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Noah, der Lauscher

Aus der Juli 1952-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Intuition ist eine göttliche Eigenschaft. Sie ist das Gegenteil jenes falschen Sinnes, des Instinkts, der seiner Art nach tierisch und ohne jede Intelligenz ist. Ein Wörterbuch erklärt Intuition als „ein Wissen ohne zu folgern oder zu überlegen; ... Innenblick; ... unmittelbare Anschauung.“ Geistige Intuition ist von großem Wert und mit der vorbeugenden Kunst der Christlichen Wissenschaft verknüpft. In der Bibel ist dies am auffallendsten gezeigt in der Geschichte von Noah. Intuition befähigte ihn, das der Erde bevorstehende Unheil vorauszusehen und vorauszufühlen, so daß er und seine Familie ihm zuvorkommen und ihm entgehen konnten. Wir lesen (Hebr. 11, 7, engl. Bibel): „Von Furcht getrieben, hat Noah ... die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses.“ Für den menschlichen Sinn kann geistige Intuition zuweilen die Form von Furcht anzunehmen scheinen. In der Bibel nahm es diese Form oft an. Wenn ein Engel erschien, fürchteten sich die Menschen fast immer. Aber der Engel hatte immer eine Botschaft für sie; ja, der Engel war die Botschaft. Joseph wurde in einem Traum vor dem grausamen Vorhaben des Herodes gewarnt. Das kann ihm natürlich Furcht eingeflößt haben; es veranlaßte ihn, Weisheit walten zu lassen und mit dem Kindlein und seiner Mutter nach Ägypten zu fliehen.

Wie notwendig es doch ist, wenn wir einen neuen Schritt vorwärts oder ein weises Unternehmen planen, daß wir unser Kindlein dem Anblick des sterblichen Gemüts verbergen! In Noahs Fall kam mit der geistigen Intuition die wunderbare Weisheit und Voraussicht, die ihm die Idee eingab, ein Schiff oder eine Arche zu bauen, um das Leben zu erhalten. Sehr beachtenswert ist, daß Noah bei dem ganzen Unternehmen nichts menschlich plante; es kam alles von oben. Es war immer die Stimme Gottes oder göttliche Eingebung, die zu ihm sprach und ihm sagte, was er tun sollte. Ja, es ist eine auffallende Tatsache, daß in dem ganzen Bericht Noah nie selber spricht. Gott sagt alles. Wie verschieden dies davon ist, wie manche Menschen beten! Ihr Gebet ist zuweilen ein langes Reden ihrerseits, wobei sie kaum auf Gottes Antwort lauschen, ja Ihn sogar anweisen, wie ihre Wünsche gewährt werden sollen. Das ist keine wahre Gemeinschaft. Noah konnte offenbar wunderbar lauschen. Auf was lauschte Noah? Auf die Stimme der Wahrheit in seinem eigenen Bewußtsein. Das Bauen der Arche muß der Anlaß zu viel Spott und Mutmaßung bei Noahs Nachbarn und Freunden gewesen sein, aber das hielt ihn nicht ab. Er verließ sich auf seine Intuition. Das enthält eine Lehre für uns. Wie es uns doch not tut, daß wir uns auf unsere Eingebungen verlassen — daß wir sie nie unbeachtet lassen, sondern auf sie hören und ihnen Folge leisten!

Ich erinnere mich, daß einer unserer Lektoren mir erzählte, wie er auf einer langen Vortragsreise plötzlich von Furcht vor einem Unfall erfüllt gewesen sei. Er erkannte darin eine innerlich wahrgenommene Führung, Furcht zu zerstören. Er arbeitete und betete augenblicklich, handhabte die Annahme und behauptete die Gegenwart und Allmacht Gottes, der göttlichen Weisheit, zu retten und zu erhalten. Am Ende der Reise erfuhr er, daß ein schrecklicher Unfall wunderbar abgewendet und verhütet worden war.

