Die Bergesgipfel, auf die Christus Jesus sich häufig zurückzog, stellen sinnbildlich dar, daß er über dem sterblichen Traum im Bewußtsein des Himmels, der Harmonie, weilte. In den Nächten, die der Meister auf Bergesgipfeln wachend und in Gemeinschaft mit dem einen Vater-Mutter-Gott verbrachte, empfing er die Kraft, die die Kranken und Sündigen heilte, Tote auferweckte, den Blinden das Gesicht gab und Wunder wirkte, wie die Menschen sie nie zuvor gekannt hatten.
Nach dem Bericht der Bibel fand die Verklärung „auf einem hohen Berg“ statt. Bei diesem Anlaß konnte Jesus mit Mose und Elia reden. Hier wurde in makelloser Vollkommenheit enthüllt, daß das geistige, zeitlose Sein, das kein Alter kennt, ewig ist.
Christi Jesu Gedanken und Erkenntnis stiegen immer höher. Ja, nur aus einem erhabenen geistigen Denken konnte jene größte Predigt hervorgehen, die je gehalten wurde — die Bergpredigt, die folgende Anweisung für wahres Sehen enthält (Matth. 5, 8): „Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ Tatsächlich gesegnet ist jene reine Wahrnehmung, die den neuen Himmel und die neue Erde sieht.
In jener unvergleichlichen Predigt erklärte Jesus auch (Matth. 6, 22): „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.“ Mary Baker Eddy erläutert diese Erklärung auf Seite 393 im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“, wo sie schreibt: „Wenn Jesus erklärt:, Das Auge ist des Leibes Licht‘, so meint er sicherlich damit, daß Licht vom Gemüt abhängig ist und nicht von der Zusammensetzung von Flüssigkeiten, Linsen, Muskeln, von der Iris und der Pupille, die das Sehorgan bilden.“
Es machte auf den Verfasser, als er eines schönen Sommertages einen Berg bestieg, Eindruck, wie die Dinge, die er sah, eine geistige Bedeutung bekamen. Immer mehr sichtbar werdende Berge ringsum waren ein Sinnbild eines unerschütterlichen Vorhabens und eines hohen Entschlusses. Ein herrlicher See unten im Tal erinnerte daran, wie man im Spiegel der göttlichen Wissenschaft die ruhige Widerspiegelung der Wahrheit sieht. Bergbäche boten ein freudiges Bild des Reichtums und der nie versagenden Fülle der Liebe. Die Vögel stellten für ihn ein sich aufschwingendes Denken und Höherstreben dar. Ein Tannenwald an einem Steilabhang wies auf die unbeirrbare Geradheit dessen hin, was im göttlichen Prinzip, in der Liebe, wurzelt und darauf gegründet ist. Durch geistiges Erschauen erhaschte er einen Schimmer davon, daß in Gottes Schöpfung alles von Seiner unfehlbaren Güte und fürsorglichen Liebe zeugt, daß also Jesajas herrliche Verheißung in Erfüllung gegangen ist (Jes. 55, 12): „Ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Ruhm und alle Bäume auf dem Felde mit den Händen klatschen.“
Mrs. Eddy, die in reinem Erschauen eine größere Höhe erreichte als irgend sonst jemand seit unserem großen Wegweiser, konnte den Strahlenglanz der unsterblichen Wahrheit erblicken und daher auf Seite 215 im Lehrbuch glaubwürdig feststellen: „Das geistige Gesicht ist von geometrischen Höhen nicht abhängig. Alles, was von Gott regiert wird, ist niemals auch nur einen Augenblick des Lichts und der Macht der Intelligenz und des Lebens beraubt.“
Gott allein erschafft, bildet, ist die Voraussetzung für und erhält geistiges Erschauen. Es ist das unaufhörliche Erkennen der Allmacht und Allgegenwart der Liebe. Seine Reichweite ist daher unbegrenzt. Es nimmt unmittelbar die Allheit Gottes wahr und weiß nichts von dem wesenlosen sogenannten Bösen. Es ist sich des geistigen Vorherbestehens des Menschen als der vollkommenen, makellosen Widerspiegelung Gottes, die von keinem Traum, von keiner Annahme sterblichen Daseins je unterbrochen wurde, vollständig bewußt. Es sieht nur ein von der Liebe erfülltes Weltall geistiger Ideen, die von dem göttlichen Prinzip in ununterbrochener Einmütigkeit, Einheit und Vollständigkeit erhalten werden.
Geistiges Erschauen ist in keiner Weise von vergänglicher Materie abhängig. Seine ganze Äußerung und Bekundung stammt von der Seele, von Gott. Es kann weder durch materielle Gesetze noch durch die gottlose Lüge Begrenzung getrübt oder unklar werden. Es kennt keine Verdunkelung, Verdrehung, Umkehrung oder Ablenkung irgend welcher Art, denn es nimmt teil an der Art des Einen, der „ganz lieblich“ ist — an dem allsehenden Gemüt, das Gott ist. Nichts ist außerhalb der Brennweite, der Einheit, geistigen Erschauens, und es sieht alle Gegenstände der Schöpfung Gottes in ihrem wahren Licht, ihrer wahren Schönheit und Erhabenheit. Für das geistige Erschauen gibt es kein „dort“, denn alles ist gegenwärtig und gut.
Eines Menschen Erschauen ist das, was er von dem allsehenden Gemüt ausdrückt; denn unsere Führerin schreibt in dem Buch „Anfangsgründe der Göttlichen Wissenschaft“ (S. 7): „In der Wissenschaft ist der Mensch die offenbare Widerspiegelung Gottes, des vollkommenen und unsterblichen Gemüts. Er ist das Gleichnis Gottes. Sein Gleichnis ginge verloren, wenn es umgekehrt oder verkehrt würde.“ Wahres Erschauen kann also weder umgekehrt noch verkehrt werden; denn es ist ewig unverfälscht einheitlich. Es ist der von dem einen Gott, dem Gemüt, verursachte Zustand unumwölkten, ungetrübten geistigen Bewußtseins.
Es kann für uns Christliche Wissenschafter keine größere Freude geben als die, unsere von Gott gegebene Gabe geistigen Erschauens zu beanspruchen. Dies wird unsern Weg mit himmlischem Licht erleuchten, wenn wir auf dem aufwärts führenden Pfad weitergehen, den unser geliebter Wegweiser so vollkommen bezeichnet hat, und den unsere teure Führerin so vollständig klargelegt hat, daß wir die herrliche Schöpfung des unsterblichen Gemüts sehen können.
