Könnte irgendeine Wohnstätte sicherer und erstrebenswerter sein als der „Schatten des Allmächtigen“, der uns in jenem trostreichen 91. Psalm Davids verheißen wird? Könnte es eine tiefere Freude geben als die, welche empfunden wird, wenn das Denken sich über die sterblichen Daseinsbegriffe zu dem geistigen Verständnis des Menschen als Ebenbild und Gleichnis Gottes erhebt?
Dieses Verständnis versichert uns weiterhin, daß die Verheißungen, die in den Versen neun und zehn des gleichen Psalmes folgen, wahr sind: „Denn der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird zu deiner Hütte sich nahen.“
Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit erfüllt das Herz, wenn wir der Tatsache gedenken, daß wir dort immer Zuflucht finden können, wenn die Stürme des materiellen Denkens uns eine Zeitlang den Weg zu unserem wahren Heim im geistigen Bewußtsein zu verbergen scheinen. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, weise zu sein und achtsam jeden irrigen Gedanken auszuschließen, der uns daran hindern könnte, unseren Nächsten oder uns selbst als Kind unseres himmlischen Vaters zu sehen. Wir müssen in allen Menschen Seine vollkommenen geistigen Ideen sehen. Irrtum irgendwelcher Art behindert, wenn wir ihm nachgeben, unsern geistigen Fortschritt.
Die Erkenntnis, daß wir die Höhen über dem sterblichen Sinn erreichen können, indem wir an den Lehren der Christlichen Wissenschaft festhalten, die unsere Führerin Mary Baker Eddy uns gegeben hat, sichert uns Zufriedenheit und Frieden. Sie mahnt uns nicht nur, in die Fußtapfen Christi Jesu zu treten, sondern sie zeigt uns, wie es getan werden kann. Es braucht kein mühsamer Weg zu sein. Die Wanderung wird zu einem freudigen Erlebnis, wenn wir die Gebote unseres Meisters anerkennen und befolgen. Er lehrte uns in diesen Worten (Mark. 12:30, 31): „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften“ und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Gott zu lieben ist etwas sehr Freudiges, wenn wir lernen, in allen, auf denen unsere Gedanken ruhen, den Ausdruck Seines Seins zu sehen. Der Weg mag jedoch mühselig erscheinen, wenn wir noch nicht gelernt haben, jede drückende Bürde, wie etwa Eigenwillen, Selbstgerechtigkeit und Selbstrechtfertigung abzuwerfen.
Wenn wir nicht „ablegen die Sünde, die uns immer anklebt und träge macht“ (Hebr. 12:1), mag selbst der tapferste Wahrheitsucher unter uns straucheln und vom Wege abirren. Auch können wir den rechten Weg nicht finden, wenn unser Schauen durch die Illusion getrübt wird, daß der Mensch ein Sterblicher sei — ungerecht, lieblos und selbstsüchtig. Solches Denken wird uns unseres wahren Erbteils — als Kinder Gottes — berauben. Wir werden gefördert auf dem Wege, wenn wir jener Verheißung Gottes an Moses gedenken — daß Seine Gegenwart immer Seine Kinder begleiten würde. Diese köstliche Verheißung war nicht nur für jene Zeit und jenen Ort bestimmt, sondern für alle Menschen und für alle Zeiten.
Die überzeugende Versicherung, daß Beharrlichkeit, verbunden mit rückhaltlosem Vertrauen auf unseren Vater-Mutter Gott uns zu dem hohen Ziel der Vollkommenheit führt, ist in den folgenden Worten unserer Führerin Mary Baker Eddy enthalten (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 295): „Die Sterblichen sind den zu Gottes Bild geschaffenen Unsterblichen nicht gleich; doch da der unendliche Geist alles ist, wird das sterbliche Bewußtsein schließlich der wissenschaftlichen Tatsache weichen und verschwinden, und der wirkliche Begriff vom Sein, das vollkommen und immerdar unversehrt ist, wird erscheinen.“ Wir finden, daß ein demütiges, liebendes Herz, verbunden mit aufrichtiger Dankbarkeit für die vielen schon empfangenen Segnungen uns hilft, diesen harmonischen Daseinsbegriff zu erlangen und zu bewahren — diese hohe und heilige Wohnstätte im Gemüt.
Eine Anhängerin der Christlichen Wissenschaft war hocherfreut, als sie von einem Gefühl des Grolls geheilt wurde, das sie wegen eines höchst ungerechten Tadels beherbergt hatte. In solch verwirrtem Gemütszustand erwähnte sie einem Freunde gegenüber dies Gefühl der Bitterkeit, das sie hegte. Dieser Freund erinnerte sie daran, daß diejenigen, die andere kritisieren, ebenso wie jene, die kritisiert werden, in Wirklichkeit Gottes liebende Kinder sind; sowie auch, daß sie sich ihres eigenen wahren Erbes, als Kind Gottes, beraube, wenn sie ein unwahres Gedankenbild von einem andern beherbergte.
Andächtige, gebeterfüllte Arbeit, ein tieferes Ergründen des 91. Psalms und ein eingehenderes Studium des Werkes „Wissenschaft und Gesundheit“ wurden aufgenommen. Eine Erklärung auf Seite 325 erwies sich als besonders hilfreich. Hier nimmt unsere Führerin besonders auf Worte des Paulus in seinem Brief an die Kolosser Bezug (3:4): „Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbart werden mit ihm in der Herrlichkeit.“ Mrs. Eddy sagt: „Die absolute Bedeutung des apostolischen Wortes ist die: Dann wird der Mensch als Gottes Gleichnis erfunden werden, vollkommen wie der Vater, unzerstörbar im Leben„ verborgen mit Christo in Gott‘ — mit Wahrheit in der göttlichen Liebe, dort wo der menschliche Sinn den Menschen nie gesehen hat.“
Es wurde der Wissenschafterin klar, daß sie sich nicht darum zu sorgen brauchte, ob Kritik oder Tadel gerecht oder ungerecht waren, daß sie sich vielmehr freuen sollte zu wissen, daß in Wirklichkeit die Namen aller „im Himmel geschrieben sind“ (Luk. 10:20) — im harmonischen Sein. Als sie erkannte, daß Gottes Gesetz der Liebe ihr ins Herz geschrieben war, wurde es ihr klar, daß sie niemals geschädigt werden konnte, selbst wenn andere falsch von ihr dachten; und so erlebte sie eine schöne und vollkommene Heilung.
Da die Christliche Wissenschaft eine Religion des Fortschritts ist, lassen Heilungserfahrungen uns niemals da, wo sie uns fanden. Sie erweisen sich als wertvolle Schrittsteine bei unserem Fortschritt zu einem volleren Verständnis der Seele hin. Mögen wir doch nie die Lektionen vergessen, die unser Meister uns lehrte, der die Ewigkeit des Lebens demonstrierte, die Macht der Wahrheit über den Irrtum und der Liebe über den Haß. Der Christus ist immer bereit, bei uns zu verweilen, wenn wir ihm nur die Türe unseres Herzen auftun wollen — durch reine, hingebende und emporstrebende Gedanken.
