Für den Anhänger der Christlichen Wissenschaft ist der Kirchenbesuch ein frohes Erlebnis. Er freut sich auf den Sonntagsgottesdient und die Mittwochabend-Versammlung als auf Hauptereignisse in seiner Woche. Aus zweit Gründen geht er zur Kirche — nämlich in dem Wunsche zu empfangen sowohl wie zu geben. Der Anfänger im Studium der Christlichen Wissenschaft besucht vielleicht die Kirche zuerst vornehmlich in der Hoffnung zu empfangen; wenn er jedoch etwas von den Grundwahrheiten der Christlichen Wissenschaft verstanden hat, entdeckt er, daß er lernen muß zu geben, wenn er fortfahren will zu empfangen. Jeder regelmäßige Kirchenbesucher tut wohl daran, gelegentlich seine Beweggründe und seine Einstellung hinsichtlich des Kirchenbesuches zu überprüfen.
Wenn es einem klar wird, daß die Gottesdienste in einer christlich-wissenschaftlichen Kirche den Zweck haben zu heilen, und daß die Bibel und das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mary Baker Eddy die unpersönlichen Prediger sind, so betrachtet man die Gottesdienste mit Verehrung. Man lauscht mit demütigem Herzen und wird dadurch gesegnet, denn ein demütiges Herz ist ein empfängliches Herz. Eine ehrerbietige Einstellung in Beziehung auf die Gottesdienste zu bewahren, bedeutet, Respekt vor ihnen zu haben, demütig zu lauschen und sie zu lieben. Diese ehrfürchtige Einstellung könnte unmöglich Kritik hinsichtlich der Führung der Gottesdienste noch derer, die sie abhalten, zulassen. Auch würde der Kirchenbesucher, der eine solche Einstellung hat, sich weder gelangweilt noch ungemütlich fühlen, sondern vielmehr dankbar sein, sowohl für das Wort der Wahrheit, wie für die Bemühungen derer, die den Gottesdienst möglich machen. Außerdem würde er in freudiger Stimmung sein, denn wo Liebe, Dankbarkeit und Anerkennung herrschen, ohne einen Hauch von Kritik oder Tadel, da ist auch große Freude.
Der Psalmist sang im Geist ehrfürchtiger Dankbarkeit (Ps. 100:4): „Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen.“ Und dann wieder (Ps. 35:18): „Ich will dir danken in der großen Gemeinde, und unter vielem Volk will ich dich rühmen.“ Und hier — welch ein Ausdruck ehrfürchtiger Demut (Ps. 84: 11): „Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser denn sonst tausend; ich will lieber der Tür hüten in meines Gottes Hause denn wohnen in der Gottlosen Hütten.“
Wenn der Gottesdienst mit der rechten Gemütsverfassung besucht wird, so bringt er Schutz, Heilung, Erhebung, Inspiration und Mut. Der Gottesdienst beginnt mit der ersten Note, die auf der Orgel gespielt wird. In dem Artikel XIX des Handbuchs Der Mutterkirche setzte Mrs. Eddy ganz klar die Bedingungen für die Musik in Der Mutterkirche fest. Also sollte der Musik aufmerksam gelauscht werden, da sie doch einen Bestandteil des von Mrs. Eddys geplanten Gottesdienstes ausmacht.
Treues metaphysisches Arbeiten für die Gottesdienste seitens des Organisten, des Solisten, der Vorstandsmitglieder und der Gemeinde schließt den musikalischen Teil sowohl wie die andern Teile des Gottesdienstes ein, und oft werden Heilung und Erhebung durch ein aufmerksames Lauschen auf die Musik bewirkt. Die Musik trägt dazu bei, uns auf die heilenden Botschaften der Lektionspredigt aus dem Christlichen-Wissenschaftlichen Vierteljahrsheft vorzubereiten. Weder das Solo noch die andere Musik des musikalischen sollte nur zum Zweck des musikalischen Genusses angehört werden, sondern in verständnisvollem und gebetserfülltem Lauschen auf die Botschaft der Wahrheit, die sie uns bringt.
Wenn man der Hingabe, des Studiums, der treuen Arbeit gedenkt, die von den Lesern erwartet werden, dann lauscht man dankbar auf die geäußerte Wahrheit, und nicht auf Personen. Da die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit“ unsere unpersönlichen Prediger sind, hören wir die Botschaft der Wahrheit von diesen Predigern, und nicht von Personen.