Lesen wir nun die Definitionen für „Noah“ und „Arche“, die Mary Baker Eddy im Glossarium des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ gegeben hat. „Noah“ ist wie folgt erklärt (S. 592): „Ein körperlicher Sterblicher; die Erkenntnis der Nichtsheit der materiellen Dinge und der Unsterblichkeit alles Geistigen.“ Diese beachtenswerte Erklärung zeigt uns, daß nicht das Bestreben, das Menschliche zu bewahren, sondern das Verständnis seiner Unsterblichkeit die Grundlage von Noahs Beweis war, der menschlich als seine und seines Hauses Rettung erschien. Die Definition für „Arche“ lautet (S. 581): „Geborgenheit; die Idee oder Widerspiegelung der Wahrheit, die erwiesenermaßen ebenso unsterblich ist wie ihr Prinzip; das Verständnis vom Geist, das die Annahme von Materie zerstört. Gott und der Mensch zusammenbestehend und ewig; die Wissenschaft, welche zeigt, daß die geistigen Wirklichkeiten aller Dinge von Ihm erschaffen sind und immerdar bestehen. Die Arche deutet überwundene Versuchung an, auf welche Erhebung folgt.“ Hier ist genau derselbe Gedanke ausgedrückt. Die durch die Arche dargestellte Geborgenheit ergibt sich aus dem Verständnis des Geistes, das den Glauben an Materie zerstört. Es ist noch ein weiterer, tiefer Gedanke in dem Satz: „Die Wissenschaft, welche zeigt, daß die geistigen Wirklichkeiten aller Dinge von Ihm erschaffen sind und immerdar bestehen.“ Mag hier nicht darauf Bezug genommen sein, daß Noah, wie es in der Erzählung heißt, von allem Fleisch, von Tieren, Vieh und Vögeln usw. je ein Paar in die Arche mitnahm? Unser Lehrbuch sagt uns, daß der Mensch alle rechten Ideen in sich schließt. Die rechte Idee aller lebenden Geschöpfe war in Noahs Bewußtsein inbegriffen und nahm somit an seiner Errettung teil. Mit andern Worten, sein geistiger Begriff von ihnen war ewig und hatte seine Kundwerdung.

Im 7. Kapitel des 1. Buchs Mose lesen wir die beachtenswerte Erklärung: „Und die Wasser wuchsen und hoben den Kasten auf und trugen ihn empor über die Erde.“ Was für eine Ermutigung dies für jeden Christlichen Wissenschafter enthält! Je höher die Wogen des Irrtums gehen, je härter die Anfechtung, desto höher werden wir gehoben, desto sicherer sind wir geborgen, wenn wir in der Arche, dem Verständnis des Geistes und der Unsterblichkeit und dem Nichts der Materie, sind. O laßt uns, wenn diese Anfechtungen zu kommen scheinen, nicht furchtsam sein, laßt uns nicht verzagen, laßt uns nicht entmutigt sein! Wir haben heute eine Arche durch die „unaussprechliche Gabe“, unsere große Wissenschaft. Wir sind sicher, wenn wir in dieser Arche bleiben und an der Tatsache unserer jetzigen Unsterblichkeit, unseres geistigen, unkörperlichen Seins, festhalten.

Man sollte nicht vergessen, daß die Anfechtung in Noahs Fall nicht schnell überwunden war. Hundertfünfzig Tage sind eine lange Prüfungszeit, während der es nötig war, zu glauben, ohne zu sehen, was, wie Jesus sagte, eine gesegnete Erfahrung ist. Noah muß sich nach einem Zeichen gesehnt haben, und schließlich wurde ihm eins zuteil. Er ließ eine Taube ausfliegen, um zu sehen, ob die Wasser gefallen waren. Aber die Taube fand nichts, wo ihr Fuß hätte ruhen können, und kam wieder zur Arche zurück. Nach sieben Tagen sandte Noah sie wieder aus, und sie kam mit einer guten Verheißung, einem Ölblatt im Schnabel, zurück, und als er sie nach weiteren sieben Tagen nochmals aussandte, kam sie nicht mehr zurück. Das Wort Taube ist im Glossarium in Wissenschaft und Gesundheit (S. 584) erklärt als „Ein Sinnbild der göttlichen Wissenschaft; Reinheit und Friede; Hoffnung und Glaube.“ Warum gilt die Taube als ein Sinnbild der göttlichen Wissenschaft? Sind nicht Sanftmut, Friede und Ermutigung gerade die Eigenschaften, die die göttliche Wissenschaft uns bringt? Besteht vielleicht ein Zusammenhang zwischen der Tatsache, daß die Taube nichts fand, da ihr Fuß ruhen konnte, und dem Umstand, daß die göttliche Wissenschaft im Irdischen oder der materiellen Annahme nichts findet, auf dem sie beruhen, auf dem sie fußen kann? Jedenfalls versinnbildlicht Noahs Taube in der Tat Hoffnung und Glauben.

