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Gehorsam ist dem Menschen natürlich

Aus der Oktober 1953-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als der Verfasser vor einigen Monaten dankbar über die vielen Heilungen und Segnungen nachdachte, die ihm aus seinem Studium der Christlichen Wissenschaft erwuchsen, entdeckte er, daß er endlich doch im Begriff war, seine Lektionen über Gehorsam, die zur geistigen Erleuchtung und Entfaltung nötig sind, recht gut zu lernen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis dieser Schluß ernstlich umgestoßen wurde. In seinem Geschäft entwickelte sich eine Lage, daß seiner Firma für etwas, das einer seiner Kunden gekauft hatte, eine große Summe Geldes zu bezahlen war. Bei einer Unterredung mit diesem Kunden einige Wochen ehe die Schuld fällig wurde, fand er, daß keine Aussicht auf Bezahlung des Betrages bestand.

Angesichts einer anscheinend dringenden und schwierigen Lage, aber seinem höchsten Verständnis der Christlichen Wissenschaft gehorsam, suchte er göttliche Führung. Er überlegte, daß in der Allheit des göttlichen Geistes für jedes rechtmäßige Bedürfnis reichliche Versorgung und Substanz vorhanden war. Und da es sich um gerecht und ehrlich eingegangene Verpflichtungen handelte, sah er, daß er beschützt sein würde. Er verstand, daß der Mensch die Idee des göttlichen Prinzips ist und immer vom göttlichen Gesetz regiert wird. Er erklärte, daß in dem Weltall der Liebe, wo der Mensch ewig lebt, der Mesmerismus der Furcht weder Gegenwart noch Macht hat und daher keinerlei Einfluß auf diese Lage haben kann. Aber trotz dieses Wissens der Wahrheit schien er nicht den Frieden zu finden, den ein solches Gebet gewöhnlich im Gefolge hat.

Bei einer zweiten Besprechung mit dem Kunden nahm er anstatt des Bargeldes einen in 30 Tagen fälligen Wechsel an in dem Glauben, daß die Firma ihn anstandslos annehmen werde. Die Firma nahm den Wechsel jedoch nicht an, mit der Begründung, daß es mit ihren Grundsätzen über die Einziehung von Beträgen nicht vereinbar sei. Auflehnung gegen diese Bestimmung und große Furcht und Verwirrung schienen den Verfasser zu überwältigen. Nach mehreren in Gebet verbrachten schlaflosen Nächten kam eine herrliche, heilende Offenbarung.

Als er die Bibel zur Hand nahm, fiel ihm ein Vers, dem er noch nie Beachtung geschenkt hatte, besonders in die Augen. Darin beschreibt Christus Jesus einem seiner Jünger, wie die Offenbarung des Christus kommt, mit den Worten (Joh. 14:23): „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ Freudig erkannte der Verfasser, daß er der Bedingung, „Wer mich“ — den Christus, die Wahrheit — „liebt“, schon voll und ganz zustimmte. In sein Bewußtsein strömte die ganze Liebe zur Wahrheit ein, die ihn bei seinem jahrelangen Studium der Christlichen Wissenschaft begeistert und viele dunkle Stellen für ihn erleuchtet hatte. Er zweifelte nicht, daß dieser göttliche Zustand das Höchste in seinem Denken war, und mit dieser Erkenntnis schwand jede Spur von Auflehnung, Furcht und Verwirrung dahin. Innerhalb von zwei Tagen wurde der erforderliche Betrag ohne Schwierigkeit bar bezahlt und alle anderen störenden Geldangelegenheiten im Geschäft des Wissenschafters verschwanden nach und nach.

