zu denken, und er ging zurück, um sie vor der Gefahr zu warnen. Die Schmerzen hörten augenblicklich auf. Durch liebevolle Rücksichtnahme auf das Wohl anderer war Gottes Gesetz angerufen worden und hatte die Harmonie vollständig wiederhergestellt.

Reine Neigung ist also nicht bloß eine Sache des Denkens, sie ist eine lebendige, wirkende Kraft. Sie ist eine sittliche Eigenschaft, die durch das in Kraft befindliche geistige Gesetz dem Bösen unwillkürlich entgegenwirkt. Sie ist eine dem Gesetz unterstehende Eigenschaft; wenn sie daher im menschlichen Bewußtsein in Erscheinung tritt, ist das Gesetz zugegen, zu heilen und zu schützen.

Wir alle können das Gesetz der Liebe beweisen, wie der Wissenschafter es auf dem Ozeandampfer bewies; denn jeder Mensch hat in seinem wahren Bewußtsein die Neigung, die von oben ist, diese Eigenschaft des Seins, die als ein Gesetz wirkt, das Irrtum jeder Art aus seinem Bewußtsein ausschließt. Wir müssen nur von dem, was wir ewig haben, Gebrauch machen. Laßt uns also die Ermahnung unserer Führerin beherzigen, wenn sie schreibt (Miscellaneous Writings, S. 174): „Laßt uns unsere Neigungen dem Prinzip öffnen, das alles — vom Fallen eines Sperlings bis zum Kreislauf einer Welt — in Harmonie bewegt!“

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