In einem Abschnitt in „Wissenschaft und Gesundheit“ spricht Mrs. Eddy von dieser Wissenschaft als einer „hehren Wissenschaft“, die denen, die Gott lieben zum Führer dient, wenn sie schreibt (S. 566): „Die hehre Wissenschaft bleibt nicht stehen, sondern wandelt vor ihnen her, eine Wolkensäule bei Tag und eine Feuersäule bei Nacht, und führt zu göttlichen Höhen.“ Laßt uns dieser Worte gedenken, wenn wir die Kirche besuchen und Würde, Ruhe und Gelassenheit zum Ausdruck bringen.
Einmal kam eine junge Anhängerin der Christlichen Wissenschaft früh in die Kirche und wartete in angeregter Unterhaltung mit einer Freundin auf den Anfang des Gottesdienstes. Die Unterhaltung wurde natürlich im Flüsterton geführt, und doch war sie augenscheinlich hörbar und störte andere, die auch früh gekommen waren und in der Nähe saßen. Jemand, der gerade hinter ihr saß, klopfte sie leise auf die Schulter und sagte: „Hier sind einige, die geistige Arbeit tun möchten, und Ihr Sprechen stört sie.“ Der Tadel wurde sehr freundlich ausgesprochen und er wurde auch freundlich aufgenommen. Nach dieser Erfahrung hat sie sich stets bemüht, daran zu denken, daß Sprechen oder Flüstern vor einem christlich-wissenschaftlichen Gottesdienst oder einem Vortrag einen anderen stören kann, der geistige Arbeit tun möchte. In späteren Jahren, als sie selbst erkannt hatte, wie notwendig und welch ein Vorrecht es war, ihr Teil zu der geistigen Vorarbeit für die Gottesdienste und die Vorträge beizutragen, hat sie sich oft an jenen Vorfall erinnert, dankbar, daß sie diese Lektion früh im Leben lernen durfte.
Wenn wir nun keine besonderen Pflichten, kein besonderes Amt im Gottesdienst zu versehen haben, wie können wir dann intelligente Mitarbeit demonstrieren, so daß wir sowohl geben wie nehmen können? Wir wissen, daß wir aktive, und nicht nur passive Kirchenbesucher sein müssen, wenn wir Fortschritt in unserer Demonstration machen wollen. Niemals sollte es bloßes Pflichtgefühl sein, was uns zur Kirche führt, sondern die frohe Erwartung, mit anderen zusammen an dem geistigen Festmahl teilnehmen zu können, das so liebevoll bereitet wurde, und uns nun dargeboten wird. Vor einem Gottesdienst kann ein jeder von uns sein Denken zu Gott erheben, im Gebet, daß die Botschaft, welche die Wahrheit uns offenbaren wird, von allen gehört werden möge. Und während des stillen Gebets sollten wir alle das Geheiß des Kirchenhandbuchs befolgen (Art. VIII, Abschn. 5): „Die Gebete in den Kirchen der Christlichen Wissenschaft sollen insgesamt und ausschließlich für die Gemeinden dargebracht werden.“
Wenn die Mitteilungen verlesen werden, können wir im Stillen Dankbarkeit für die verschiedenen Unternehmungen der Kirche ausdrücken — die Sonntagsschule, die Vörträge, die Radioübertragungen, die Lesezimmer — während sie erwähnt werden. Wir können uns klarmachen, daß diese Unternehmungen von Gott regiert werden, und daß ihre segnende Wirkung weit hinaus geht. Während der Kollekte können wir uns daran erinnern, daß Dankbarkeit in freigebigem Spenden Ausdruck findet; daß es in der Liebe keine Furcht gibt; daß es keine Grenzen gibt für das unendliche Gute; daß Gott uns in reichem Maße alles Gute verleiht, und daß der Mensch dieses reichliche Geben widerspiegelt.
Andächtiges und dankbares Zuhören während des ganzen Gottesdienstes ist die Grundlage des treuen Kirchenbesuchs und die Erfüllung des Gebots (3. Mose 19:30): „Meine Ruhetage sollt ihr beobachten und vor meinem Heiligtum Ehrfurcht haben: Ich bin der Herr!“