Wie der Erzvater Jakob in seinem Pniel, seinem Ringen nach geistigem Licht, suchte der Wissenschafter die Offenbarung, die zu der Heilung geführt hatte, völliger und eingehender zu verstehen. Sie hatte sicher eine Bedeutung, die über die Anwendung in dem erwähnten Fall weit hinausging. Dieses Suchen war so gewinnbringend, daß es hier ziemlich ausführlich beschrieben ist in der Hoffnung, daß es andern helfen möge, wie es ihm geholfen hat, die Gegenwart und Macht der göttlichen Liebe zu erkennen und von ihr Gebrauch zu machen in jeder Lage, wo menschliche Verantwortlichkeit und Forderungen die menschliche Fähigkeit, ihnen nachzukommen, zu übersteigen scheinen.

Man kann dem aus dem Johannesevangelium angeführten Vers leichter auf den Grund kommen, wenn man die beiden Teile getrennt betrachtet. Erwägen wir zuerst Jesu Erklärung: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten.“ Hätte der Meister hier nur die gewöhnliche menschliche Auffassung von Gehorsam gemeint, dann könnte es scheinen, als ob Gehorsam nur eine Beteuerung von Liebe sei; daß es eine Wahl gebe, zu gehorchen oder nicht zu gehorchen, oder daß das Verlangen, zu gehorchen, durch das gegenteilige Verlangen, nicht zu gehorchen, unterdrückt werden könne. Der Apostel Paulus schreibt über diesen verwickelten Zustand im siebenten Kapitel seines Briefs an die Römer und faßt es dann zusammen in die Worte: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“

Ein solch unklares und vergebliches Eingehen auf die Forderung des Guten erklärt sich aus der Tatsache, daß das sogenannte sterbliche Gemüt nicht versteht und nicht verstehen kann, daß die göttliche Liebe das Prinzip ist. Wenn die Menschen glauben, Gehorsam sei ein Verhalten, dem sie entsprechen oder das sie auch mißachten können, je nachdem die Umstände oder der eigene Vorteil es vorschreiben, so läßt dies erkennen, daß ihnen das göttliche Prinzip des Lebens unbekannt ist. Weil die Liebe das göttliche Prinzip des Lebens ist, ist Liebe die Erfüllung des Gesetzes. Daher wird es für den Menschen natürlicher und leichter, dem Gesetz zu gehorchen, wenn er versteht, daß er die Widerspiegelung der Liebe ist und sich bemüht, im Denken und Handeln mehr von dieser Liebe auszudrücken. Dann entfaltet sich fortschreitend die Wahrheit, daß sein Gehorsam das natürliche und unausbleibliche Ergebnis seiner bewußten und betätigten Liebe zur Wahrheit ist. In diesem göttlichen Licht hört die falsche Auffassung von blindem Gehorsam auf; die Wahl, zu gehorchen oder nicht zu gehorchen, ist ausgeschaltet, und es besteht keine Versuchung mehr, dem Gehorsam zu widestehen oder einer Verantwortung auszuweichen.

Auf diesem Punkt bewirkt das Gebet der Liebe tatsächlich die Auflösung des Irrtums, ob der Irrtum dann das Ergebnis von Unkenntnis der Wahrheit oder die Folge von Eigenwillen, Selbstgerechtigkeit oder Eigenliebe ist. Wenn der Wissenschafter dann in der völligen Überzeugung beharrt, daß die göttliche Liebe unendlich, immer gegenwärtig und allmächtig ist, findet er, daß er jedes wirkliche Gesetz erfüllt und jeder rechtmäßigen Verantwortung nachkommt. Mary Baker Eddy faßt die geistige Definition von Gehorsam in die folgenden Worte auf Seite 140 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ zusammen: „In dem Verhältnis, wie wir das göttliche Wesen erfassen und Gott verständnisvoll lieben, werden wir Ihm gehorchen und Ihn anbeten, indem wir nicht mehr über die Körperlichkeit streiten, sondern uns der Überfülle unseres Gottes erfreuen.“

