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„Was wir am meisten bedürfen“

Aus der Oktober 1951-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Denken wir, daß ein materieller Zustand anders werden müsse, ehe wir Harmonie erleben können? Handelt es sich bei dem unharmonischen Zustand um Klima, Höhenlage, eine menschliche Beziehung, Arbeitsbedingungen oder körperliche Krankheit? Die Erfahrung lehrt, daß ein auf einer materiellen Voraussetzung beruhendes Überlegen nie genau wissen oder sagen kann, was nötig ist, eine falsche Lage zu heilen. Die Christliche Wissenschaft zeigt, daß der Mensch immer auf dem Standpunkt der Vollkommenheit steht. Was den Menschen daher not tut, ist immer ein größeres Verständnis Gottes und des Menschen und der geistigen Eigenschaften, die der Mensch widerspiegelt, wie Gehorsam, Dankbarkeit, Ehrlichkeit und Liebe. Wenn man diese Eigenschaften im Bewußtsein hegt, bringen sie des Menschen wahre Wesenheit ans Licht, so daß Irrtum jeder Art weicht.

Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ hat die Verfasserin, Mary Baker Eddy, der Welt das Mittel an die Hand gegeben, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Sie schreibt auf Seite 4: „Am meisten bedürfen wir des Gebetes inbrünstigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade, das in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommt.“ Diese Ermahnung zieht nicht körperliche Zustände noch das, was die fünf materiellen Sinne zu erfordern scheinen, in Betracht, sondern die geistigen Ideen, die nötig sind, dem menschlichen Bedürfnis, was es auch sei, abzuhelfen.

Die aus Wissenschaft und Gesundheit angeführte Erklärung enthält gewisse Pflichten, die der einzelne oder die Gruppe zu erfüllen hat, ehe das Licht geistigen Verständnisses den Weg durch Gebet erleuchten kann.

Gebet bedeutet, daß man sich an Gott wendet. Es bedeutet ein Horchen, daß Gottes Plan sich dem Bewußtsein entfalte, anstatt Gott zu sagen, wie Er einem gewissen von dem Bittsteller geplanten Handeln zum Erfolg verhelfen könne oder sollte. Diese Grundbedingung wirksamen Gebets wurde dem Verfasser klar, als er sich erst kurze Zeit mit der Christlichen Wissenschaft befaßte. Er hatte den Wunsch, sich dem Produktenhandel zuzuwenden. Nach vielem Beten und Überlegen zeigte sich eine Möglichkeit, daß er als Kartoffelaufkäufer anfangen konnte. Es schien nichts im Wege zu stehen; jeder, der mit dem Abkommen zu tun hatte, war willig, und es fehlte auch nicht am Geld. Alles war bereit mit Ausnahme der letzten Vertragsurkunde. Als diese sich ohne ersichtlichen Grund ungebührlich verzögerte, bat er einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Hilfe. Aber es kam auch jetzt noch keine bestimmte Verbindung zustande, und es wurde kein Vertrag unterzeichnet. Die Sache verschleppte sich von Tag zu Tag, bis Enttäuschung unausbleiblich schien. Etwa sechs Tage, nachdem sich die Möglichkeit gezeigt hatte, daß er Teilhaber der Firma werden konnte, setzte eine ungewöhnliche Regenzeit ein. Wenn das Abkommen getroffen worden wäre, wie der Verfasser gehofft hatte, hätte er einen schweren Verlust erlitten und wäre sehr in Schulden geraten. Auf die Weise, wie es sich auswirkte, fiel der Verlust dorthin, wo er getragen werden konnte, ohne daß jemand wirtschaftlich dadurch sehr beeinträchtigt wurde. Der Verfasser ist nicht nur für diese Beschützung immer dankbar gewesen, sondern auch dafür, daß er auf die Führung des göttlichen Gemüts horchen lernte. Wenn man im Gebet horcht, kann man sicher sein, daß man Gottes Führung hört; denn Seine Gegenwart erfüllt allen Raum, und Er herrscht gütig und unablässig über den Menschen.

Um in der Gnade zu wachsen, ist inbrünstiges Verlangen unumgänglich notwendig. Ohne ein Verlangen nach Besserung kann man nicht viel erreichen. Wir wissen, daß Jesus einen Heilungsbedürftigen, ehe er ihm half, fragte (Joh. 5, 6): „Willst du gesund werden?“ Mit andern Worten, hast du ein Verlangen nach einer Änderung des Denkens, die zu Erneuerung führt? Ohne das Verlangen nach Wachstum im Verständnis strebt man wenig nach Selbstvervollkommnung; infolgedessen wird Selbstzufriedenheit zu einem Hindernis, um Fortschritt und Harmonie zu erlangen.

