Die Philologen haben durch das Studium der Sprachen viele bemerkenswerte Tatsachen ans Licht gebracht. Beim Studium der ursprünglichen Bedeutung von gewissen Worten im Griechischen, Lateinischen, Teutonischen, Slawischen und Keltischen, zum Beispiel, hat sich die Tatsache herausgestellt, daß die Grundlagen der alten religiösen Anschauungen der entsprechenden Völkergruppen die gleichen waren. Auch wurde es klar, wie die ursprünglichen Begriffe von der Gottheit umgewandelt und verdorben wurden, bis die Götter zu Halbgöttern oder halbmenschlichen Helden wurden, und schließlich in die monströsen Erzählungen der Mythologie entarteten. Allmählich wurden die ursprünglichen Gottesbegriffe, wie wahr und erhaben sie auch gewesen sein mögen, zu mythologischen Legenden, bis sie immer verwirrter und schwächer wurden, und oft sogar in Versen und Kinderreimen endeten.
Wenn die Religion von der Offenbarung getrennt und in das Bereich des sterblichen Gemüts gebracht wird, so kann dies ihr Los werden. Eine unvermeidliche Verdrehung findet statt. Diese Verdrehung kann sich leicht in dem Gemüt eines Sterblichen vollziehen, wenn dieser das sterbliche Gemüt und nicht das göttliche Gemüt als Grundlage annimmt. Das sterbliche Gemüt ist eine Mythe und kann daher nur das wahrnehmen, was vergänglich ist und der Phantasie angehört.
Die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft kommt, um die Sterblichen von der Sterblichkeit und ihren Annahmen zu erlösen. Die Christliche Wissenschaft besteht nicht aus Meinungen der Sterblichen, auch ist sie nicht die Theorie irgendeines sterblichen Wesens. Sie stellt die Offenbarung der absoluten Wahrheit dar, welche als Antwort auf die große Not und das Sehnen der Welt zu uns gekommen ist durch ein Wesen, das rein genug und christusähnlich genug war, um diese Offenbarung zu empfangen und zu verkündigen. Das war Mary Baker Eddy.
In diesem Licht sieht und erforscht der Christliche Wissenschafter die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft, wie sie in der Bibel und den Schriften Mrs. Eddys zu finden ist. Treues Festhalten an der Offenbarung wird es unmöglich machen, daß eine Verdrehung der Wahrheit im Denken des Wissenschafters stattfinden kann. „Beschütze die Offenbarung“ ist eine Mahnung, die das Denken eines jeden Christlichen Wissenschafters beherrschen sollte, der die in der Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ enthüllten Lehren ernstlich studiert und anwendet.
Selbst die kleinste Abweichung von der ursprünglichen Offenbarung der Christlichen Wissenschaft, wie diese von der Offenbarerin niedergelegt worden ist, würde das Heilungswerk unmöglich machen und eine Degeneration statt einer Regeneration im menschlichen Charakter hervorrufen. Aus dem Grunde sollte der Christliche Wissenschafter vorsichtig darüber wachen, daß er diese Wissenschaft in Übereinstimmung mit der Offenbarung Mrs. Eddys denkt, spricht und schreibt. In ihrem Buch „Die Grundlagen der göttlichen Wissenschaft“ sagt sie (S. 17): „In der Wissenschaft ist die geringste Abweichung verhängnisvoll.“
Wachsamkeit und Demut bringen reichen Lohn. Treue der Offenbarung der Wahrheit gegenüber wird den Forscher immer mehr und immer schneller auf seiner Reise nach dem Geistigen hin fördern. Er wird seine Arbeit mit Demut beginnen und mit immer größerer Demut fortsetzen, wenn er die ehrfurchtgebeitenden Ergebnisse sieht, welche Hingebung an die reine und unverfälschte Wahrheit, die wir in der Offenbarung der Christlichen Wissenschaft finden, bringen kann.
Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 241): „Wir sollten danach streben, die Horebshöhe zu erreichen, wo Gott sich offenbart. Reinheit ist der Eckstein allen geistigen Bauens.“ Die Reinheit des Wortes in seiner Vollständigkeit zu bewahren, bedeutet, den Eckstein für unser geistiges Bauen zu legen. Der Christliche Wissenschafter wacht treulich darüber, die Richtschnur des Christus zu bewahren, wie Christus Jesus sie uns im Matthäusevangelium (5:48) gegeben hat: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ Der vollkommene Gott und der vollkommene Mensch ist der Standpunkt der Christlichen Wissenschaft und die Grundlage für ihre Ausübung. Daher würde eine Tendenz, materielle Heilmittel mit geistigen zu vermischen, eine Erniedrigung dieses Standpunktes zur Folge haben und ein Sich-dem-Feinde-Ergeben bedeuten. Gott ist ein eifriger Gott. Das heißt, ein Gott, der absolute Befolgung Seiner Gesetze verlangt.
Wenn hingegen der Anhänger in seinem Eifer den Standpunkt des vollkommenen Gottes und des vollkommenem Menschen mit unwandelbarer Genauigkeit einhielte und dabei versäumte, die Fortschritte zu machen, die in unserer Erfahrung notwendig sind, um die Wiedergeburt zu erlangen, so würde er sein Heilungswerk zunichte machen. Ja er würde sein wie ein Mensch, der einfach zum Bergesgipfel hinaufschaute und sich einbildete, er wäre schon oben, während er im Grunde doch wüßte, daß er gar manche Schritte tun muß, ehe er den Gipfel erreicht, oder, mit anderen Worten, wie jemand, der so sprechen und handeln wollte, wie unser großer Meister es auf der Höhe seiner irdischen Laufbahn tat.
Die Beziehung zwischen den absoluten und den relativen Ansichten bedarf besonderer Wachsamkeit. Es ist wissenschaftlich, vom absoluten Standpunkt aus zu arbeiten und zu beten, doch ist es unweise anzunehmen, daß wir den Bergesgipfel erreicht haben, einfach weil wir positive und absolute Behauptungen aufstellen können. Unsere geliebte Führerin, die immer so inspiriert und doch so demütig war, sagte, als sie in ihrem Buch „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten, S. 43) von dem endgültigen Sieg über den Tod sprach: „Das Erreichen dieses höchsten Zieles in der Wissenschaft, des vollkommenen Sieges über den Tod, erfordert Zeit und unendlich großes geistiges Wachstum. Ich habe keineswegs von mir selber gesprochen. Ich kann nicht von mir selber sprechen als jemand, der genug von diesen Dingen weiß.“
Wenn wir am Kreuzweg stehen und im Zweifel sind, welchen Weg einzuschlagen, in unserer Wanderung von den Sinnen zur Erlösung, so werden wir in den Schriften unserer Führerin einen Wegweiser finden, der uns den rechten Weg anzeigt. Daher ist der beste Rat, den ein Lehrer seinem Schüler oder ein Ausüber seinem Patienten geben kann: „Geht zu euren Büchern und seht, was Mrs. Eddy sagt,“ — anstatt eine Rede zu halten auf der Grundlage persönlicher Meinungen.
Wieviel einfacher ist es, gehorsam zu sein, wenn wir wissen, daß Gehorsam eine natürliche Eigenschaft des Menschen ist. In seinem geistigen Bewußtsein kann niemand Gott leugnen oder Ihm widerstehen, noch kann er von seinem Verständnis der geistigen Existenz getrennt werden. Der treue Christliche Wissenschafter bewahrt die Offenbarung von Gott und dem Menschen, die ihn erhebt, und die unendlich viele Menschen vor ihm zu Licht und Freiheit erhoben hat. In freudigem Einssein mit Gott findet er vollkommene Befriedigung im Geist und vollkommene Ruhe in der Gelassenheit der Seele.