Und jetzt kommen wir zu dem ermutigendsten und erhebendsten Teil der ganzen Erzählung: zu dem, was stattfand, als sie die Arche schließlich verließen und auf festen Boden kamen, der, wie sie aus der Rückkehr der Taube hatten schließen können, schon trokken war. Das allererste, was Noah nach dem Verlassen der Arche tat, war, daß er dem Herrn einen Altar baute und Ihn pries und Ihm dankte. Dadurch konnte er wieder die Stimme Gottes hören, die während der monatelangen Heimsuchung still gewesen war. Wieder erkannte er seine geistige Intuition oder Wahrnehmung richtig als die Stimme Gottes, und diese Stimme gab ihm wertvolle Verheißungen oder Prophezeiungen, die für alle künftigen Zeiten und Geschlechter gelten sollten.

Gott machte einen Bund mit Noah; was war dieser Bund? Er war das feierliche Versprechen, daß nie wieder eine Flut kommen soll, alles Fleisch zu verderben (siehe 1. Mose 9, 8–17). Da durch die Jahrhunderte hindurch der Begriff des rettenden Christus erscheint und immer mehr vorherrscht, so folgt daraus unumgänglich, daß sich geltend machende Zerstörung der Erhaltung, der Umwandlung, der Rettung weicht. In einem der erwähnten Verse ist gesagt, das Zeichen des Bundes Gottes werde ein in die Wolken gesetzter Bogen, mit andern Worten, ein Regenbogen, sein.

Wer liebt nicht einen Regenbogen und die damit verbundene Verheißung? Überdies können wir eine tiefe Lehre aus den Worten im 1. Buch Mose (9, 14) lernen: „Und wenn es kommt, daß ich Wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken.“ Haben wir eine scheinbar hartnäckige Schwierigkeit, einen Mangel in unserem Leben, dem noch nicht abgeholfen ist, oder ein Leid, das unsere Freude zu trüben scheint? Dann laßt uns nach dem Bogen in den Wolken sehen! Er ist dort, und er ändert und verschönt die ganze Erfahrung für uns; er versichert uns der Gegenwart Gottes. Gott ist die Allgegenwart, und wenn wir dies bedenken, erkennen wir, daß es tatsächlich nie eine Schwierigkeit, einen Mangel oder ein Leid geben kann, weil die Allgegenwart, Gottes Allgegenwart, sie ausschließt, sie unmöglich macht. O ja, sie scheinen zu sein; aber die Erde scheint auch stillzustehen, und steht doch nicht still, und wenn wir den Anschein verneinen und beharrlich die Wirklichkeit behaupten, können wir zuversichtlich den Beweis erwarten.

Fragen wir uns nun: „Was ist heute die Flut?“ Es ist eine gedankliche Flut, eine Flut von Propaganda und anmaßender Gedankenbeeinflussung gegen die geistige Idee, gegen Frieden und Menschenbrüderschaft. Sie tritt auf in Gestalt von Teilnahmlosigkeit und Gleichgültigkeit gegen das Wohl der Menschheit im allgemeinen und gegen die Sache der Christlichen Wissenschaft im besonderen. Sie flößt Furcht ein und sucht stets zu vereiteln. Sie flüstert sogar ein, daß die Zeit für Organisation vorüber sei, weil sie sehr gut weiß, daß unsere Bewegung ohne die von unserer Führerin gegründete Kirche und ihr Handbuch in Verwirrung geraten und untergehen würde.

Aber wir haben die Verheißung, daß diese gedankliche Flut nicht zerstören wird, und der Bogen ist in den Wolken. Gleichzeitig müssen wir diesen Einflüsterungen unser Bewußtsein verschließen, müssen wir in unserer Arche geistigen Verständnisses stark sein und dürfen die Tür nicht öffnen. Wir lesen, daß der Herr hinter Noah zuschloß. Hindern wir nicht, daß Gott unser Denken Lügengerüchten und Schlangeneinflüsterungen verschließt, damit es offen ist für den Engel Seiner Gegenwart, offen für die Tatsache, aber nicht für die Lüge; offen für die Wahrheit, daß Gott, das Gute, das All-in-allem ist, und es daher kein Übel gibt, vor dem man sich zu schützen hat. Noch nie bedurfte die Welt mehr des Trostes und der Ermutigung, noch nie war sie daher mehr bereit für das Wirken und die Tröstungen der göttlichen Wissenschaft. Wenn wir auf den Berg des Herrn steigen, das Bewußtsein der Unwirklichkeit des Bösen erlangen, können wir eine Arche bauen nicht nur zur Rettung unseres Hauses, sondern zur Rettung unseres Weltalls.

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