Ein anderes Erfordernis beim Beten um geistiges Wachstum ist, daß das Verlangen zum Ausdruck kommen muß. Wie? In „Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken.“ Das herkömmliche Denken, daß Geduld ein ruhiges Sichfügen unter Irrtumsschläge sei, sollte berichtigt werden. Man braucht sich dem Bösen nie zu fügen, sondern man muß es mit Gutem überwinden. Geduld kann also nicht bedeuten, daß man sich in ein unglückliches Los fügt. Geduld bedeutet die Überzeugung, daß nur das Gute wirklich ist, und daß im Gemüt Harmonie ewig feststeht, selbst wenn es dem sterblichen Sinn scheint, als nehme der Irrtum überhand. Jesus beharrte in diesem überzeugten Denken, als er am Grabe des Lazarus stand und sagte (Joh. 11, 41. 42): „Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast. Doch ich weiß, daß du mich allezeit hörst.“

In Sanftmut liegt geistige Stärke. Ebenso, wie das Spiegelbild keine eigene Tätigkeit erzeugen kann, sondern die Tätigkeit des Gegenstandes vor dem Spiegel wiedergeben muß, ist der Mensch bestimmt, durch Widerspiegelung die Tätigkeit Gottes zu wiederholen, eine Tätigkeit, die in Übereinstimmung mit der Art Gottes, der die Liebe ist, immer harmonisch ist. Wahre Sanftmut besteht darin, daß man diese Tatsache anerkennt und stets bereit ist, den menschlichen Willen aufzugeben, um den göttlichen Willen zu tun. Sie bedeutet, zu wissen, wie Jesus wußte und lehrte, daß „der Sohn nichts von sich selber tun kann, sondern was er sieht den Vater tun“ (Joh. 5, 19). In solch rechtem Wissen liegt Herrschaft über die Unstimmigkeiten, die der fleischliche Sinn darbietet.

Laßt uns einen Augenblick die geistige Idee Liebe betrachten! Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 192): „Alles, was den menschlichen Gedanken auf gleicher Linie mit selbstloser Liebe erhält, empfängt unmittelbar die göttliche Kraft.“ Hieraus ersehen wir, daß es möglich ist, durch das Üben von Liebe ein gewisses Maß von Verwirklichung der Allmacht zu erlangen. Es ist auch klar, daß die Liebe rein und selbstlos sein muß, wenn man diese Macht empfangen will. Es muß eine Liebe sein, die gibt, ohne daran zu denken, was sie dafür empfangen wird; eine heilsame und aufrichtige Liebe zu denen, die uns nicht lieben. Sie bedeutet Liebe zu unserem weniger glücklichen Bruder, der augenblicklich nicht zurückzahlen kann; Liebe zu dienen, nur weil es nötig ist; Liebe, die Müdigkeit und Freudlosigkeit, die das Menschengeschlecht erlebt, zu heilen und zu überwinden. Und vor allen Dingen bedeutet sie eine Liebe, die das Gute im Leben und den Angelegenheiten aller derer aufrichten hilft, mit denen wir täglich in Berührung kommen.

Man drückt sich selber durch Liebe auf zweifache Art aus. Wie im vorausgehenden Abschnitt gezeigt ist, schließt sie tätige Dienstleistung für andere in sich, sowie das mehr duldende aber dennoch nötige Verständnis der Nichtsheit der Fehler eines andern, wenn er sich zu bessern bemüht. Wir kennen diese Seite der Liebe als Vergebung. Dem menschlichen Sinn kann es scheinen, als ob Vergebung etwas sei, was man einem andern zuteil werden läßt, während es tatsächlich ein Dienst ist, den man sich selber erweist. Dies ist aus dem Gebet des Herrn ersichtlich, wo Jesus sagt (Matth. 6, 12): „Und vergib uns unsere Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben.“ Wenn wir im Umgang mit unserem Nächsten nicht Vergebung üben, können Groll und Selbstbedauern zunehmen. Ein sicheres Mittel, seine Feinde zu übertreffen, ist ihnen zu vergeben und sie zu lieben. Dies ist ein wirksames Verfahren, das Böse zu überwinden, welcher Art der sogenannte Feind auch sein mag.

Wenn Geduld, Sanftmut und Liebe im Denken vorherrschen, führen sie natürlich und unvermeidlich zu guten Werken; denn das Denken beherrscht das Handeln. Es ist klar, daß Sünde, Krankheit, Unstimmigkeit und Tod nicht getrennt von der Materie bestehen. Da der Mensch geistig ist, können unsere wahren Bedürfnisse nicht anders als geistig sein. Materielle Heilmittel können nicht auf geistige Zustände angewandt werden. Daher bedürfen wir zweifellos am meisten des „Gebetes inbrünstigen Verlangens nach Wachstum in der Gnade, das in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommt.“

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