In dem oben beschriebenen Fall erfolgte die Heilung augenblicklich, als erkannt wurde, daß die Liebe zur Wahrheit, die das jahrelange Forschen nach der Wahrheit schon immer angespornt, geleitet und erfolgreich gemacht hatte, kein bloßes persönliches Sehnen war, sondern das Wirken geistiger Liebe. Diese göttliche Macht hob den Wissenschafter auf die höhere Ebene des Gehorsams gegen das Prinzip von dem Standpunkt aus, daß der Mensch das Ebenbild der Liebe ist. Dann wurde die beschränkende Bestimmung der Firma, die so unerfüllbar schien, von allen Beteiligten sofort erfüllt, und was noch wichtiger ist: der Wissenschafter hatte jetzt ein unwidestehliches, anwendbares Mittel zur Zerstörung jeder weiteren Versuchung, eine rechtmäßige Bestimmung zu mißachten oder nicht zu befolgen. Er sah ein, warum es in „Wissenschaft und Gesundheit“ heißt (S. 30): „Wir können nicht für uns selbst wählen, sondern müssen unsre Seligkeit in der Weise ausarbeiten, wie Jesus es lehrte.“

Der Wissenschafter sah auch, wie Gott, die göttliche Liebe, in uns wirkt, so daß wir in allen Lagen recht handeln. Er freute sich, als er erkannte, daß bei jeder Versuchung zur Vermeidung von Verantwortlichkeit, die in der Vergangenheit an ihn herangetreten war, die unendliche Liebe wirklich die Macht und Gegenwart, die Salbung des Geistes, gewesen war, die ihn veranlaßt hatten, den Standpunkt zu vertreten, den Martin Luther verewigte durch die Worte: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders; Gott helfe mir. Amen!“

Der zweite Teil des Verses aus dem Evangelium des Johannes, den wir betrachten, lautet: „Und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ Diese einfache Verheißung des Meisters zeigt, welchen Lohn es schließlich hat, wenn man dem Christus gehorsam ist. Wie gut doch Christus Jesus wußte, was dieser Lohn bedeutet! Als seine Liebe zur Wahrheit ihn befähigte zu sagen (Luk. 22:42): „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ wußte er, daß die Traurigkeit in Gethsemane der Herrlichkeit der Auferstehung weichen würde; und die Wissenschaft des geistigen Gehorsams war festgelegt, so daß die ganze Menschheit sie verstehen lernen und anwenden kann.

Ebenso brachte Mrs. Eddy, als sie ihre Liebe zur Wahrheit jedem anderen Verlangen voranstellte und des Vaters Stimme hörte und ihr gehorchte, der Welt jene unschätzbare Gabe, die Christliche Wissenschaft. Die außerordentliche Fürsorge der hier, jetzt und immerdar gegenwärtigen Liebe bewirkte den geistigen Gehorsam und krönte ihn mit der oben beschriebenen Heilung, und sie tritt in unzähligen Heilungen zutage, die durch die Christliche Wissenschaft auf der ganzen Welt vollbracht werden.

Der Apostel Paulus erklärt im 13. Kapitel seines Briefs an die Römer, daß in jeder Lage, in der es sich um die Verpflichtungen der Menschen gegeneinander handelt, Liebe die Erfüllung des Gesetzes ist. Mrs. Eddy erklärt, warum dies so ist, wenn sie in „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften, S. 117) schreibt: „Gehorsam ist der Spößling der Liebe, und die Liebe ist das Prinzip der Einigkeit, die Grundlage alles rechten Denkens und Handelns; sie erfüllt das Gesetz.“ Wenn wir bereitwillig die große Liebe zur Wahrheit, die doch unser Erbteil ist, anerkennen und sie empfinden, weil wir tatsächlich die Kinder der Liebe sind, dann finden wir, daß wir und unser Nächster dem, was recht ist, gehorsam sind und es tun. Dann bringt das Gebet: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, in jede bedrängte Lage das Bewußtsein der Herrschaft und des Friedens, der Freude und der Macht.

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